Entscheidungsstichwort (Thema)

Kein Rechtsschutzinteresse für Anfechtung der Vaterschaft bei Anerkennung der Vaterschaft durch einen Dritten und Zustimmung der Mutter

 

Leitsatz (amtlich)

Erkennt ein Dritter fristgerecht die Vaterschaft an - und stimmt die Mutter zu - fehlt einer Anfechtung der Vaterschaft grundsätzlich das Rechtsschutzinteresse, da mit der Zustimmung nach § 1599 Abs. 2 BGB dasselbe Ziel einfacher und kostengünstiger erreicht werden kann.

 

Normenkette

BGB § 1599 Abs. 2; ZPO § 114

 

Verfahrensgang

AG Dessau (Beschluss vom 15.05.2007; Aktenzeichen 3 F 550/06)

 

Tenor

1. Die sofortige Beschwerde des Klägers gegen den Beschluss des AG - FamG - Dessau vom 15.5.2007 - 3 F 550/06 (Kl), wird zurückgewiesen.

2. Der Kläger trägt die Gerichtsgebühr des Beschwerdeverfahrens; außergerichtliche Kosten werden nicht erstattet.

3. Die Rechtsbeschwerde ist nicht zugelassen.

 

Gründe

I. Der Kläger war mit der gesetzlichen Vertreterin der Beklagten, der Kindesmutter Y. St. verheiratet. Durch Urteil des AG - FamG - Dessau vom 14.6.2006 - 3 F 308/05 S, wurde die Ehe mit Rechtskraft zum 15.8.2006 geschieden (Bl. 6 ff. d.A.).

Noch während des laufenden Scheidungsverfahrens wurde von der vormaligen Ehefrau des Klägers am 5.6.2006 die minderjährige Beklagte geboren.

Mit Urkunde des Jugendamtes der Stadt Dessau vom 6.2.2007, Urkunden-Register-Nummer: 00083/2007, hat sodann der Lebensgefährte der Kindesmutter, M. G., die Vaterschaft betreffend die Beklagte mit Zustimmung der Kindesmutter anerkannt (Bl. 27 d.A.).

Mit Schreiben vom 14.2.2007 (Bl. 28 d.A.) übermittelte das Jugendamt der Stadt Dessau dem Kläger eine beglaubigte Abschrift der vorbezeichneten Urkunde und forderte diesen auf, um das wahrhaftige Eltern-Kind-Verhältnis "herstellen" zu können, seine Zustimmung zur Vaterschaftsanerkennung des M. G. kostenfrei durch Urkunde vor einem Jugendamt bis zum 6.3.2007 zu erklären.

Der Kläger hatte indes bereits zuvor mit Schriftsatz vom 5.12.2006, eingegangen beim AG Dessau am 7.12.2006, Vaterschaftsanfechtungsklage hinsichtlich der Beklagten erhoben, für die er beantragt hatte, ihm Prozesskostenhilfe zu bewilligen.

Das AG hat, nachdem für die Beklagte gemäß den §§ 1629 Abs. 2, 1697, 1795 Abs. 1 Nr. 3, 1909 Abs. 1 BGB durch Beschl. v. 16.4.2005 - 3 F 8/07 RE (Bl. 19 d.A.), eine Ergänzungspflegschaft für die Vertretung des Kindes im Anfechtungsverfahren eingerichtet worden war, das Prozesskostenhilfegesuch des Klägers mit Beschluss vom 15.5.2007 (Bl. 11 PKH-Beiheft des Klägers) mit der Begründung zurückgewiesen, dass für die Anfechtungsklage bereits das Rechtsschutzbedürfnis fehle, da der Kläger in viel einfacherer Weise durch Anerkennung der Zustimmungserklärung gem. § 1599 Abs. 2 BGB das Klageziel hätte erreichen können.

Gegen diese Entscheidung wendet sich der Kläger mit seiner sofortigen Beschwerde.

Er ist der Ansicht, dass er sehr wohl ein Rechtsschutzbedürfnis für die Anfechtungsklage habe, zumal er bei Klageeinreichung noch nichts von dem späteren Vaterschaftsanerkenntnis der wahren Kindesvaters gewusst habe. Im Übrigen könne das erst später abgegebene Anerkenntnis auf die Bewilligung der beantragten Prozesskostenhilfe keine Auswirkung haben, da das AG alsbald über sein Prozesskostenhilfegesuch hätte entscheiden müssen.

II. Die gem. § 127 Abs. 2 Satz 2 ZPO i.V.m. § 567 Abs. 1 Nr. 1 ZPO statthafte und auch im Übrigen zulässige, insbesondere form- und fristgerecht gem. § 569 ZPO i.V.m. § 127 Abs. 2 Satz 3 ZPO eingelegte sofortige Beschwerde des Klägers gegen den Beschluss des AG - FamG - Dessau vom 15.5.2007, auf Grund dessen ihm die begehrte Prozesskostenhilfe für die Vaterschaftsanfechtungsklage gem. § 1599 Abs. 1 BGB nicht gewährt worden ist, hat in der Sache keinen Erfolg. Im Ergebnis zu Recht hat das AG dem Kläger die gewünschte Prozesskostenhilfe für das Klageverfahren versagt, ist doch die Rechtsverfolgung des Klägers mutwillig i.S.v. § 114 ZPO.

Mutwillig ist eine Rechtsverfolgung dann, wenn eine verständige, nicht hilfsbedürftige, d.h. also ausreichend vermögende Partei über ihre Rechte nicht in gleicher Weise verfolgen würde. Dies ist insbesondere dann der Fall, wenn das mit der Klage verfolgte Ziel einfacher und kostengünstiger von ihr erreicht werden könnte (vgl. OLG Karlsruhe FamRZ 2001, 232 ff.; Philippi, in: Zöller, 26. Aufl., § 114 ZPO, Rz. 30).

Nach den neuen Regelungen des Abstammungsrechts besteht neben dem Weg der gesetzlichen Klärung der wahren Vaterschaft in einem vom Offizial- und Untersuchungsgrundsatz beherrschenden Statusprozess die Möglichkeit der außerprozessualen freien Ab- und Anerkennung der Vaterschaft durch einen gemeinsamen Akt der Privatautonomie. Dieser lässt grundsätzlich die Möglichkeit einer gleichzeitigen Anfechtungsklage unberührt (vgl. OLG Karlsruhe FamRZ 2001, 232 ff.; OLG Köln, FamRZ 2005, 743 ff., Gaul, Die neue Regelung des Abstammungsrechts durch das KindRG, FamRZ 1997, 1441 ff.).

Nach § 1599 Abs. 2 BGB gilt der Kläger als damaliger Ehemann und die Mutter der Beklagten entgegen der Vaterschaftsver...

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