Leitsatz (amtlich)

Hat ein Handelsvertreter die ihm zur Verfügung gestellten Kundenlisten bei Beendigung des Handelsvertretervertrages vertragswidrig nicht an den Unternehmer zurückgegeben, wird dem neuen Unternehmer in dessen Dienste der Handelsvertreter eingetreten ist, ein wettbewerbswidriges Verhalten des Handelsvertreters durch die Verwendung dieser Kundenlisten nicht gem. § 13 Abs. 4 UWG zugerechnet.

 

Verfahrensgang

LG Dessau (Urteil vom 21.11.2003; Aktenzeichen 3 O 1/03)

 

Tenor

I. Auf die Berufung der Klägerin wird unter Zurückweisung ihres weiter gehenden Rechtsmittels das am 21.11.2003 verkündete Urteil der 3. Zivilkammer - Kammer für Handelssachen - des LG Dessau teilweise abgeändert und zur Klarstellung insgesamt neu gefasst.

II. Der Beklagte zu 1) wird verurteilt, es bei Meidung eines für jeden Fall der Zuwiderhandlung festzusetzenden und fälligen Ordnungsgeldes bis 250.000 Euro, ersatzweise Ordnungshaft bis zu sechs Monaten, im Wiederholungsfall bis zu zwei Jahren, oder Ordnungshaft bis zu sechs Monaten, zu unterlassen, Anschriften von Kunden der Klägerin, die der Beklagte zu 1) alleine den ihm von der Klägerin im Zuge des Handelsvertreterverhältnisses überlassenen Kundenlisten, die er bei Beendigung des Handelsvertretervertrages mit Ablauf des 31.12.1999 als Originalunterlagen oder als Kopien in jeder Form zurückgehalten hat, entnommen hat und/oder entnimmt, für den Verkauf von Weinen, Schaumweinen und Spirituosen zu verwerten und/oder verwerten zu lassen, insb. diese Kunden anzurufen, anzuschreiben und/oder diese Kunden aufzusuchen, soweit er nicht vorher von den Kunden aus eigenem Antrieb und Willen zu diesen Handlungen aufgefordert worden ist.

III. Der Beklagte zu 1) wird verurteilt, der Klägerin vollständig Auskunft über die von ihm im Zeitraum vom 1.1.2000 bis zum 1.7.2004 erzielten Verkaufsumsätze mit den in Ziff. II des Tenors beschriebenen Kunden zu erteilen.

IV. Es wird festgestellt, dass der Beklagte zu 1) dem Grunde nach verpflichtet ist, der Klägerin allen Schaden zu ersetzen, der dieser durch die in Ziff. II des Tenors enthaltenen Handlung des Beklagten zu 1) entstanden ist.

V. Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.

VI. Die Kosten des Rechtsstreites in beiden Rechtszügen werden wie folgt verteilt:

Von den Gerichtsgebühren haben die Klägerin 75 %und der Beklagte zu 1) 25 % zu tragen.

Von den außergerichtlichen Kosten der Klägerin hat der Beklagte zu 1) 1/4 zu tragen.

Die außergerichtlichen Kosten des Beklagten zu 1) werden der Klägerin zu 35 % auferlegt.

Die außergerichtlichen Kosten der Beklagten zu 2.) werden der Klägerin auferlegt.

Im Übrigen sind die außergerichtlichen Kosten jeweils selbst zu tragen.

VII. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Die Klägerin kann die Vollstreckung des Beklagten zu 1) durch Sicherheitsleistung i.H.v. 2.000 Euro abwenden, wenn nicht der Beklagte zu 1) vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

Der Beklagte zu 1) kann die Vollstreckung der Klägerin durch Sicherheitsleistung i.H.v. 2.400 Euro abwenden, wenn nicht die Klägerin vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

Die Klägerin kann die Vollstreckung der Beklagten zu 2) durch Sicherheitsleistung i.H.v. 5.500 Euro abwenden, wenn nicht die Beklagte zu 2) vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

und beschlossen:

VIII. Der Streitwert für den Berufungsrechtszug wird auf 92.805,79 Euro festgesetzt und davon abweichend für die Gebühren des Prozessbevollmächtigten der Beklagten zu 2) auf 45.000 Euro und für die Gebühren der Prozessbevollmächtigten der Klägerin und der Beklagten zu 2) gem. § 31 Abs. 1 Ziff. 3 BRAGO (Beweisgebühr) auf 45.000 Euro.

 

Gründe

I. Die Klägerin begehrt von dem Beklagten zu 1) die Zahlung einer Vertragsstrafe, hilfsweise einer Lizenzgebühr und von beiden Beklagten die Unterlassung der Verwertung von Anschriften der durch sie, die Klägerin, geworbenen Kunden sowie Auskunft über die durch die Verwertung der Kundenanschriften der Klägerin erzielten Verkaufsumsätze und Feststellung der Haftung auf Schadensersatz. Die Klägerin und die Beklagte zu 2) vertreiben jeweils Weine aus Europäischen und außereuropäischen Weinanbaugebieten über angestellte Weinberater und selbständige Handelsvertreter an Endverbraucher.

Die Klägerin und der Beklagte zu 1) schlossen am 25.4.1991 einen Vertrag über die Tätigkeit des Beklagten zu 1) als selbständiger Handelsvertreter (Bl. 15-19 im Anlagenband der Klägerin). Das Vertragsverhältnis endete durch Auflösungsvereinbarung vom 3.1.2000 mit Wirkung zum 31.12.1999 einschließlich. Der Beklagte zu 1) war danach bei der Beklagten zu 2) und nachfolgend bei einer Tochtergesellschaft der Beklagten zu 2) beschäftigt, wobei auch dieses Beschäftigungsverhältnis nach dem Vortrag der Beklagten zu 2) aufgrund der von der Klägerin erhobenen Vorwürfe inzwischen beendet ist. Im Handelsvertretervertrag zwischen der Klägerin und dem Beklagten zu 1) ist in Ziff. 7. 1 geregelt (vgl. Bl. 17 Anlagenband der Klägerin), dass Namen, Anschriften etc. vo...

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