Entscheidungsstichwort (Thema)

Insolvenzverfahren: Anfechtbarkeit der Umwandlungserklärung einer Rentenversicherung

 

Normenkette

InsO §§ 35, 36 Abs. 1, § 129 Abs. 1, § 133 Abs. 1, § 148; ZPO § 851c; VVG § 173

 

Verfahrensgang

LG Magdeburg (Urteil vom 12.08.2010; Aktenzeichen 10 O 465/10)

 

Tenor

Auf Berufung der Klägerin wird das am 12.8.2010 verkündete Urteil der 10. Zivilkammer des LG Magdeburg abgeändert und wie folgt neu gefasst:

Der Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin den Rentenversicherungsschein Nummer ... der Z. AG (vormals L.) herauszugeben.

Der Beklagte trägt die Kosten des Rechtsstreits.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Der Streitwert für das Berufungsverfahren beträgt 16.827,59 EUR.

 

Gründe

I. Die Klägerin begehrt als Insolvenzverwalterin des Vermögens des Beklagten die Herausgabe des Versicherungsscheins Nr ... über eine Rentenversicherung bei der Z. AG (im Folgenden Z.).

Der Beklagte gab am 21.8.2007 die eidesstattliche Versicherung ab. Die Gläubiger J. und C. E. stellten am 29.10.2007 bei dem AG Oschersleben eingehend einen Antrag auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens über das Vermögen des Beklagten. Daraufhin wurde die Klägerin durch Beschluss vom 14.11.2007 zur Gutachterin bestellt.

Am 13.3.2008 übermittelte die Z. an die Klägerin auf deren Anfrage Informationen über eine mit ihr abgeschlossene Rentenversicherung des Beklagten Nr .... Nach dem Erhalt des Insolvenzgutachtens von der Klägerin bat der Beklagte mit Schreiben vom 6.5.2008 die Z. um Erteilung einer Verfügungsbeschränkung zur Sicherstellung von Pfändungsschutz für seinen Rentenversicherungsvertrag. Der spätere Prozessbevollmächtigte des Beklagten wiederholte die Bitte des Schuldners um Verfügungsbeschränkung mit Schreiben vom 8.5.2008; er erklärte, dass der Vertrag nur im Rentenbezug nach dem 65. Lebensjahr in Anspruch genommen werden könne, dass auf das Kapitalwahlrecht verzichtet werde, dass im Todesfall die Ehefrau des Beklagten bezugsberechtigt sei und dass die Verfügungsbeschränkungen unwiderruflich seien. Die Z. bestätigte mit Schreiben vom 19.5.2008 die Umwandlung.

Am 8.7.2008 eröffnete das AG Magdeburg das Insolvenzverfahren über das Vermögen des Beklagten und bestellte die Klägerin zur Insolvenzverwalterin. Sie kündigte mit Schreiben vom 28.7.2008 die Rentenversicherung des Beklagten Nr ... bei der Z.. Diese bestätigte mit Schreiben vom 6.8.2008 die Kündigung, rechnete über einen Auszahlungsbetrag von 16.827,59 EUR ab und bat - "zur abschließenden Bearbeitung" - um Vorlage des Versicherungsscheins. Unter dem 26.9.2008 teilte die Z. dann mit, dass der Vertrag dem Pfändungsschutz unterliege. Der Versicherungsnehmer habe von seinem Umwandlungsrecht Gebrauch gemacht, weswegen sie einer Auszahlung nicht zustimmen könne. Der Beklagte verweigert bis heute die Herausgabe des Versicherungsscheins an die Klägerin. Die Z. kündigte an, dass sie bei einem Obsiegen der Klägerin die Versicherungssumme an die Klägerin zahlen werde.

Die Klägerin hat beantragt, den Beklagten zu verurteilen, an die Klägerin die Police Nummer ... der Z. Aktiengesellschaft, S. straße 27-37, F. herauszugeben.

Der Beklagte hat beantragt, die Klage abzuweisen.

Das LG Magdeburg hat die Klage mit Urteil vom 12.8.2010 abgewiesen. Zur Begründung ist ausgeführt, dass der Pfändungsschutz des § 851c ZPO vorrangig gegenüber einer Anfechtung der Erklärung des Schuldners vom 6.5.2008 nach §§ 129 ff., 132 InsO sei. Mit der Ausübung der Option einer pfändungsfreien und insolvenzfesten Altersvorsorge trete der Pfändungsschutz ein. Die Auslegung des Wortes "jederzeit" in § 167 VVG sei eindeutig. Jene Möglichkeit könne zu jeder Zeit in Anspruch genommen werden. Dem Gedanken, dass ein pfändungsfreier Betrag dem Schuldner in seiner Rentenzeit als Äquivalent für erarbeiteten "Lebenslohn" zustehen müsse, komme eine solche Bedeutung zu, dass §§ 851c ZPO bzw. 167 ff. VVG in diesem Sinne verfassungskonform auszulegen seien.

Hiergegen wendet sich die Klägerin mit ihrer Berufung. Zur Begründung ist ausgeführt, dass sich der Beklagte auf die Umwandlungserklärung vom 6.5.2008 und den daraus resultierenden Pfändungsschutz nicht berufen könne, weil jene Erklärung gem. § 132 Abs. 2 InsO anfechtbar sei. Die Anfechtungsregeln seien auf Umwandlungserklärungen in der Krise anwendbar. Der Gesetzgeber habe mit § 167 VVG und § 851c ZPO nur die Möglichkeit einer pfändungs- und insolvenzfesten Altersvorsorge geschaffen. Dieses gesetzgeberische Ziel sei auch dann zu erreichen, wenn einige Selbständige keine pfändungs- und insolvenzfeste Altersvorsorge erreichen, weil sie mit der Umwandlung zu lange gewartet und diese erst bei eingetretener Zahlungsunfähigkeit erklärt haben. Das Wortlautargument "jederzeit" überzeuge nicht, da § 167 VVG das Verhältnis der Vertragsparteien, nicht jedoch das Verhältnis zwischen Schuldner und Insolvenzverwalter regele. Die Rentenversicherung sei auf die Umwandlungserklärung des Versicherungsnehmers durch das Versicherungsunternehmen erst "zum Schluss der Versicherungsperiode" um...

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