Leitsatz (amtlich)

Das Gericht kann die Bewilligung von Prozesskostenhilfe gem. § 124 Nr. 1 ZPO aufheben, wenn die Partei durch unrichtige Darstellung des Streitverhältnisses die für die Bewilligung der Prozesskostenhilfe maßgebenden Voraussetzungen vorgetäuscht hat.

Dabei kommt eine Aufhebung der Bewilligung freilich nicht schon dann in Betracht, wenn eine im Rahmen des Rechtsstreits durchgeführte Beweisaufnahme für die Partei ungünstig verlaufen ist (OLG Düsseldorf v. 9.7.1992 – 10 W 36/92, OLGReport Düsseldorf 1993, 63 = MDR 1993, 391). Sie kommt aber auch noch nach Durchführung einer Beweisaufnahme in Betracht, wenn sich gerade aus dieser ergibt, dass der Antragsteller falsch vorgetragen hat (OLG Koblenz v. 22.3.1999 – 2 W 69/99, OLGReport Koblenz 1999, 410 f.; OLG Düsseldorf v. 17.7.1996 – 3 WF 158/95, FamRZ 1997, 1088 f.), insb. dann, wenn ohne den falschen Vortrag Prozesskostenhilfe nicht gewährt worden wäre (OLG Koblenz v. 22.3.1999 – 2 W 69/99, OLGReport Koblenz 1999, 410 [411]).

 

Verfahrensgang

LG Magdeburg (Aktenzeichen 6 O 1817/01)

 

Tenor

Die sofortige Beschwerde der Klägerin gegen den Beschluss des LG Magdeburg vom 17.10.2002 wird zurückgewiesen.

Die Klägerin hat die Gerichtskosten der sofortigen Beschwerde zu tragen; außergerichtliche Kosten werden nicht erstattet.

 

Gründe

I. Die Klägerin macht gegen die Beklagte Ansprüche auf Schadensersatz wegen Baumängeln geltend.

Dabei verlangte sie neben den Kosten für die Mängelbeseitigung an ihrem von der Beklagten errichteten Einfamilienhaus in B. auch Schadensersatz für eine fehlende Baugenehmigung, die für die Tätigkeit der Sachverständigen zur Mangelfeststellung verauslagten Kosten, für die Mängelbeseitigung angefallene Finanzierungskosten und zusätzliche Mietkosten für sich und ihre Mutter für zwei Monate, weil das von der Beklagten errichtete Haus verspätet fertiggestellt wurde. Insgesamt betrug ihre Klageforderung 53.619,47 DM.

Das LG hat ihrer Klage i.H.v. 946,28 Euro wegen der infolge der verspäteten Fertigstellung des Hauses aufgewandten Miete stattgegeben, sie jedoch i.Ü. wegen Verjährung abgewiesen, da die Parteien die Geltung der VOB/B vereinbart hätten und die dort geregelte zweijährige Gewährleistungsfrist bei Klageerhebung verstrichen gewesen sei. Den von der Klägerin gestellten Antrag auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe für eine Berufung gegen dieses Urteil hat der Senat mit Beschluss vom 16.12.2002 zurückgewiesen, auf den wegen der Einzelheiten des Sachverhalts verwiesen wird.

Mit Beschluss vom 17.10.2002 hat die Kammer zudem die zu Gunsten der Klägerin ergangene Prozesskostenhilfeentscheidung aufgehoben, soweit sie eine Forderung von 946,28 Euro überstieg und zur Begründung ausgeführt, dass die Klägerin die Bewilligung von Prozesskostenhilfe durch unrichtige Angaben über den Streitstand erlangt habe.

Gegen diesen ihren Prozessbevollmächtigten am 11.11.2002 zugestellten Beschluss richtet sich die sofortige Beschwerde der Klägerin, die am 19.11.2002 beim LG eingegangen ist. Zur Begründung ihres Rechtsmittels führt die Klägerin aus, dass der Beschluss schon deswegen unzutreffend sei, weil er zur Begründung auf das Urteil der Kammer vom selben Tage Bezug nehme, das rechtsfehlerhaft sei. Zudem lasse der angegriffene Beschluss nicht erkennen, dass das LG sein Ermessen hinsichtlich der Aufhebung der bewilligten Prozesskostenhilfe ausgeübt habe.

Das LG hat der sofortigen Beschwerde mit Beschluss vom 20.11.2002 mit der Begründung nicht abgeholfen, dass eine nähere Darlegung der Entscheidung im Beschluss sich auf eine überflüssige Wiederholung der Beweiswürdigung des Urteils beschränkt hätte. Zudem sei die Klägerin auf die von der Kammer beabsichtigte Entscheidung in den mündlichen Verhandlungen vom 5. und 19.9.2002 hingewiesen worden.

Die Klägerin hat mit Schriftsatz vom 10.1.2003 ergänzend ausgeführt, dass nicht zu erkennen sei, dass die Klägerin vorsätzlich falsch vorgetragen habe. Die Beweisaufnahme habe nicht bestätigt, dass der Klägerin ein Exemplar der Vorschriften der VOB/B übergeben worden sei.

II.1. Die sofortige Beschwerde der Klägerin ist gem. §§ 567 Abs. 1 Nr. 1, 569 Abs. 2 und 1 i.V.m. 127 Abs. 2 S. 2 ZPO statthaft und zulässig, insb. fristgerecht binnen eines Monats eingelegt, § 127 Abs. 2 S. 3 ZPO; da die angefochtene Entscheidung von der Kammer erlassen wurde, hat der Senat über das Rechtsmittel zu entscheiden, § 568 S. 1 ZPO.

2. Die sofortige Beschwerde der Klägerin ist unbegründet.

Das Gericht kann die Bewilligung von Prozesskostenhilfe gem. § 124 Nr. 1 ZPO aufheben, wenn die Partei durch unrichtige Darstellung des Streitverhältnisses die für die Bewilligung der Prozesskostenhilfe maßgebenden Voraussetzungen vorgetäuscht hat.

Dabei kommt eine Aufhebung der Bewilligung freilich nicht schon dann in Betracht, wenn eine im Rahmen des Rechtsstreits durchgeführte Beweisaufnahme für die Partei ungünstig verlaufen ist (OLG Düsseldorf v. 9.7.1992 – 10 W 36/92, OLGReport Düsseldorf 1993, 63 = MDR 1993, 391). Sie kommt aber auch noch nach Durchführu...

Dieser Inhalt ist unter anderem im VerwalterPraxis Gold enthalten. Sie wollen mehr?


Meistgelesene beiträge