Leitsatz (amtlich)
Zur Wirksamkeit der Ersatzzustellung durch Niederlegung im Falle des Wohnsitzwechsels.
Verfahrensgang
LG Halle (Saale) (Aktenzeichen 8 O 179/01) |
Tenor
Die sofortige Beschwerde des Beklagten gegen den Beschluss des LG Halle vom 6.11.2001, Geschäftszeichen: 8 O 179/01, wird auf seine Kosten zurückgewiesen.
Die Rechtsbeschwerde wird nicht zugelassen.
Der Beschwerdewert wird auf 15.340,41 DM (7.843,43 Euro) festgesetzt.
Gründe
Die Parteien haben am 5.7.2000 vor der Notarin K. aus H. zur UR-Nr. 971/2000 eine Vereinbarung getroffen, wonach der Kläger dem Beklagten einen Betrag von 27.500 DM zum 31.12.2000 versprach. Wegen der Zahlungsschuld unterwarf sich der Kläger der sofortigen Zwangsvollstreckung in sein gesamtes Vermögen. Der Beklagte trat zu diesem Zeitpunkt unter der Anschrift S. 14 in Hm. auf.
Am 8.2.2001 erteilte die Notarin dem Beklagten eine vollstreckbare Ausfertigung der Urkunde. Wiederum ist als Anschrift des Beklagten S. 14 in Hm. angegeben.
Mit Schreiben vom 26.3.2001 wandte sich der Bevollmächtigte des Klägers an den Beklagten und rechnete mit Gegenforderungen des Klägers von 14.933,91 DM und 406,50 DM gegen die Zahlungsverpflichtung aus der Urkunde, die er mit 25.096,36 DM bezifferte, auf. Unter Berücksichtigung einer Zahlung des Klägers von 10.568,80 DM sei die Forderung des Beklagten danach erloschen. Abschließend wies der Klägervertreter darauf hin, dass der Beklagte bereits eingeleitete Zwangsvollstreckungsmaßnahmen rückgängig zu machen habe, andernfalls werde der Kläger Vollstreckungsgegenklage erheben (Bl. 8 f. d. A.). Dieses Schreiben nahm die Ehefrau des Beklagten am 31.3.2001 unter der Anschrift S. 14 in Empfang.
Der Beklagte ließ durch seine Bevollmächtigten dennoch weiter die Vollstreckung betreiben. Mit Schreiben vom 4.4.2001 wurde gegenüber der Deutschen Bank 24 eine Vorpfändung ausgebracht, in der die Anschrift des Beklagten mit S. 14 in Hm. angegeben wurde.
Der Kläger hat am 17.5.2001 seine Vollstreckungsabwehrklage eingereicht, die dem Beklagten unter der Anschrift S. 14 in Hm. im Wege der Ersatzzustellung durch Niederlegung am 31.5.2001 zugestellt wurde. Nachdem der Beklagte seine Verteidigungsbereitschaft nicht fristgemäß angezeigt hatte, erging gegen ihn am 19.6.2001 im schriftlichen Vorverfahren ein der Klage stattgebendes Versäumnisurteil. Die Zustellung des Versäumnisurteils erfolgte am 21.6.2001, wiederum unter der Anschrift S. 14 in Hm. durch Niederlegung.
Mit Schriftsatz vom 13.8.2001 meldeten sich für den Beklagten bevollmächtigte Rechtsanwälte und machten geltend, der Beklagte habe weder die Klageschrift noch das Versäumnisurteil erhalten, da er unter der Anschrift C. Weg 61 in Hm. wohne. Nachdem ihnen die Blätter 1 bis 21 der Prozessakten am 23.8.2001 zugestellt wurden, ging am 4.9.2001 beim LG die Einspruchsschrift des Beklagten nebst Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand ein.
Das LG hat den Antrag auf Wiedereinsetzung zurückgewiesen und den Einspruch gegen des Versäumnisurteil als unzulässig verworfen. Gegen diese, seinen Bevollmächtigten am 15.11.2001 zugestellte Entscheidung wendet sich der Beklagte mit der am 28.11.2001 beim LG eingegangenen sofortigen Beschwerde.
Auf die Entscheidung über die sofortige Beschwerde sind die Vorschriften der ZPO in der am 31.12.2001 geltenden Fassung anzuwenden, da die angefochtene Entscheidung vor dem 1.1.2002 ergangen ist (§ 26 Nr. 10 EGZPO). Das danach gem. §§ 341 Abs. 2 S. 2, 577 ZPO a.F. zulässige Rechtsmittel hat in der Sache keinen Erfolg. Zutreffend ist das LG davon ausgegangen, dass der Einspruch des Beklagten gegen das Versäumnisurteil verspätet erfolgte, ohne dass die Wiedereinsetzung rechtfertigende Gründe ersichtlich sind, womit der Einspruch gegen das Versäumnisurteil als unzulässig verworfen werden musste (§§ 338, 339 Abs. 1, 341 Abs. 1 S. 2, Abs. 2 S. 1 ZPO a.F.).
Die Einspruchsfrist gegen das Versäumnisurteil beträgt 2 Wochen, beginnend mit der Zustellung der Säumnisentscheidung (§ 339 Abs. 1 ZPO). Da der Beginn der Einspruchsfrist allein von der wirksamen Zustellung des Versäumnisurteils abhängt, kommt es nicht auf den Lauf des Verfahrens bis zum Erlass des Versäumnisurteils an. Die Frage, ob das Versäumnisurteil nach § 335 ZPO hätte erlassen werden dürften, stellt sich danach nicht (BGH VersR 1973, 715). Ob dies auch für den Fall der nicht wirksam erfolgten Klagezustellung (§§ 253 Abs. 1, 261 Abs. 1, 270 Abs. 2 S. 1 ZPO) gilt, kann offen bleiben. Sowohl die Klageschrift als auch das Versäumnisurteil sind dem Beklagten unter der Anschrift S. 14 in Hm. durch Niederlegung zugestellt worden.
Die Ersatzzustellung durch Niederlegung nach §§ 317 Abs. 1, 310 Abs. 3, 208, 211 Abs. 1, 193, 195 Abs. 1, 182 ZPO setzt einen Zustellungsversuch in der Wohnung des Beklagten voraus, bei dem der Beklagte nicht angetroffen wurde. Dies hat der Zustellungsbeamte selbstständig zu überprüfen. Wer deshalb die Fehlerhaftigkeit der Ersatzzustellung behauptet, weil eine ihrer gesetzlichen Voraussetzungen nicht vorlagen, hat...