Leitsatz (amtlich)
Für die Zulässigkeit reicht es aus, wenn eine über das normale Maß hinausgehende unzumutbare Verzögerung des Verfahrens schlüssig dargetan wird, die auf einen Rechtsverlust oder eine Rechtsverweigerung hinausläuft.
Verfahrensgang
AG Magdeburg (Beschluss vom 03.05.2007; Aktenzeichen 231 F 154/06 (SO)) |
Tenor
1. Die Untätigkeitsbeschwerde des Antragstellers vom 3.5.2007 wird zurückgewiesen.
2. Der Antragsteller trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens.
3. Der Beschwerdewert für die außergerichtlichen Kosten beträgt 300 EUR.
Gründe
I. Die Untätigkeitsbeschwerde des Antragstellers vom 3.5.2007 hat in der Sache keinen Erfolg.
Es ist bereits fraglich, ob die Zulässigkeitsvoraussetzungen für eine Untätigkeitsbeschwerde erfüllt sind. Die weder in der ZPO noch im FGG gesetzlich geregelte Untätigkeitsbeschwerde ist von der Rechtsprechung als außerordentlicher Rechtsbehelf geschaffen worden. Sie dient dem Zweck, den verfassungsrechtlich geschützten Anspruch der Verfahrensbeteiligten auf einen effektiven Rechtsschutz gem. Art. 2 Abs. 1 GG i.V.m. Art. 20 Abs. 3 GG zu gewähren. Das Rechtsstaatprinzip erfordert im Interesse der Rechtssicherheit insbesondere, dass strittige Rechtsverhältnisse in angemessener Zeit geklärt werden (vgl. hierzu etwa BVerfG FamRZ 2005, 173/174 und FamRZ 2005, 1233/1234). Die Untätigkeitsbeschwerde setzt dabei nicht voraus, dass es bereits zu einem sachlich nicht mehr zu rechtfertigenden Verfahrensstillstand gekommen ist. Für die Zulässigkeit reicht es vielmehr aus, wenn eine über das normale Maß hinausgehende unzumutbare Verzögerung des Verfahrens schlüssig dargetan wird, die auf einen Rechtsverlust oder eine Rechtsverweigerung hinausläuft (Gummer: in Zöller, ZPO, 26. Aufl. 2007, § 567 Rz. 21). Eine Untätigkeitsbeschwerde als außergesetzlicher Rechtsbehelf kommt aber anerkanntermaßen nur dann in Betracht, wenn die begehrte Entscheidung ihrerseits überhaupt einem Rechtsmittel unterliegt (s. dazu mit zahlreichen weiteren Nachweisen und namentlich aus der Rechtsprechung Gummer, in: Zöller, a.a.O., § 567 Rz. 21).
Im vorliegenden Fall ist zweifelhaft, ob diese Voraussetzung vorliegt. Denn der Antragsteller begehrt mit seiner Untätigkeitsbeschwerde die Regelung des Umgangsrechts mit seiner Tochter. Hierzu hat er am 13.7.2006 neben dem Hauptsacheantrag auch einen entsprechenden Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung gestellt. Über diesen Antrag hat das AG Magdeburg zwar bislang nicht entschieden, jedoch ist gegen Entscheidungen in Form einstweiliger Anordnungen zum Umgang eine Beschwerde gem. § 621g Satz 2 i.V.m. § 620c Satz 2 ZPO nicht statthaft.
Die Beschwerde erweist sich aber unabhängig davon auch im Hauptsacheverfahren zum Umgang als unbegründet. Die Verfahrensdauer in erster Instanz verletzt den Anspruch des Antragstellers auf Entscheidung über das Umgangsrecht in angemessener Zeit nicht.
Es gibt keine festgelegten Grundsätze, die besagen, wann von einer überlangen, die Rechtsgewährung verhindernden Verfahrensdauer auszugehen ist. Dies ist eine Frage der Abwägung im Einzelfall und muss nach den konkreten Umständen geklärt werden (vgl. hierzu BVerfG FamRZ 2001, 753/754 und NJW 1997, 2811, 2812). Dabei kommt es in erster Linie auf das Gewicht bzw. die Sensibilität des Verfahrens bzw. der erstrebten Regelung an (OLG Karlsruhe OLGReport Karlsruhe 2004, 33/34). Insoweit ist zwar vorliegend zunächst zu berücksichtigen, dass das Umgangsrecht eine vom Grundgesetz besonders geschützte elterliche Rechtsposition darstellt. Ferner hat das BVerfG wiederholt darauf hingewiesen, insbesondere bei Streitigkeiten um das Sorge- und Umgangsrecht sei bei der Frage, welche Verfahrensdauer noch als angemessen betrachtet werden kann, zu beachten, dass jede Verfahrenszögerung wegen der durch den Zeitverlust eintretenden und sich vertiefenden Entfremdung häufig schon rein faktisch zu einer (Vor-)Entscheidung führt, noch bevor ein richterlicher Spruch vorliegt. Schon deshalb und weil sich das kindliche Zeitempfinden von dem eines Erwachsenen deutlich unterscheide sowie sich der Sachverhalt ständig im Fluss befinde, komme in Sorge- und Umgangsrechtsverfahren der Problematik der Verfahrensdauer eine besondere Bedeutung zu (vgl. hierzu BVerfG, FamRZ 2005, a.a.O.).
Im streitigen Umgangsverfahren ist die Verfahrensdauer von elf Monaten jedoch nach Auffassung des Senats unter Berücksichtigung der besonderen Umstände des Falles nicht unangemessen lang. Nachdem der Antragsteller zunächst einen Antrag auf Abgabe des Verfahrens an das AG Schönebeck gestellt hatte, ist das Verfahren wegen des Umzugs der Antragsgegnerin am 25.8.2006 wieder an das AG Magdeburg zurückgegeben worden. Als die Berichte des Jugendamtes der Landeshauptstadt Magdeburg und des Hochsauerlandkreises vorlagen, hat das AG einen Termin zur Anhörung am 11.1.2007 bestimmt, der auf Antrag des Antragstellervertreters auf den 25.1.2007 verlegt worden ist. In diesem Termin, zu dem der Antragsteller verspätet erschienen ist, hat das AG sofort einen Or...