Leitsatz (amtlich)

1. Gegen einen Handelsvertreter ist ein Unterlassungsanspruch auf Verwertung jeglicher Kundendaten begründet, wenn er nach seinem Ausscheiden Kundenlisten eines früheren Unternehmens, die er unbefugt an sich gebracht hat, verwertet.

2. Eine Verwertung eines Geheimnisses, das über das bloße Innehaben des Willens hinausgeht, umfasst jede wirtschaftliche Nutzung zur Gewinnerzielung oder Kostensenkung.

 

Normenkette

UWG §§ 1, 17; BGB § 1004

 

Verfahrensgang

LG Saarbrücken (Aktenzeichen 7 I O 156/00)

 

Tenor

1. Die Berufung der Klägerin gegen das am 17.10.2001 verkündete Teilurteil des LG in Saarbrücken – 7 I O 156/00 – wird zurückgewiesen.

2. Die Kosten des Berufungsverfahrens fallen der Klägerin zur Last.

3. Das Urteil ist gegen Sicherheitsleistung i.H.v. 5.000 EURO vorläufig vollstreckbar.

4. Der Wert der durch diese Entscheidung begründeten Beschwer der Klägerin wird auf 20.451,68 EURO (= 40.000 DM festgesetzt.

5. Die Revision wird nicht zugelassen.

 

Tatbestand

Die Klägerin und weitere Schwestergesellschaften befassten sich mit dem Vertrieb von Weinen, Schaumweinen, Spirituosen und Fruchtsäften. Die Beklagten zu 1) und 2) betrieben mit dem inzwischen verstorbenen Beklagten zu 3), gegen den das Verfahren unterbrochen ist, in der Rechtsform einer Gesellschaft bürgerlichen Rechts das Wein-Handelshaus E.. In einem Ermittlungsverfahren der Staatsanwaltschaft Saarbrücken (33 Js 1038/98) wurden die Geschäftsräume des Wein-Handelshaus E. und der Beklagten zu 1) und 3) durchsucht. Beim Beklagten zu 1) wurden Kundenlisten der Firma R.I.-GmbH und beim Beklagten zu 3) Kundenlisten der Firma P.L.-GmbH aufgefunden. Beide Gesellschaften haben die Beklagten des vorliegenden Rechtsstreits auf Unterlassung der Verwertung ihrer Kundenlisten, Auskunftserteilung und Feststellung der Schadensersatzpflicht in Anspruch genommen.

Mit der Behauptung, die Beklagten verwerteten auch ihre eigene Kundenliste, hat die Klägerin die Beklagten auf Unterlassung in Anspruch genommen.

Die Klägerin hat beantragt (Bl. 103, 74, 2 d.A.), den Beklagten bei Meidung eines für jeden Fall der Zuwiderhandlung festzusetzenden Ordnungsgeldes von bis zu 500.000 DM, ersatzweise Ordnungshaft von bis zu 6 Monaten, im Wiederholungsfalle Ordnungshaft bis zu 2 Jahren, zu untersagen, Kundenanschriften der Klägerin zwecks Verkauf von Wein, Schaumwein, Spirituosen und Fruchtsäften zu verwerten oder verwerten zu lassen oder an Dritte weiterzugeben, die sich auf Originalkundenaufträgen auf Bestellformularen der Klägerin oder in Form von Kundenlisten im Jahre 1998 und 1999 im Besitz des Wein-Handelshauses E. befanden bzw. noch befinden.

Durch das angefochtene Teilurteil (Bl. 106–111 d.A.), auf dessen tatsächliche Feststellungen ergänzend Bezug genommen wird, hat das LG die Klage abgewiesen. Nach Auffassung des LG ist weder eine Wiederholungsgefahr noch eine Erstbegehungsgefahr gegeben, weil nicht nachgewiesen sei, dass die Beklagten in der Vergangenheit Kundenanschriften der Klägerin verwendet hätten oder die Absicht hegten, künftig Kundenanschriften der Klägerin zu verwerten.

Gegen dieses Urteil richtet sich die Berufung der Klägerin, die im Blick auf die in dem Parallelverfahren gewonnenen Beweisergebnisse eine Wiederholungs- bzw. Erstbegehungsgefahr als begründet erachtet.

Die Klägerin beantragt (Bl. 220, 150 d.A.), den Beklagten unter Abänderung des angefochtenen Teilurteils bei Meidung eines für jeden Fall der Zuwiderhandlung festsetzenden Ordnungsgeldes von bis zu 255.646,94 EURO, ersatzweise Ordnungshaft von bis zu 6 Monaten, im Wiederholungsfalle Ordnungshaft bis zu 2 Jahren, zu untersagen, Kundenanschriften der Klägerin zwecks Verkauf von Wein, Schaumwein, Spirituosen und Fruchtsäften zu verwerten oder verwerten zu lassen oder an Dritte weiterzugeben, die sich auf Originalkundenaufträgen, auf Bestellformularen der Klägerin oder in Form von Kundenlisten im Jahre 1998 und 1999 im Besitz des Wein-Handelshauses E. befanden bzw. befinden.

Die Beklagten treten dem Berufungsvorbringen entgegen und beantragen die Zurückweisung des Rechtsmittels.

 

Entscheidungsgründe

Die form- und fristgerecht eingelegte sowie ordnungsgemäß begründete Berufung der Klägerin ist zulässig, bleibt aber aus den zutreffenden Gründen der angefochtenen Entscheidung in der Sache ohne Erfolg.

I. Die Ansprüche der Klägerin auf Unterlassung der Verwertung ihrer Kundendaten (§§ 1, 17 UWG) sind unbegründet, weil konkrete Verwertungshandlungen als Voraussetzung einer Wiederholungs- oder Erstbegehungsgefahr nicht erwiesen sind.

1. Eine Verletzung der Strafvorschrift des § 17 Abs. 2 UWG verstößt immer gegen die guten Sitten, so dass ein Anspruch unmittelbar aus § 1 UWG, aber auch aus §§ 823, 826 BGB in Betracht kommt. Überdies widerspricht es ohne weiteres der Berufsauffassung eines ordentlichen Kaufmanns, wenn sich der Handelsvertreter unter Verstoß gegen § 17 Abs. 2 UWG Aufzeichnungen aus der ihm von seinem Unternehmen überlassenen Kundenkartei zum Zwecke der Verwertung im Wettbewerb für ein Konkurrenzunt...

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