Leitsatz (amtlich)
1. Eine ungesunde Verteilung der Bodennutzung i.S.v. § 4 Abs. 1 Nr. 1 LPachtVG liegt in der Regel vor, wenn sich aus bestimmten Tatsachen ergibt, dass die Verpachtung bereits unternommenen oder von den zuständigen staatlichen Stellen beabsichtigten konkreten Maßnahmen zur Verbesserung der Agrarstruktur widerspricht.
2. Es entspricht höchstrichterlicher Rechtsprechung, dass dann, wenn ein nach § 2 Abs. 1 GrdstVG genehmigungsbedürftiger Verkauf eines landwirtschaftlichen Grundstücks dem siedlungsrechtlichen Vorkaufsrecht (§ 4 Abs. 1 RSG) unterliegt, die gleichzeitige oder in engem zeitlichen Zusammenhang mit dem Kaufgeschäft vorgenommene Verpachtung des Grundstücks von dem Verkäufer an den Käufer eine ungesunde Verteilung der Bodennutzung darstellt.
3. Gleiches gilt, wenn die Verpachtung von dem Verkäufer zwar nicht an den Käufer selbst erfolgt, aber aufgrund konkreter tatsächlicher Anhaltspunkte die Feststellung gerechtfertigt ist, dass Verkäufer, Käufer und Pächter einvernehmlich handeln und objektiv die Erschwerung der Ausübung des siedlungsrechtlichen Vorkaufsrechts bewirken.
Verfahrensgang
AG Stendal (Beschluss vom 30.07.2021; Aktenzeichen 4 Lw 19/20) |
Tenor
I. Die Beschwerde des Beteiligten zu 1) gegen den Beschluss des Amtsgerichts - Landwirtschaftsgericht - Stendal vom 30. Juli 2021 wird zurückgewiesen.
II. Die Gerichtskosten des Beschwerdeverfahrens hat der Beteiligte zu 1) zu tragen. Außergerichtliche Kosten werden nicht erstattet.
III. Die Rechtsbeschwerde wird zugelassen.
IV. Der Streitwert für die Gebührenberechnung im Beschwerdeverfahren wird auf 5.080,00 EUR festgesetzt.
Gründe
A. Der Beteiligte zu 1) begehrt die Aufhebung eines Bescheides des Beteiligten zu 2), mit welchem dieser einen Landpachtvertrag nach dem Landpachtvertragsgesetz beanstandet hat.
Mit dem zu UR-Nr. 462/2020 des Notars G. D. in S. vom 11.03.2020 geschlossenen Kaufvertrag veräußerte die Beteiligte zu 3), eine ungeteilte Erbengemeinschaft aus vier Miterbinnen, an den Bruder des Beteiligten zu 1), H. K., landwirtschaftliche Grundstücke in der Gemarkung E. in einer Größe von 19,4097 Hektar (künftig: Kaufsache) zu einem Kaufpreis von 287.000,00 EUR (d.h. 14.786,42 EUR/ha). Die Gesamtflächen setzten sich zusammen aus 16,6786 Hektar Ackerland, 2,4740 Hektar Grünland und 0,2571 Hektar Wald. Die landwirtschaftlich nutzbaren Flächen waren bis zum 30.09.2023 verpachtet an C. H. . Der notarielle Entwurf dieses - auf Vermittlung einer gewerblichen Maklerin zustande gekommenen - Kaufvertrages lag den Mitgliedern der Beteiligten zu 3) spätestens seit Anfang Februar 2020 vor.
Zuvor, am 20.02.2020 hatten die Beteiligte zu 3) und der Beteiligte zu 1) einen schriftlichen Landpachtvertrag über die landwirtschaftlich nutzbaren Flächen der Kaufsache in einer Größe von insgesamt 18,6897 Hektar (künftig: Pachtsache) zu einem Jahrespachtzins in Höhe von 5.080,00 EUR (d.h. 271,81 EUR/ha) für die Zeit vom 01.10.2023 bis zum 30.09.2035 geschlossen.
Mit einem am 30.04.2020 beim Beteiligten zu 2) eingegangenen Schreiben zeigte der Beteiligte zu 1) den Landpachtvertrag vom 20.02.2020 an. Der Beteiligte zu 2) erteilte ihm unter dem 12.05.2020 einen Zwischenbescheid, mit dem er die Bearbeitungsfrist bis zum 30.06.2020 verlängerte.
Der Beteiligte zu 1) gab im Rahmen des behördlichen Verfahrens nach dem Landpachtverkehrsgesetz auf dem von ihm am 23.06.2020 ausgefüllten Pächterfragebogen an, dass er Landwirt im Haupterwerb mit Betriebssitz im Ortsteil M. von B. - über Fernverkehrsstraßen ca. 34 km entfernt von den vertragsgegenständlichen Flächen - sei und auf 222,5 Hektar (ca. 167 ha Ackerland, ca. 48 ha Gründland, ca. 7,5 ha Wald) Marktfruchtproduktion betreibe, dass er gelegentlich eine Arbeitnehmerin, seine Ehefrau, beschäftige und die Absicht habe, den im Jahre 2014 übernommenen Landwirtschaftsbetrieb der Mutter künftig in Eigenbewirtschaftung zu führen, so dass sich in drei Jahren die Anschaffung eines eigenen Mähdreschers lohne. Er wies nach, dass er eine Ausbildung als staatlich geprüfter Landwirt abgeschlossen hatte, Mitglied in der Alterskasse für Landwirte, einer landwirtschaftlichen Betriebsgenossenschaft und einer Forstgemeinschaft ist.
Der Beteiligte zu 2) bestätigte, dass der Beteiligte zu 1) im Landkreis als praktizierender Landwirt bekannt sei.
Mit seinem Bescheid vom 25.06.2020 beanstandete der Beteiligte zu 2) den o.a. Landpachtvertrag und forderte die Beteiligte zu 3) auf, den Landpachtvertrag bis zum 03.08.2020 aufzuheben. Wegen der Einzelheiten wird auf die Begründung des Bescheids Bezug genommen.
Mit weiterem Bescheid vom 02.07.2020 versagte der Beteiligte zu 2) die Genehmigung des o.a. Kaufvertrages. Er stützte seine Entscheidung im Wesentlichen darauf, dass die siedlungsrechtliche Vorkaufsberechtigte das ihr zustehende gesetzliche Vorkaufsrecht ausgeübt habe und für das Rechtsgeschäft zwischen dem Verkäufer und der Vorkaufsberechtigten die Veräußerung als genehmigt gelte. Der dortige Erwerber sei nicht als ein privilegierter Land...