Leitsatz (amtlich)
Verfolgt ein kommunaler Zweckverband im Rechtsstreit die Rückübertragung von Grundstücken, die Teil einer öffentlichen Uferpromenade sind, die Besucherströme anzieht und mit der keine Einnahmen erzielt werden können, ist dies nicht als wirtschaftliche Unternehmung im Sinne von § 7 Abs. 1 Nr. 1 JKostG LSA anzusehen, so dass der Zweckverband von der Zahlung der Gerichtskosten befreit ist.
Verfahrensgang
LG Dessau-Roßlau (Aktenzeichen 4 O 487/12) |
Tenor
Auf die Erinnerung des Klägers wird die vorläufige Schlusskostenrechnung des Oberlandesgerichts Naumburg vom 6. Mai 2014 aufgehoben.
Das Erinnerungsverfahren ist gebührenfrei; Kosten werden nicht erstattet.
Gründe
I. Der Kostenbeamte des Oberlandesgerichts Naumburg hat für das Berufungsverfahren unter dem 6. Mai 2014 eine vorläufige Schlusskostenrechnung erstellt, die zulasten des Klägers eine Kostenschuld von 5.064,00 EUR ausweist. Dieser Betrag beruht auf einer 4,0-Gebühr gemäß GKG-KV Nr. 1220 bei einem Streitwert von 137.662,93 EUR.
Gegen diese Kostenrechnung hat der Kläger mit Schriftsatz vom 19. Mai 2014 Erinnerung eingelegt mit der Begründung, dass er gemäß § 7 Abs. 1 Nr. 2 JKostG LSA gerichtskostenbefreit sei, da es sich bei ihm um einen Verband der Anrainergemeinden der G. nach § 6 des Gesetzes über die kommunale Gemeinschaftsarbeit des Landes Sachsen-Anhalt handele. Der Kostenbeamte hat in seiner Verfügung vom 3. Juni 2014 der Erinnerung nicht abgeholfen, da § 7 Abs. 1 Nr. 2 JKostG LSA in diesem Falle nicht zutreffe und bei dem Gerichtskostenansatz nicht berücksichtigt worden sei. Der Bezirksrevisor bei dem Oberlandesgericht Naumburg ist dieser Einschätzung in seiner Stellungnahme vom 16. Juni 2014 beigetreten mit der Begründung, dass der Kläger nicht gebührenbefreit sei. Gebührenfreiheit läge nur dann vor, wenn der Kläger - als Körperschaft des öffentlichen Rechts - an Stelle seiner Mitgliedsgemeinden gesetzliche Pflichtaufgaben wahrnähme, da er in diesem Falle hoheitlich handeln würde. Das vorliegende Verfahren betreffe hingegen wirtschaftliche Unternehmungen des Klägers und keine gesetzlichen Pflichtaufgaben seiner Mitgliedsgemeinden. Der Bezirksrevisor hat die Sache dem Senat zur Entscheidung vorgelegt. Der Kläger hat ergänzend vorgebracht, dass unter wirtschaftlichen Unternehmen nur Körperschaften des öffentlichen Rechts erfasst seien, die solche Anlagen und Einrichtungen betreiben, die auch von einem privaten Unternehmer mit der Absicht der Erzielung dauernder Einnahmen betrieben werden könnten. Aus der Satzung des Klägers folge, dass dieser eindeutig nicht gewinnorientiert tätig werde.
II. Über die Erinnerung war gemäß § 66 Abs. 6 Satz 1 GKG durch den Einzelrichter zu entscheiden.
Die Erinnerung ist gemäß § 66 Abs. 1 GKG zulässig und hat in der Sache auch Erfolg.
Der Kläger ist nach § 7 Abs. 1 Nr. 2 JKostG LSA nicht zur Zahlung der Gebühr für das Berufungsverfahren (GKG-KV Nr. 1220) verpflichtet.
Nach § 7 Abs. 1 Nr. 2 JKostG LSA sind die Kommunen und Gemeindeverbände von der Zahlung der Gebühren, die die ordentlichen Gerichte sowie die Landesjustizverwaltungsbehörden erheben, befreit, "soweit die Angelegenheit nicht ihre wirtschaftlichen Unternehmungen betrifft". Im vorliegenden Fall geht es um die Rückübertragung von Grundstücken, die einen Teil der Uferpromenade an dem G. -See im Bereich B. Wasserfront, P. und M. Ufer. Dies stellt keine wirtschaftliche Unternehmung im Sinne des Justizkostenrechts dar.
Gebührenfreiheit liegt nicht nur dann vor, wenn die Körperschaft öffentlichen Rechts im Rahmen hoheitlichen Handelns gesetzliche Pflichtaufgaben erfüllt.
Vielmehr schließt sich der Senat hinsichtlich der Auslegung des Begriffs der "wirtschaftlichen Unternehmungen" der Auffassung des 10. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Naumburg an, wie sie in dem - nachfolgend auszugsweise wiedergegebenen - Beschluss vom 23. August 2010 (10 Wx 9/09, zitiert nach juris; vgl. auch OLG Naumburg, Beschluss vom 9. Januar 2012, 2 W 90/10; OLG Naumburg, Beschluss vom 19. September 2013, 2 W 31/12; zitiert nach juris) dargelegt worden ist.
Der Begriff der "wirtschaftlichen Unternehmungen" ist in § 7 des Justizkostengesetzes nicht legal definiert. Nach Sinn und Zweck der Vorschrift soll durch eine Kostenbefreiung vermieden werden, dass öffentliche Gelder von Städten und Gemeinden und sonstigen Gebietskörperschaften, die aus ihnen originär zugeflossenen Abgaben oder Landesmitteln stammen, für andere öffentliche Einrichtungen wie die Justizbehörden verwandt werden (vgl. OLG Köln, NVwZ-RR 1998, 469; OLG Köln, JurBüro 2008, 97; OLG Naumburg, Beschluss vom 01.08.2000, 1 U 77/99 zitiert nach juris). Der Begriff "wirtschaftliche Unternehmung" entstammt dabei dem Kommunalrecht und wird dementsprechend im Allgemeinen in Anlehnung an die kommunalrechtliche Terminologie ausgelegt (vgl. OLG Zweibrücken NVwZ-RR 2010, 543; OLG Köln JurBüro 2008, 97, zitiert nach juris; OLG Rostock OLGR Rostock 2002, 351 f., zitiert nach juris; insbesondere auch die im Wesentlichen zu § 144 Kost...