Leitsatz (amtlich)
1. Die Gebührenermäßigung nach § 144 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 KostO gilt nicht für notarielle Beurkundungen zur Eingliederung des Vermögens eines Abwasserzweckverbandes in einen anderen Abwasserzweckverband. Denn diese Angelegenheit betrifft das wirtschaftliche Unternehmen der am Zweckverband beteiligten Gemeinden.
2. Abwasserzweckverbände sind gebührenrechtlich als wirtschaftliche Unternehmen i.S.d. § 144 Abs. 1 Satz 1 KostO anzusehen.
3. § 144 KostO ist als Ausnahmevorschrift zur Gebührenermäßigung eng auszulegen.
Verfahrensgang
LG Magdeburg (Beschluss vom 23.05.2006; Aktenzeichen 3 T 4/06) |
Tenor
1. Auf die weitere Beschwerde des Notars wird der Beschluss der 3. Zivilkammer des LG Magdeburg vom 23.5.2006 aufgehoben.
2. Die Einwendungen des Kostenschuldners, des Beteiligten zu 2, gegen die Kostenberechnungen des Notars vom 10.6.2005 zu
- UR-Nr. .../05 (offener Betrag 22.309,24 EUR)
- UR-Nr. .../05 (offener Betrag 7.436,41 EUR)
- UR-Nr. .../05 (offener Betrag 3.776,84 EUR)
werden als unbegründet zurückgewiesen.
3. Die gerichtlichen Auslagen der Beschwerde und die außergerichtlichen Auslagen des Notars hat der Kostenschuldner zu tragen. Die außergerichtliche Auslagen des Kostenschuldners werden nicht erstattet.
4. Der Gegenstandswert des Verfahrens der weiteren Beschwerde wird auf die Summe der offenen Beträge, nämlich auf 33.522,49 EUR, festgesetzt.
Gründe
I.1. Der Notar beurkundete das Angebot des beteiligten Abwasserzweckverbandes zum Abschluss eines Vertrages mit dem Abwasserzweckverband C. (UR-Nr. .../2004). Durch das Angebot sollte die Übertragung des gesamten Vermögens nebst Übernahme von Verbindlichkeiten des Abwasserzweckverbandes C. auf den Kostenschuldner geregelt werden. Das Aktivvermögen des übertragenden Zweckverbandes wurde mit 29.580.406,22 EUR angegeben.
Der Notar beurkundete die Annahme dieses Angebotes (UR-Nr. .../2004).
In der Urkunde UR-Nr. .../2004 beurkundete der Notar die Auflassung von Grundstücken.
2. Der Notar erhob vom Kostenschuldner die gem. § 144 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 KostO ermäßigten Gebühren. Für das Angebot in UR-Nr. .../2004 berechnete er die 15/10-Gebühr gem. § 37 KostO auf 12.821,40 EUR. Für das Geschäft zu UR-Nr. .../2004 berechnete er eine 5/10-Gebühr gem. § 38 Abs. 2 Nr. 2 KostO auf 4.273,80 EUR. Die Auflassung zu UR-Nr. .../2004 berechnete er mit einer 5/10-Gebühr gem. § 38 Abs. 2 Nr. 6a KostO aus 10.135.000,47 EUR auf 2.170,60 EUR.
3. Die Prüfungsabteilung der Ländernotarkasse - Anstalt des öffentlichen Rechts - überprüfte die Kostenberechnungen des Notars und beanstandete, die gem. § 144 Abs. 1 Satz 1 KostO eingeräumte Gebührenermäßigung. Einer der Revisoren führte dazu aus:
"Eine entsprechende Gebührenermäßigung ist zu gewähren, wenn es sich um eine in § 144 Abs. 1 Satz 1 genannte Person handelt, die gesetzlich zur Kostentragung verpflichtet ist, es sich dabei nicht um das wirtschaftliche Unternehmen der begünstigten Person handelt und keine Weiterveräußerungsabsicht besteht. Nur bei Vorliegen aller genannten Voraussetzungen können die Gebühren ermäßigt werden.
Die privilegierten Kostenschuldner erhalten somit nur dann die Ermäßigung, wenn die Sache nicht deren wirtschaftliche Unternehmen betrifft - also keine Führung nach wirtschaftlichen Gesichtspunkten vorliegt. Nach Auffassung der Revisoren handelt es sich bei Abwasserzweckverbänden jedoch gerade um wirtschaftliche Unternehmen i.S.d. § 144 Abs. 1 Satz, da derartige Einrichtungen auch von Privatunternehmern als Eigenbetrieb mit privatwirtschaftlichem Management und mit der Absicht der Gewinnerzielung betrieben werden können."
Dementsprechend schlugen die Revisoren folgende Kostenberechnung vor:
"UR-Nr. .../2004 - 15/10 Gebühr gem. § 37 aus 29.580.406,22 EUR 32.053,50 EUR
UR-Nr. .../2004 - 5/10 Gebühr gem. § 38 Abs. 2 Nr. 2 aus 29.580.406,22 EUR 10.684,50 EUR
UR-Nr. .../2004 - 5/10 Gebühr gem. § 38 Abs. 2 Nr. 6a aus 10.135.047 EUR 5.426,50 EUR
durch den Notar wurde insgesamt erhoben 19.265,80 EUR
nach zu erheben sind (abgabenpflichtig) 28.898,70 EUR."
4. Der Notar übersandte dem Kostenschuldner die drei im Rubrum genannten Kostenberechnungen vom 10.6.2005, die dem Vorschlag der Revisoren entsprachen (wegen der Einzelheiten wird auf die zu den Akten gereichten Durchschriften Bezug genommen, s. Blatt 7, 8 und Blatt 9).
5. Der Kostenschuldner beanstandete mit Schreiben vom 8.7.2005 ggü. dem Notar die Kostenberechnungen. Der Notar beantragte daraufhin nach § 156 Abs. 1 Satz 3 KostO die Entscheidung des LG. Nach Anhörung der Ländernotarkasse und des Präsidenten des LG Halle als vorgesetzter Dienstbehörde des Notars hob die 3. Zivilkammer des LG Magdeburg die Kostenberechnungen des Notars auf. Die Kammer setzte die zu leistenden Gebühren und Auslagen auf 22.792,09 EUR fest. Die Kammer führte aus, dass es sich bei dem Kostenschuldner um einen Zweckverband und somit um einen in § 144 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 KostO genannten Begünstigten handele. Mit Rücksicht darauf, dass die Gebührenermäßigung nach § 144 Abs. 1 KostO eine Ausnahme von der Ge...