Leitsatz (amtlich)
1. Bei einer Benutzungsmarke nach § 4 Nr. 2 MarkenG reichen für den Erwerb der Verkehrsgeltung zugunsten einer ausländischen Konzerngesellschaft werbliche Bezugnahmen auf das Ausland sowie auf die ausländischen Ursprünge des Konzerns samt entsprechender Rezeption in der Presse nicht aus, wenn dem angesprochenen Verkehr aus der Etikettierung des konkreten Produkts sowie der anderslautenden Presseberichterstattung und dem Facebook-Auftritt geläufig ist, dass die Produkte von einer inländischen Konzerngesellschaft hergestellt werden und diese Gesellschaft für den Vertrieb und die Vermarktung des Produkts im Inland verantwortlich ist.
2. Eine markenmäßige Benutzung eines Farbzeichens erfolgt bei einer angegriffenen Verwendungsform, wenn Übereinstimmungen oder hinreichende Ähnlichkeiten mit der abstrakten Farbmarke des Rechteinhabers bestehen und die Farbe auch in der angegriffenen Verwendungsform ein wesentliches, durch herkömmliche Herkunftshinweise nicht in den Hintergrund gedrängtes Gestaltungsmittel darstellt.
3. Bei der für die markenmäßige Benutzung vorzunehmenden Prüfung, ob die Farbe in der angegriffenen Verwendungsform ein wesentliches, durch herkömmliche Herkunftshinweise nicht in den Hintergrund gedrängtes Gestaltungsmittel darstellt, ist nicht lediglich der Farbton allein, sondern vielmehr das farblich gekennzeichnete Produkt insgesamt zu betrachten.
4. Wird das Zeichen hiernach in der angegriffenen Verwendungsform markenmäßig benutzt, hat sich der im Rahmen der Verwechslungsgefahr nach § 14 Abs. 2 Nr. 2 MarkenG vorzunehmende Zeichenvergleich auf die jeweiligen Farbtöne zu beschränken, so dass allein die Ähnlichkeit der Farbtöne untereinander maßgeblich ist.
Normenkette
MarkenG § 4 Nr. 2, § 14 Abs. 2 S. 1 Nrn. 1-2, Abs. 5 S. 1; ZPO § 253 Abs. 2 Nr. 2
Verfahrensgang
LG München I (Aktenzeichen 33 O 13884/18) |
Tenor
A. Auf die Berufung der Klägerin zu 1) und die Berufung der Beklagten wird das Urteil des Landgerichts München I vom 15.10.2019, Az. 33 O 13884/18, abgeändert und wie folgt gefasst:
I. Der Beklagten wird unter Androhung eines Ordnungsgeldes bis zu EUR 250.000,00 für jeden Fall der Zuwiderhandlung, ersatzweise von Ordnungshaft, oder von Ordnungshaft bis zu sechs Monaten, im Wiederholungsfall von Ordnungshaft bis zu zwei Jahren, die Ordnungshaft zu vollziehen an den Geschäftsführern der Beklagten, verboten, ohne Zustimmung der Klägerin zu 1) im geschäftlichen Verkehr Schokoladenosterhasen in einem Goldton anzubieten, in den Verkehr zu bringen, zu den vorgenannten Zwecken zu besitzen, anbieten zu lassen, in den Verkehr bringen zu lassen, auszuführen, ausführen zu lassen und/oder in Geschäftspapieren und/oder in der Werbung zu benutzen und/oder benutzen zu lassen, wenn dies geschieht wie in Anlagen K 27 und/oder K 28.
II. Es wird festgestellt, dass die Beklagte der Klägerin zu 1) zum Ersatz aller Schäden verpflichtet ist, die der Klägerin zu 1) durch die unter Ziffer I. genannten Handlungen entstanden sind und zukünftig entstehen werden.
III. Die Beklagte wird verurteilt, der Klägerin zu 1) schriftlich Auskunft darüber zu erteilen, in welchem Umfang sie die in Ziffer I. genannten Handlungen begangen hat, durch Vorlage eines verbindlich unterzeichneten Verzeichnisses, das Angaben und Belege zu enthalten hat über:
1. Liefermengen, Lieferzeiten und Lieferpreise der Waren sowie den damit erzielten Umsatz;
2. Angebotsmengen, Angebotszeiten, Angebotspreise und Angebotsempfänger;
3. die nach den einzelnen Kostenfaktoren aufgeschlüsselten Gestehungskosten und den erzielten Gewinn;
4. die betriebene Werbung unter Angabe der Werbemedien, der Auflagenhöhe von Werbeprospekten und der für die Werbung aufgewandten Kosten;
5. Namen und Anschrift der Hersteller, Lieferanten und anderer Vorbesitzer der Waren;
6. Namen und Anschrift der gewerblichen Abnehmer und Verkaufsstellen, für die die Waren bestimmt waren.
IV. Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.
B. Im Übrigen wird die Berufung der Beklagten zurückgewiesen.
C. Die Berufung der Klägerin zu 2) wird zurückgewiesen.
D. Die Kosten des Rechtsstreits einschließlich der Kosten des Revisionsverfahrens tragen die Klägerin zu 2) und die Beklagte je zur Hälfte.
E. Dieses Urteil und das Urteil des Landgerichts in obiger Fassung sind - mit Ausnahme von dessen Ziffer II. - vorläufig vollstreckbar. Die Beklagte kann die Vollstreckung aus Ziffer I. des landgerichtlichen Urteils durch Sicherheitsleistung in Höhe von EUR 200.000,00 sowie aus Ziffer III. des landgerichtlichen Urteils durch Sicherheitsleistung in Höhe von EUR 10.000,00 abwenden, wenn nicht die Klägerin vor der Vollstreckung Sicherheit in jeweils gleicher Höhe leistet. Im Übrigen kann jede Partei die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 115 % des vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht die jeweils andere Partei vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 115 % des zu vollstreckenden Betrages leistet.
Gründe
I. Die Parteien streiten um markenrechtliche Ansprüche wegen Verletzung einer Benut...