Entscheidungsstichwort (Thema)

Prozesskostenhilfe im Ehescheidungsverfahren: Erstreckung der Bewilligung auf ein wieder aufgenommenes Versorgungsausgleichsverfahren

 

Leitsatz (amtlich)

Die in einem Scheidungsverfahren bewilligte Prozesskostenhilfe erstreckt sich auch auf solche Versorgungsausgleichsverfahren, die im Scheidungsverbund vor dem 1.9.2009 gem. § 2 VAÜG ausgesetzt worden sind und über die nach Wiederaufnahme nach dem seit dem 1.9.2009 geltenden neuen Recht zu entscheiden ist. Für eine (erneute) Bewilligung von Verfahrenskostenhilfe für das wieder aufgenommene Versorgungsausgleichsverfahren ist deshalb grundsätzlich kein Raum mehr (in Abweichung zum 8. Zivilsenat, zugleich 2. Senat für Familiensachen, OLG Naumburg, Beschl. v. 4.3.2010 - 8 WF 33/10).

 

Normenkette

VAÜG § 2; ZPO § 114

 

Verfahrensgang

AG Köthen (Beschluss vom 15.07.2010; Aktenzeichen 11 F 484/09)

 

Tenor

Die sofortige Beschwerde des Antragsgegners gegen den Beschluss des AG - Familiengerichts - Köthen vom 15.7.2010 wird zurückgewiesen.

Die Gebühr des Beschwerdeverfahrens trägt der Antragsgegner; Kosten werden nicht erstattet.

Die Rechtsbeschwerde ist zugelassen.

 

Gründe

In dem Ehescheidungsverfahren 3 F 68/94 AG Köthen hatte das AG dem An-tragsgegner Prozesskostenhilfe auch für die Verbundsache Versorgungsausgleich bewilligt. Durch Beschluss in diesem Verfahren vom 23.8.1994 wurde der Versorgungsausgleich gem. § 628 ZPO abgetrennt und mit weiterem Beschluss vom 28.12.1995 wurde der Versorgungsausgleich gem. § 2 VAÜG ausgesetzt; die Ehe wurde durch Urteil vom 23.8.1994 geschieden.

Der Antragsgegner hat beantragt, ihm für das jetzt wieder aufgenommene Verfahren über den Versorgungsausgleichs Verfahrenskostenhilfe zu bewilligen. Das AG hat durch die angefochtene Entscheidung den Antrag des Antragsgegners zurückgewiesen. Dagegen hat der Antragsgegner Beschwerde eingelegt. Dass AG hat der Beschwerde nicht abgeholfen und die Sache vorgelegt.

Die Beschwerde ist zulässig (§§ 76 Abs. 1 und 2 FamFG, 127 Abs. 2, 567 ff. ZPO); sie hat keinen Erfolg.

Der Senat tritt in vollem Umfange der Auffassung des AG bei, das ausgeführt hat,

dass sich die (frühere) Bewilligung von Prozesskostenhilfe im Scheidungsverfahren 3 F 68/94 (AG Köthen) auch auf das wieder aufgenommene Versorgungsausgleichsverfahren erstrecke und daher ein Rechtsschutzbedürfnis für eine erneute Bewilligung fehle.

Das AG geht weiter zu Recht davon aus, dass der durch Art. 23 Satz 2 Nr. 4 VAStrRefG aufgehobene § 2 VAÜG in entsprechender Anwendung des § 628 ZPO a.F. die Möglichkeit vorgesehen hatte, über den Scheidungsantrag dann vorab zu entscheiden, wenn der Versorgungsausgleich abgetrennt wird und eine solche Abtrennung keine echte Verfahrenstrennung mit der Folge war, dass der Versorgungsausgleich später als selbständige Familiensache fortzusetzen ist. Das Versorgungsausgleichsverfahren war mit der Aussetzung durch Beschluss vom 28.12.2005 nicht beendet.

Daran änderten, worauf das AG weiter zu Recht hinweist, die materiell-rechtlichen und verfahrensrechtlichen Neuregelungen, die seit dem 1.9.2009 gelten, nichts, weil auch nach neuem Recht (§ 137 Abs. 5 FamFG) Versorgungsausgleichssachen nach Abtrennung Folgesachen bleiben. Art. 111 Abs. 4 FGG-RG steht dem nicht entgegen - auch darin ist dem AG zu folgen. Denn nach der Gesetzesbegründung sollte damit lediglich ein Gleichlauf zur Übergangsregelung des § 48 VersAusglG hergestellt werden (vgl. BT-Drucks. 16/11903); neues Verfahrensrecht sollte auch auf am 1.9.2009 abgetrennte Verfahren Anwendung finden, der Charakter als Folgesache sollte nicht entfallen (so auch OLG Brandenburg, Beschl. v. 12.5.2010 - 15 WF 125/10; OLG Rostock vom 19.7.2010 -10 WF 106/10 und vom 14.7.2010 -10 UF 71/10; OLG Braunschweig vom 16.3.2010 - 3 WF 23/10).

Die Kostenentscheidung beruht auf § 3 Abs. 2 FamGKG, Nr. 1912 Anlage FamGKG, §§ 76 Abs. 2 FamFG, § 127 Abs. 4 ZPO.

Angesichts der gegenteiligen Auffassung des 8. Zivilsenates des OLG Naumburg hat der Senat die Rechtsbeschwerde nach §§ 76 Abs. 2 FamFG, § 574 Abs. 1 und 2 Nr. 1 ZPO zugelassen.

Rechtsmittelbelehrung:

Die Rechtsbeschwerde ist binnen einer Frist von einem Monat nach schriftlicher Bekanntmachung des Beschlusses durch Einreichen einer Beschwerdeschrift beim

BGH in Karlsruhe

Postanschrift: BGH

D-76125 Karlsruhe

einzulegen.

Die Rechtsbeschwerdeschrift ist zu unterschreiben.

Die Rechtsbeschwerde kann wirksam nur durch einen beim BGH in Karlsruhe zugelassenen Rechtsanwalt eingelegt werden.

 

Fundstellen

Haufe-Index 2466435

FamRZ 2011, 125

FamFR 2010, 515

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