Leitsatz (amtlich)
Die Anerkennung des im Heimatland geänderten Familiennamens von ausländischen Staatsangehörigen verstößt bei der Bestimmung des Familiennamens des Kindes, das deutsche Staatsangehörigkeit besitzt, gegen den deutschen ordre public, soweit es den Namensbestandteil "Baron/Baronin zu Romkerhall" betrifft.
Verfahrensgang
AG Magdeburg (Beschluss vom 30.01.2012; Aktenzeichen 13 UR III 2/11) |
Tenor
Die Beschwerde der Beteiligten zu 1. und 2. gegen den Beschluss des AG Magdeburg vom 30.1.2012 wird mit der Maßgabe zurückgewiesen, dass der Standesbeamte des Standesamts M. (Beteiligte zu 3.) angewiesen wird, das Kind A. mit dem Nachnamen S. in das Geburtenregister einzutragen.
Die Kosten des Beschwerdeverfahrens werden den Beteiligten zu 1. und 2. auferlegt.
Der Geschäftswert für das Beschwerdeverfahren wird auf 3.000, - EUR festgesetzt.
Gründe
I. Das Kind A. wurde am 10.1.2010 im Universitätsklinikum M. geboren. Seine Eltern sind die Beteiligten zu 1. und 2.; beide Elternteile besitzen die aserbaidschanische Staatsangehörigkeit.
Die Mutter (Beteiligte zu 1.), geboren am 20.5.1976 in B. (Aserbaidschan), führte bei ihrer Geburt den Familiennamen H.. Der Vater (Beteiligter zu 2.) ist am 10.12.1962 ebenfalls in B. (Aserbaidschan) geboren. Seinen eigenen Angaben zufolge wurde er mit dem Familiennamen C. -S. im dortigen Geburtenbuch unter der Nr. 5677 eingetragen. Die Botschaft der Bundesrepublik Deutschland in B. hat hingegen in einem Bericht vom 12.4.2010 für die Beteiligte zu 3. als Ergebnis ihrer Ermittlungen festgehalten, dass vom Standesamt von Y. (ehemals O.) "T." als Familiennamen des Beteiligten zu 2. eingetragen wurde. Spätestens seit dem Jahre 1988 lebt der Beteiligte zu 2. in Deutschland. Er änderte in der Konsularabteilung der Aserbaidschanischen Botschaft den bisherigen Familiennamen am 20.12.1995 in "Z." und später von "Z." in "S.".
Am 18.10.2002 schlossen die Beteiligten zu 1. und 2. in der Botschaft der Republik Aserbaidschan in der Bundesrepublik Deutschland die Ehe (Eheschließungsregister Nr. 55). Soweit bekannt, behielten die Ehegatten nach der Eheschließung zunächst ihre bisherigen unterschiedlichen Familiennamen bei. Der Beteiligte zu 2. hat seinen Familiennamen am 26.2.2003 in "S. Baron zu Romkerhall" ändern lassen, worüber die Botschaft der Republik Aserbaidschan im Namensänderungsbuch unter der Nr. 21 eine entsprechende Eintragung vorgenommen hat. Die Beteiligte zu 1. hat ihren Familiennamen am 12.10.2004 in "S. Baronin zu Romkerhall" ändern lassen, was von der Botschaft der Republik Aserbaidschan im Namensänderungsbuch unter der Nr. 83 registriert wurde. Die Botschaft stellte daraufhin am 9.5.2005 auch eine neue Heiratsurkunde unter Verwendung der geänderten Familiennamen der Ehegatten aus.
Die vorstehende Darstellung der Namensverhältnisse der Kindeseltern beruht im Wesentlichen auf den von der Botschaft der Republik Aserbaidschan ausgestellten Personenstandsurkunden und auf Übersetzungen dieser Urkunden in die deutsche Sprache, die von den Beteiligten zu 1. und 2. vorgelegt worden sind. Außerdem verfügen beide Kindeseltern über Pässe der Republik Aserbaidschan auf den Nachnamen "S. zu Romkerhall", und ihre Niederlassungs- bzw. Aufenthaltserlaubnisse sind von der Stadt M. auf denselben Namen ausgestellt worden.
Im Hinblick auf die Beurkundung der Geburt des am 10.1.2010 geborenen Kindes A. hat die Standesbeamtin der Stadt M. (Beteiligte zu 3.) mit Schriftsatz vom 13.12.2010 gem. § 49 Abs. 2 PStG dem AG die Frage zur gerichtlichen Klärung vorgelegt, ob die Geburt des Kindes auf der Grundlage der vorgelegten aserbaidschanischen Geburts-, Heirats- und Namensänderungsurkunde der Eltern mit den angegebenen Adelstiteln beurkundet werden kann.
Das AG hat in seinem Beschluss vom 30.1.2012 den zuständigen Standesbeamten des Standesamtes M. angewiesen, derzeit keine Beurkundung der Geburt der Betroffenen unter der Eintragung S. Baronin zu Romkerhall, A. vorzunehmen. Es sei davon auszugehen - so das AG -, dass der Erwerb des Adelstitels Baron/Baronin zu Romkerhall durch die Eltern der Betroffenen nicht dem deutschen Personenstands/Namensrecht entspreche. Gerichtsbekannt sei, dass es sich bei der Gemeinde Romkerhall um ein Gebiet handele, das seinerzeit keiner Gemeinde zugehörig gewesen sei, weshalb von findigen Personen als Tourismusgag ein "Königreich Romkerhall" ausgerufen worden sei. Für dieses Phantasieobjekt sei seinerzeit am 23.7.1988 Prinzessin Erina von Sachsen als "Herrscherin" eingesetzt worden. Sie habe einen "Statthalter", den sog. "Baron" W. L. "zu Romkerhall", bestimmt. Dieser habe sich offensichtlich mit dem Verkauf von "Adelstiteln" befasst; so solle der Phantasietitel für 5.000 EUR bei eBay angeboten worden sein. Bei dem sog. "Königreich Romkerhall" handele es sich um ein völkerrechtlich nicht anerkanntes Gebiet, das infolge mangelnder staatlicher Hoheit auch keine Titel vergeben könne. Die Kindeseltern des vorliegenden Verfahrens hätten offensichtlich diesen zwischen Tourismusgag ...