Verfahrensgang
AG Aschersleben (Aktenzeichen 4 F 50/19) |
Tenor
Auf die Beschwerde des Antragstellers wird der am 20.11.2019 verkündete Beschluss des Amtsgerichts - Familiengericht - Aschersleben (Az. 4 F 50/19) in der Fassung des Berichtigungsbeschlusses vom 02.12.2019 abgeändert:
Die Antragsgegnerin wird verpflichtet, an den Antragsteller zu Händen seines gesetzlichen Vertreters ab dem 01.08.2018 einen jeweils monatlich im Voraus fälligen Kindesunterhalt in Höhe von jeweils 100 % des Mindestunterhalts der jeweiligen Altersstufe abzüglich des hälftigen staatlichen Kindergeldes für ein erstes und ein zweites Kind in Höhe von derzeit 102,00 EUR (gegenwärtiger monatlicher Zahlbetrag mithin: 322,00 EUR) zu zahlen.
Die Antragsgegnerin trägt die Kosten des Verfahrens.
Die sofortige Wirksamkeit dieser Entscheidung wird angeordnet.
Der Geschäftswert für das Beschwerdeverfahren wird auf 5.836,00 EUR festgesetzt.
Gründe
Die Beschwerde des Antragstellers ist in vollem Umfang begründet und führt zur Abänderung der angefochtenen Entscheidung nach dem Beschwerdeantrag des Antragstellers.
Der Anspruch des Antragstellers hat seine Grundlage in §§ 1601 ff. BGB.
Entgegen der Auffassung des Familiengerichts ist für die Zeit ab August 2018 die Leistungsfähigkeit der Antragsgegnerin unter Rückgriff auf fiktive Einkünfte wegen einer Verletzung ihrer gesteigerten Erwerbsobliegenheit zu ermitteln, denn sie hat nicht mit hinreichender Substanz Bemühungen um eine Erwerbstätigkeit vorgetragen, aus der sie Einkünfte erzielen kann, die für die Sicherstellung des Mindestunterhalts für den Antragsteller ausreichen. Insbesondere legt die Antragsgegnerin nicht mit hinreichender Substanz dar, gesundheitlich nicht dazu in der Lage zu sein, einer entsprechenden Erwerbstätigkeit nachzugehen. Dass und in welcher Weise sie ihre psychische Erkrankung in ihrer Fähigkeit, einer Erwerbstätigkeit - namentlich im Ausbildungsberuf als Floristin bis hin zu einer Arbeitszeit von 48 Wochenstunden, die nach dem Arbeitszeitgesetz zulässig ist - nachzugehen, einschränkt, wird von ihr nicht konkret vorgetragen, denn sie legt nicht dar, an welchen Tätigkeiten sie im Einzelnen bedingt durch das von ihr ins Feld geführte Krankheitsbild gehindert ist. Zudem ist die Antragsgegnerin auch gegenwärtig in geringfügigem Umfang beschäftigt, ohne dass gesundheitliche Einschränkungen dem entgegenstehen würden, und darüber hinaus dokumentiert der Umstand, dass sie (ergänzende) Leistungen nach dem SGB II bezieht, dass sie dem Arbeitsmarkt zur Verfügung steht.
Die Ausführungen der Antragsgegnerin im Schriftsatz vom 09.01.2020 führen zu keiner abweichenden Beurteilung der Sach- und Rechtslage, zumal sie darin selbst einräumt, sie habe nicht mit hinreichender Substanz Erwerbsbemühungen vorgetragen.
Soweit die Antragsgegnerin ferner unter Vorlage einer ärztlichen Stellungnahme vom 19.11.2019 geltend macht, sie sei an einer vollschichtigen Erwerbstätigkeit krankheitsbedingt gehindert, ist ihr Vorbringen nicht hinreichend untersetzt. Sie trägt nämlich vor, sie arbeite gegenwärtig teilschichtig mit 20 Wochenarbeitsstunden. Damit arbeitet sie - quantitativ gesehen - bereits mehr als die in der Stellungnahme der Fachärztin für Neurologie und Psychiatrie K. Z. vom 19.11.2019 angesprochenen höchstens vier Stunden an vier Werktagen pro Woche, denn bei 20 Wochenarbeitsstunden pro Woche beträgt die tägliche Arbeitszeit entweder mehr als vier Stunden, oder aber die Antragsgegnerin arbeitet an mehr als vier Werktagen je Woche. Daher geht der Senat auf der Grundlage des Vorbringens der Antragsgegnerin nicht von ihrer Unfähigkeit zur Ausübung einer vollschichtigen Erwerbstätigkeit aus.
Der Senat entscheidet im Übrigen über die Beschwerde der Antragsgegnerin ohne erneute mündliche Verhandlung, denn neue Erkenntnisse sind nicht zu erwarten (§§ 68 Abs. 3 S. 2, 117 Abs. 3 FamFG). Das Familiengericht hat durch die Art seiner Verfahrensführung die für die Entscheidung maßgeblichen Tatsachen bereits umfassend aufgeklärt und hierdurch die Tatsachengrundlage geschaffen, auf die der Senat seine Entscheidung stützt und die ihm eine Entscheidung ohne eine weitere mündliche Verhandlung ermöglicht.
Die Kostenentscheidung folgt aus § 243 S. 1 und 2 Nr. 1 FamFG.
Die Anordnung der sofortigen Wirksamkeit hat ihre Grundlage in § 116 Abs. 3 S. 2 und 3 FamFG.
Die Festsetzung des Geschäftswertes für das Beschwerdeverfahren beruht auf §§ 40 Abs. 1 S. 1, 51 Abs. 1 und 2 S. 1 FamGKG.
Fundstellen
Dokument-Index HI14296140 |