Entscheidungsstichwort (Thema)
Aufrechnung mit Forderung aus vorsätzlich begangener unerlaubter Handlung nach Erteilung der Restschuldbefreiung
Leitsatz (amtlich)
Für die Ausnahme einer Forderung von der Restschuldbefreiung ist nicht Voraussetzung, dass der Rechtsgrund der vorsätzlichen unerlaubten Handlung rechtskräftig festgestellt oder der insoweit eingelegte Widerspruch des Insolvenzschuldners beseitigt worden ist.
Normenkette
InsO § 302 Nr. 1
Verfahrensgang
LG München I (Urteil vom 13.03.2017; Aktenzeichen 28 O 15252/16) |
Tenor
1. Auf die Berufung des Klägers wird das Urteil des Landgerichts München I vom 13.03.2017, Az. 28 O 15252/16, aufgehoben.
2. Die Zwangsvollstreckung aus den Kostenfestsetzungsbeschlüssen des Landgerichts München I, Gz. 28 O 28144/12, vom 04.05.2016 über 2.118,44 EUR nebst Zinsen, vom 22.03.2016 über 5.049,27 EUR nebst Zinsen und vom 02.02.2016 über 1.454,66 EUR nebst Zinsen wird für unzulässig erklärt.
3. Der Beklagte hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen.
4. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
5. Die Revision gegen dieses Urteil wird nicht zugelassen.
Gründe
I. Der Kläger wendet sich im Wege der Vollstreckungsabwehrklage gegen die vom Beklagten betriebene Zwangsvollstreckung aus drei Kostenfestsetzungsbeschlüssen des Landgerichts München I.
Mit Beschluss des Amtsgerichts Stuttgart vom 26.08.2010 wurde das Insolvenzverfahren über das Vermögen des Beklagten eröffnet. Der Kläger meldete eine "Forderung aus vorsätzlich begangener unerlaubter Handlung/Schadensersatz gemäß Urteil des Oberlandesgerichts Dresden vom 23.04.2008" in Höhe von 125.736,90 EUR zur Tabelle an; festgestellt wurde eine Forderung in Höhe von 118.735,14 EUR (Anlage K14).
Der Beklagte ist in dem Verfahren 28 O 28144/12 Landgericht München I dem Verfahren auf Beklagtenseite als Streithelfer beigetreten. Die Klage wurde rechtskräftig abgewiesen und der Kläger zur Tragung auch der Kosten des Beklagten als Streithelfer verurteilt. Mit Kostenfestsetzungsbeschlüssen des Landgerichts München I vom 04.05.2016, 22.03.2016 und 02.02.2016 wurden die Kostenerstattungsansprüche des Beklagten auf 2.118,44 EUR, 5.049,27 EUR und 1.454,66 EUR festgesetzt.
Mit anwaltlichen Schreiben vom 31.05.2016 und 06.09.2016 rechnete der Kläger mit seinen Zinsansprüchen, hilfsweise der Hauptforderung aus dem Urteil des Oberlandesgerichts Dresden vom 23.04.2008 in Höhe von 125.736,90 EUR und aus Kostenfestsetzungsbeschlüssen des Landgerichts Leipzig vom 08.09.2008, 16.09.2008 und 05.08.2009 gegen die Forderungen aus den Kostenfestsetzungsbeschlüssen auf (Anlage K9 und K10).
Mit Beschluss vom 22.06.2017 erteilte das Amtsgericht Stuttgart dem Beklagten Restschuldbefreiung.
In der mündlichen Verhandlung vom 09.11.2017 erklärte der Kläger erneut die Aufrechnung mit seinen Zinsansprüchen, hilfsweise der Hauptforderung aus dem Urteil des Oberlandesgerichts Dresden.
Der Kläger ist der Ansicht, die Forderungen aus den Kostenfestsetzungsbeschlüssen seien aufgrund der erklärten Aufrechnungen erloschen.
Der Kläger hat in 1. Instanz beantragt,
die Zwangsvollstreckung aus den Kostenfestsetzungsbeschlüssen des Landgerichts München I, Gz. 28 O 28144/12, vom 04.05.2016 über 2.118,44 EUR nebst Zinsen, vom 22.03.2016 über 5.049,27 EUR nebst Zinsen und vom 02.02.2016 über 1.454,66 EUR nebst Zinsen für unzulässig zu erklären.
Der Beklagte hat Klageabweisung beantragt.
Der Beklagte ist der Ansicht, die Anfechtung sei nach § 96 Abs. 1 Nr. 1 InsO unzulässig.
Das Landgericht, auf dessen tatsächliche Feststellungen nach § 540 Abs. 1 ZPO Bezug genommen wird, hat die Klage abgewiesen. Die Aufrechnung sei gemäß § 96 Abs. 1 Nr. 1 InsO unzulässig.
Dagegen wendet sich der Kläger mit seiner Berufung. Der Kläger wiederholt seinen erstinstanzlichen Vortrag. Das Landgericht habe fehlerhaft nicht berücksichtigt, dass der Beklagte nicht berechtigt gewesen sei, die zur Insolvenzmasse gehörenden Forderungen aus den Kostenfestsetzungsbeschlüssen geltend zu machen.
Der Kläger beantragt daher,
das Urteil des Landgerichts München I vom 13.03.2017 aufzuheben und die Zwangsvollstreckung aus den Kostenfestsetzungsbeschlüssen des Landgerichts München I, Gz. 28 O 28144/12, vom 04.05.2016 über 2.118,44 EUR nebst Zinsen, vom 22.03.2016 über 5.049,27 EUR nebst Zinsen und vom 02.02.2016 über 1.454,66 EUR nebst Zinsen für unzulässig zu erklären.
Der Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Mit Schriftsatz vom 05.08.2017 (Seite 3, Bl. 73 S ff. d. A.) trägt der Beklagte vor, der Insolvenzverwalter habe die streitgegenständlichen Kostenerstattungsansprüche des Beklagten aus der Insolvenzmasse freigegeben. Der Beklagte ist der Ansicht, der Kläger sei mit dem Vorbringen, der Beklagte könne aus den Kostenfestsetzungsbeschlüssen nicht vollstrecken, weil diese Bestandteil der Insolvenzmasse seien, gemäß § 767 Abs. 2 ZPO ausgeschlossen. In der mündlichen Verhandlung vom 09.11.2017 hat der Beklagtenvertreter erklärt, die Behauptung, die Kostenerstattungsansprüche seien aus der Insolvenzmasse freigegeben, werde nicht...