Leitsatz (amtlich)
Lässt die beabsichtigte Rechtsverfolgung eine Quotenverbesserung vom 8 v.H. erwarten, kann den Insolvenzgläubigern zuzumuten sein, die dazu erforderlichen Kosten aufzubringen.
Verfahrensgang
LG Halle (Saale) (Beschluss vom 28.03.2003; Aktenzeichen 5 O 477/02) |
Tenor
Die sofortige Beschwerde der Antragstellerin gegen den Beschluss der 5. Zivilkammer des LG Halle vom 28.3.2003 wird zurückgewiesen.
Gründe
Die gem. §§ 127 Abs. 2 S. 2 und 3, 567 Abs. 1 Nr. 1, 569 Abs. 1 und 2 ZPO zulässige sofortige Beschwerde der Antragstellerin gegen den Beschluss des LG Halle vom 28.3.2003 ist unbegründet.
Das LG hat der Antragstellerin i.E. zu Recht die erbetene Prozesskostenhilfe versagt, denn die Voraussetzungen des § 116 S. 1 Nr. 1 ZPO, unter denen einem Insolvenzverwalter Prozesskostenhilfe bewilligt werden kann, sind nicht erfüllt.
Bei unzureichender liquider Masse obliegt die Bezahlung der Prozesskosten in erster Linie den Insolvenzgläubigern, denen das Prozessergebnis wirtschaftlich zugute kommt, deren Befriedigungsaussichten sich also durch ein Obsiegen des Insolvenzverwalters verbessern würden. Ihnen ist die Kostentragung allerdings nicht in jedem Fall, sondern nur dann zumutbar, wenn Aufwand und Ertrag in einem wirtschaftlich vernünftigen Verhältnis stehen. Deshalb müssen für die Kostenaufbringung solche Insolvenzgläubiger außer Betracht bleiben, die entweder nur sehr geringe Forderungen geltend machen oder deren Befriedigungsaussichten mit dem Prozesserfolg nur unwesentlich steigen würden (Zöller/Philippi, ZPO, 23. Aufl., § 116 Rz. 6 f., m.w.N.). Für letzteres kommt es nicht allein auf den Vom-Hundert-Satz der Befriedigungsquote, sondern zumal bei hohen Forderungen auch auf die Höhe des zu erwartenden Betrages an. Indes gibt es keinen Grundsatz, dass die Bezahlung der Kosten für Prozesse mit geringen Streitwerten stets für die Gläubiger unzumutbar ist. Im Vordergrund steht nämlich das Verhältnis der von den Gläubigern zu bevorschussenden Kosten zu der ihnen bei einem Prozesserfolg zufließenden Summe. Ob die Insolvenzgläubiger, denen die Kostenbeteiligung zuzumuten und möglich ist, bereit sind die Kosten aufzubringen, hat für die Frage der Bewilligung der Prozesskostenhilfe keine Bedeutung. Wollen sie den allein in ihrem Interesse zu betreibenden Prozess nicht bezahlen, hat er ggf. zu unterbleiben (BGH v. 24.3.1998 – XI ZR 4/98, MDR 1998, 737; OLG Köln v. 28.5.1999 – 2 W 84/99, MDR 2000, 51; OLG Naumburg v. 22.11.2001 – 5 W 108/01, OLGReport Naumburg 2002, 241).
Nicht nur zur Darlegung der Bedürftigkeit der Masse, sondern auch im Hinblick auf die mögliche Kostenbeteiligung der Insolvenzgläubiger muss der Verwalter daher zum einen – wie jede andere Partei, die um Prozesskostenhilfe bittet – eine vollständige Übersicht über das gegenwärtige von ihm verwaltete Vermögen vorlegen. Ferner hat er eine genaue Aufstellung der Masseverbindlichkeiten (§§ 54 f. InsO) sowie der angemeldeten und von ihm anerkannten Insolvenzforderungen (§ 38 InsO) beizubringen, die das Gericht in die Lage versetzt, die Zumutbarkeit von Kostenvorschussleistungen der wirtschaftlich Beteiligten beurteilen zu können.
Diesen Anforderungen genügt das im wesentlichen in der Bezugnahme auf den Zwischenbericht vom 10.10.2002 bestehende Vorbringen der Antragstellerin in mehrfacher Hinsicht nicht. Zum einen findet sich schon keine nachvollziehbare Berechnung der voraussichtlichen Massekosten (§ 54 InsO). Ferner beschränken sich die Ausführungen zur Höhe der sonstigen Masseverbindlichkeiten (§ 55 InsO) auf die Mitteilung von Beträgen ohne nähere Erläuterung. Insbesondere ist der Posten „Rechtsanwaltskosten” i.H.v. 12.500 Euro ebenso unerklärlich wie die mit 2.500 Euro zusätzlich zur Verwaltervergütung veranschlagten Verwaltungskosten.
Selbst wenn das Zahlenwerk der Antragstellerin näherer Prüfung standhalten sollte, ist jedenfalls den Insolvenzgläubigern die Bevorschussung der Kosten der beabsichtigten Rechtsverfolgung zuzumuten. Ihren Angaben zufolge beläuft sich die Masse einschl. der Klageforderung auf 129.985,55 Euro. Hiervon sollen 53.000 Euro zur Deckung der Masseverbindlichkeiten (§§ 54 f. InsO) benötigt werden, so dass 76.985,55 Euro für die Befriedigung der Insolvenzgläubiger (§ 38 InsO) verbleiben. Ohne die Klagesumme von 45.727,16 Euro wären dies nur 31.258,39 Euro. Ein Prozesserfolg käme somit in vollem Umfang den Insolvenzgläubigern zugute. Deren Forderungen sind i.H.v. 591.282,82 Euro festgestellt (§ 178 Abs. 1 InsO). Sie haben deshalb im Falle des Obsiegens der Antragstellerin unter Berücksichtigung der Verzinsung der Klageforderung (§§ 291, 288 Abs. 1 BGB) eine Quotenverbesserung von mehr als 8 v.H. zu erwarten. Verspricht die Prozessführung eine derart hohe Quotenverbesserung, so ist es den Insolvenzgläubigern ohne weiteres zuzumuten, die dazu erforderlichen Kosten aufzubringen. Bei der Berechnung der Befriedigungsaussichten haben die von der Antragstellerin bestrittenen Insolvenzforderungen außer Betracht zu bleiben. Mangels ent...