Leitsatz (amtlich)

Der Träger der gesetzlichen Rentenversicherung hat die Kosten eines Rechtsmittelverfahrens dann zu tragen, wenn aufgrund einer neuen Rentenauskunft die Änderung der erstinstanzlichen Entscheidung erfolgt, die korrigierte Rentenauskunft bei Anwendung der im Rechtsverkehr erforderlichen Sorgfalt jedoch unschwer sofort hätte erteilt werden können und es dann eines Rechtsmittels nicht bedurft hätte.

 

Verfahrensgang

AG Magdeburg (Aktenzeichen 272 F 65/01)

 

Tenor

1. Auf die befristete Beschwerde der Bundesversicherungsanstalt für Angestellte wird das Urteil des Amtsgerichtes – FamG – Magdeburg vom 20.11.2001 – 272 F 65/01, hinsichtlich Ziff. 2 und 3 der Entscheidungsformel aufgehoben und der Versorgungsausgleich insgesamt wie folgt neu geregelt:

a) Von dem Versicherungskonto der Ehefrau bei der Bundesversicherungsanstalt für Angestellte, Vers.-Nr.:…, werden, bezogen auf den 30.6.2001 als Ende der Ehezeit, angleichungsdynamische Rentenanwartschaften i.H.v. monatlich 11,81 DM (= 6,04 Euro) auf das Versicherungskonto des Ehemannes bei der Landesversicherungsanstalt Sachsen-Anhalt, Vers.-Nr.:…, übertragen.

b) Der Monatsbetrag der übertragenen Rentenanwartschaften ist in Entgeltpunkte (Ost) umzurechnen.

2. Die Kosten des Beschwerdeverfahrens fallen der Bundesversicherungsanstalt für Angestellte zur Last.

3. Der Streitwert für das Beschwerdeverfahren wird auf 500,00 Euro festgesetzt.

 

Gründe

I. Durch Urteil vom 20.11.2001 (Bl. 27–30 d.A.) hat das AG Magdeburg die Ehe der Parteien geschieden und unter Ziff. 2 und 3 des Tenors den Versorgungsausgleich zweigleisig zu Gunsten des Ehemannes (Antragsgegners) geregelt.

Von dem Versicherungskonto der Ehefrau (Antragstellerin) bei der Bundesversicherungsanstalt für Angestellte (BfA) sind dabei, ausgehend von den am 25. September und 11.10.2001 erteilten Auskünften der Versorgungsträger (Bl. 15, 30 UA-VA), wonach während der Ehezeit (1.4.1995 bis 30.6.2001 gem. § 1587 Abs. 2 BGB) der Ehemann angleichungsdynamische Rentenanwartschaften i.H.v. 234,51 DM bei der Landesversicherungsanstalt Sachsen-Anhalt (LVA) und die Ehefrau bei der BfA sowohl angleichungsdynamische i.H.v. 245,46 DM als auch nichtangleichungsdynamische Rentenanwartschaften i.H.v. 21,10 DM erworben habe, im Wege des Splittings Rentenanwartschaften i.H.v. 5,48 DM Ost und 10,55 DM West auf das Versicherungskonto des Ehemannes bei der LVA übertragen worden.

Gegen die Entscheidung zum Versorgungsausgleich richtet sich, in formeller Hinsicht bedenkenfrei, die Beschwerde der BfA (Bl. 39 d.A.), die, unter Hinweis auf eine nach Erlass des Urteils ihrerseits neu erstellte Auskunft vom 18.12.2001 (Bl. 40 UA-VA), zur Begründung ausführt, die Ehefrau habe während der Ehezeit, wie sich bei einer Überprüfung des Versicherungsverlaufs herausgestellt habe, nur angleichungsdynamische Rentenanwartschaften i.H.v. 258,12 DM erworben.

II. 1. Die gem. den §§ 629a Abs. 2 S. 1, 621e Abs. 1 ZPO in Verb. mit § 621 Abs. 1 Nr. 6 ZPO statthafte befristete Beschwerde der BfA ist form- und fristgerecht eingelegt und begründet worden. Sie ist auch im Übrigen zulässig.

Auf eine – hier nicht erreichte – Mindestbeschwer kommt es, im Gegensatz zur Berufung, nicht an, wie schon, nach Maßgabe der Übergangsvorschrift des § 26 Nr. 10 EGZPO, aus der fehlenden Bezugnahme auf § 511a ZPO a.F. in § 621e Abs. 3 S. 2 ZPO a.F. erhellt (vgl.: OLG Bamberg v. 15.10.1996 – 7 UF 108/96, FamRZ 1998, 305; Philippi in Zöller, ZPO, 22. Aufl., 2001, § 621e Rz. 16; a.A. in Bezug auf das Rechtsschutzbedürfnis minimaler Korrekturen erstrebender Beschwerden: OLG München v. 17.9.1981 – 4 UF 175/81, FamRZ 1982, 187, und OLG Dresden v. 19.1.1996 – 11 UF 402/95, FamRZ 1996, 742). Die Beschwerdebefugnis ist auch unabhängig von einer finanziellen Mehrbelastung der Beschwerde führenden Versicherungsanstalt (BGH v. 12.11.1982 – IVb ZB 712/80, NJW 1981, 1274).

Die BfA ist vielmehr allein auf Grund des nach ihrem Vortrag gesetzeswidrig durchgeführten Versorgungsausgleichs in ihrem in Art. 20 Abs. 3 GG verankerten Recht auf Gewährleistung einer gesetzeskonformen Verwaltung beeinträchtigt (s. dazu beispielhaft: Sedemund-Treiber, in: Johannsen/Henrich, Eherecht, 3. Aufl., 1998, § 621e ZPO Rz. 9 m.w.N. nam. aus der Rechtsprechung) und damit gem. § 20 Abs. 1 FGG, welche Regelung über § 621a Abs. 1 S. 1 ZPO Anwendung findet, zur Beschwerde berechtigt.

2. Das Rechtsmittel hat auch in der Sache, allerdings lediglich auf Grund der korrigierten Rentenauskunft der Beschwerdeführerin, Erfolg.

Die Durchführung des Versorgungsausgleichs unterliegt gem. § 1 Abs. 1 VAÜG den besonderen Bestimmungen des Versorgungsausgleichs-Überleitungsgesetzes (VAÜG), weil die Ehezeit vor der so genannten Einkommensangleichung nach § 1 Abs. 4 VAÜG geendet hat und beide Ehegatten, was zugleich nach § 2 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 lit. a VAÜG die Durchführung des Versorgungsausgleichs bereits vor der Einkommensangleichung ermöglicht, lediglich angleichungsdynamische Rentenanwartschaften i.S.d. § 1 Abs. 2 Nr. 1 VAÜG in der Ehezeit ...

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