Leitsatz (amtlich)
Zum Begriff der wirtschaftlichen Unternehmungen von Kommunen und Gemeindeverbänden i.S.v. § 7 Abs. 1 Nr. 2 Justizkostengesetz des Landes Sachsen-Anhalt.
Verfahrensgang
LG Dessau-Roßlau (Beschluss vom 02.10.2009; Aktenzeichen 1 T 237/09) |
Tenor
Auf die weitere Beschwerde des Beteiligten zu 2) wird der Beschluss der 1. Zivilkammer des LG Dessau-Roßlau vom 2.10.2009 abgeändert. Die Beschwerde der Beteiligten zu 3) gegen den Beschluss des AG Bitterfeld-Wolfen vom 7.7.2009 wird zurück gewiesen.
Das Verfahren der weiteren Beschwerde ist gerichtsgebührenfrei; außergerichtliche Kosten werden nicht erstattet.
Der Beschwerdewert beträgt 42 EUR.
Gründe
A. Auf Antrag des Beteiligten zu 2) vom 19.2.2009 hat das AG Bitterfeld-Wolfen eine Sicherungshypothek lastend auf dem Miteigentumsanteil der Beteiligten zu 1) an dem Grundstück, verzeichnet im Grundbuch von J., Blatt 1460, Flur 3, Flurstück 724/0 über einen Betrag i.H.v. 4.155,15 EUR wegen rückständiger Abwassergebührenforderungen nebst Nebenkosten im Grundbuch eingetragen.
Nach erfolgter Eintragung erteilte die zuständige Rechtspflegerin mit Verfügung vom 2.3.2009 ggü. dem Beteiligten zu 2) eine Kostenrechnung über 42 EUR. Der hiergegen von dem Beteiligten zu 2) unter Bezugnahme auf die Kostenbefreiungsvorschrift des § 7 Abs. 1 Nr. 2 JKostG LSA erhobenen Erinnerung half sie nicht ab und legte den Rechtsbehelf dem zuständigen Abteilungsrichter zur Entscheidung in der Sache vor.
Die von dem AG hinzugezogene Bezirksrevisorin hat sich in ihrer Stellungnahme vom 22.4.2009 gegen eine Kostenprivilegierung des Beteiligten zu 2) nach § 7 Abs. 1 Nr. 2 JKostG LSA ausgesprochen. Sie hat insoweit die Ansicht vertreten, dass der antragstellende Abwasserzweckverband nicht zu dem Kreis der nach § 7 Abs. 1 Nr. 2 JKostG LSA privilegierten Kostenschuldner gehöre, da es sich bei ihm um ein wirtschaftliches Unternehmen der Mitgliedsgemeinden handele. Der Zweckverband sei aus Gründen der Wirtschaftlichkeit gegründet worden und mit den Kommunen und Gemeindeverbänden i.S.d. § 7 Abs. 2 S. 2 JKostG nicht identisch. Nachdem § 116 GO LSA durch das Gesetz zur Änderung des kommunalen Unternehmensrechts vom 3.4.2001 (GVBl. LSA S. 136/2001) eine grundlegende Änderung erfahren habe, seien nunmehr auch kommunale Einrichtungen zur Abwasserbeseitigung als wirtschaftliche Unternehmen zu qualifizieren. Die Beitreibung öffentlich-rechtlicher Abgaben betreffe die wirtschaftlichen Interessen des Beteiligten zu 2), da es dabei weder um die konkrete Umsetzung des aus Art. 20 Abs. 1 und Art. 28 Abs. 1 GG abzuleitenden Sozialstaatsprinzips noch um staatliche Für- und Vorsorge im Sinne reiner Gemeinnützigkeit gehe.
Mit Beschluss vom 7.7.2009 hat das AG der Erinnerung des Beteiligten zu 2) statt gegeben und die Kostenrechnung vom 26.3.2009 aufgehoben. Zur Begründung hat es im Wesentlichen ausgeführt, dass die in § 7 Abs. 1 Nr. 2 JKostG vorgesehene Einschränkung des Kostenprivileges im Falle einer wirtschaftlichen Unternehmung hier nicht durchgreife, da der Beteiligte zu 2) als Abwasserzweckverband keine wirtschaftlichen Ziele verfolge, sondern eine öffentliche Aufgabe wahrnehme, die ansonsten den Gemeinden obliege. Wegen der grundsätzlichen Bedeutung der Sache und zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung hat das AG zugleich die Beschwerde nach § 14 Abs. 3 S. 2 KostO zugelassen.
Gegen diesen Beschluss hat die Beteiligte zu 3) als Vertreterin der Staatskasse Beschwerde eingelegt.
Sie hat unter Vertiefung ihres erstinstanzlichen Vorbringens vorgetragen, dass nach der Neufassung des § 116 GO LSA auf der Grundlage des Art. 2 des Gesetzes über das kommunale Unternehmensrecht vom 3.4.2001 (GVBl. 136) keine Zweifel mehr bestehen könnten, dass es sich bei dem Abwasserzweckverband um ein wirtschaftliches Unternehmen handele, dem keine Gebührenfreiheit nach § 7 Abs. 1 Nr. 2 JKostG zuteil werden könne.
Der Beteiligte zu 2) ist der Beschwerde entgegen getreten.
Er hat die Ansicht vertreten, dass ein Abwasserzweckverband als kommunaler Hoheitsbetrieb nicht unter den betriebswirtschaftlich geprägten Begriff der "wirtschaftlichen Unternehmung" subsumiert werden könne. Die Gründung des Zweckverbandes habe allein der hoheitlichen Aufgabenerfüllung der Abwasserbeseitigung und nicht der Verfolgung wirtschaftlicher Interessen gedient. Die Abwasserbeseitigung obliege ihm dabei als Pflichtaufgabe der Mitgliedsgemeinden im eigenen Wirkungskreis, die er ohne Gewinnstreben im Rahmen der Daseinsvorsorge zu erfüllen habe. Die Erhebung von Gebühren und Beiträgen ziele nicht auf Ertragssteigerung des Unternehmens ab. Die Beitragserhebung sei vielmehr notwendige Voraussetzung für die Finanzierung des einzurichtenden und zu unterhaltenden Abwassernetzes und finde ihre gesetzliche Grundlage im Kommunalabgabengesetz LSA (im Folgenden: KAG LSA). Dementsprechend liege dem Beitragsaufkommen auch das Deckungsprinzip nach §§ 5, 6 KAG LSA und nicht etwa ein Ertragsprinzip zugrunde.
Das LG hat mit Beschluss vom 2.10.2009 den Beschluss des ...