Entscheidungsstichwort (Thema)
Unterscheidungskraft, Werbung, Herkunftshinweis, Berufung, Unterlassungsanspruch, Vertrieb, Zeichen, Anlage, Ware, Bekanntheit, Auskunft, Unterlassungsantrag, Ordnungshaft, Zustimmung, Androhung eines Ordnungsgeldes, abstrakte Farbmarken, konkrete Verletzungsform
Verfahrensgang
LG München I (Urteil vom 15.10.2019; Aktenzeichen 33 O 13884/18) |
Nachgehend
Tenor
I. Die Berufung der Klägerinnen wird zurückgewiesen.
II. Auf die Berufung der Beklagten werden das Urteil des Landgerichts München I vom 15.10.2019 aufgehoben und die Klage abgewiesen.
III. Die Klägerinnen haben die Kosten des Rechtsstreits in beiden Instanzen zu tragen.
IV. Das Urteil ist hinsichtlich der Kosten vorläufig vollstreckbar. Die Klägerinnen können jeweils die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 115 % des vollstreckbaren Betrags abwenden, wenn nicht die Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 115 % des zu vollstreckenden Betrags leistet.
V. Die Revision zum Bundesgerichtshof wird zugelassen.
Gründe
I. Die Klägerinnen machen gegen die Beklagte markenrechtliche Ansprüche wegen Verletzung ihrer behaupteten Benutzungsmarke an dem Lindt-Goldton des Lindt Goldhasen geltend.
Die Klägerinnen sind Gesellschaften der Unternehmensgruppe Lindt & Sprüngli. Die Klägerin zu 2) ist die Konzernobergesellschaft, die Klägerin zu 1) ist die für die Herstellung und den Vertrieb in Deutschland verantwortliche deutsche Tochtergesellschaft. Lindt & Sprüngli ist dem Verkehr seit Jahrzehnten als Hersteller von qualitativ hochwertiger Premiumschokolade bekannt. Eines der beliebtesten Produkte der Klägerinnen ist der nachfolgend abgebildete und als Anlage K 1 eingereichte Lindt Goldhase
Der Lindt Goldhase wird in verschiedenen Größen angeboten, nämlich als 10g, 50g, 100g, 200g 500g und 1 kg Schokoladenhase. Es gibt verschiedene Sorten, die sich äußerlich vor allem durch die farbliche Gestaltung des Halsbandes unterschieden.
Der Lindt Goldhase wurde im Jahr 1952 entwickelt und wird seitdem in Deutschland in goldener Folie angeboten. In dem aktuellen Goldton entsprechend der Anlage K 1 wird der Lindt Goldhase seit dem Jahre 1994 in Deutschland vertrieben. Die Klägerinnen setzten in den letzten 30 Jahren allein in Deutschland mehr als 500 Millionen Goldhasen ab. Der Lindt Goldhase ist der mit Abstand meistverkaufte Osterhase Deutschlands. Sein Marktanteil betrug in Deutschland im Jahr 2017 über 40 %. Die Klägerinnen bewerben den Lindt Goldhasen vor und zu Ostern ganz erheblich in einer Vielzahl unterschiedlicher Medien.
Die Klägerinnen vertreiben in Deutschland erfolgreich auch nicht in Goldfolie gewickelte Schokoladenosterhasen, wie die nachfolgend abgebildeten:
Die Beklagte ist Herstellerin von Schokoladenprodukten. Diese vertrieb in der Ostersaison 2018 u.a. die im Tenor des landgerichtlichen Urteils eingelichteten Schokoladenhasen (Abbildung des Schokoladenhasen der Confiserie Heilemann 50g, Anlage K 27a, Original Anlage K 27; Abbildung des Schokoladenhasen der Confiserie Heilemann 22g, Anlage K 28a, Original Anlage K 28).
Die Klägerinnen behaupten, der Lindt-Goldton sei überragend bekannt. Der umfangreiche Vertrieb des Lindt Goldhasen führe dazu, dass knapp 80 % des angesprochenen Verkehrs, der vorliegend aus Durchschnittsverbrauchern bestehe, die Schokoladenhasen kauften, verzehrten oder sich vorstellen könnten, solche Produkte zu kaufen oder zu verzehren, den goldenen Farbton als Herkunftshinweis auf die Klägerinnen verstünden, wie sich aus dem eingeholten Verkehrsgutachten der GfK, Anlage K 26, ergebe.
Nach Auffassung der Klägerinnen verletzt der Vertrieb der streitgegenständlichen Hasen der Beklagten die Rechte der Klägerinnen an ihrer bekannten Benutzungsmarke gemäß § 4 Nr. 2 i.V.m. § 14 Abs. 2 Nr. 1-3 MarkenG. Die Klägerinnen seien gemeinsam Inhaberinnen einer Benutzungsmarke im Sinne des § 4 Nr. 2 MarkenG an dem in Anlage K 1 wiedergegebenen Goldton (Farbton "CIELAB 86.17, 1.56, 41.82"). Die Verkehrsgeltung bestehe für die Ware "Schokoladenhasen". Insoweit genüge bei originär schutzunfähigen Marken - wie es grundsätzlich bei abstrakten Farbmarken der Fall sei - eine 50 % übersteigende Verkehrsbekanntheit. Die mit Anlage K 26 eingereichte Verkehrsbefragung habe einen Durchsetzungsgrad von knapp 80 % ergeben. Selbst der Zuordnungsgrad habe nur knapp darunter bei etwa 76 % gelegen.
Die Klagemarke falle nicht unter das Schutzhindernis des § 3 Abs. 2 Nr. 3 MarkenG n.F., da dieses Schutzhindernis nicht für Marken, die bereits vor dem 14.01.2019 existiert hätten, gelte. Zudem sei die Folienfarbe auch kein charakteristisches Merkmal von Schokoladenhasen und der Goldton verleihe der Ware keinen "wesentlichen Wert".
Im Vertrieb der 50g Hasen durch die Beklagte liege eine doppelidentische Benutzung. Im Rahmen der Prüfung der Zeichenidentität sei auf Seiten der Klägerinnen auf den in Anlage K 1 erkennbaren Farbton abzustellen. Auf Seiten der Beklagten sei für den Zeichenv...