Leitsatz (amtlich)

Insolvenzanfechtung der Umwandlung einer Lebensversicherung in eine pfändungsgeschützte Versicherung gegenüber dem Versicherer

 

Tenor

1. Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Landgerichts Heidelberg vom 07.05.2021, Az. 2 O 371/20, wird zurückgewiesen.

2. Der Kläger hat die Kosten des Berufungsverfahrens zu tragen.

3. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Das in Ziffer 1 genannte Urteil des Landgerichts Heidelberg ist ohne Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar. Der Kläger kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 120 % des vollstreckbaren Betrags abwenden, wenn nicht der Kläger vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 120 % des jeweils zu vollstreckenden Betrags leistet.

4. Die Revision gegen dieses Urteil wird zugelassen.

 

Gründe

I. Die Parteien streiten über die Rechtsfrage der insolvenzrechtlichen Anfechtbarkeit der Umwandlung zweier fondsgebundener Lebensversicherungen in pfändungsgeschützte Versicherungen.

Der Insolvenzschuldner unterhielt bei der Beklagten eine classic Lebensversicherung Nr. 01480137-01 sowie eine fondsgebundene Lebensversicherung Nr. 01480137-03, deren Umwandlung in pfändungsgeschützte Versicherungen durch den Insolvenzschuldner am 01.07.2017, bei der M. am 06.07.2017 und bei der Beklagten am 10.07.2017 eingehend, beantragt wurde. Mit Schreiben vom 25.09.2017 bestätigte die Beklage die Umwandlung. Ausweislich der Versicherungsscheine begannen die neuen Versicherungsverträge zum 01.08.2017.

Bereits zuvor, am 21.06.2017, hatte der Insolvenzschuldner Insolvenzantrag gestellt. Mit Beschluss des Amtsgerichts Gera - Insolvenzgericht - vom 28.09.2017 wurde über das Vermögen des Insolvenzschuldners das Insolvenzverfahren eröffnet und der Kläger zum Insolvenzverwalter bestellt (Az.: 8 IK 262/17). Die Beklagte kannte den Eröffnungsantrag vor der Umwandlung der Versicherungen.

Mit Schreiben vom 23.10.2018 erklärte der Kläger die Anfechtung der vorgenommenen Umwandlung der streitgegenständlichen Versicherungsverträge in pfändungsgeschützte Rentenversicherungen. Er kündigte die Versicherungsverträge des Insolvenzschuldners zum nächstmöglichen Zeitpunkt und forderte die Beklagte auf, die sich nach Abrechnung der Versicherungsverträge ergebenden Rückkaufswerte auszukehren. Dies lehnte die Beklagte unter Verweis auf den Pfändungsschutz ab.

Zum 31.07.2020 belief sich der Wert der classic Lebensversicherung Nr. 01480137-01, nunmehr classic Rentenversicherung Nr. 01480137-04, auf einen Betrag in Höhe von 2.488,52 EUR. Der Wert der fondsgebundenen Lebensversicherung Nr. 01480137-03, nunmehr Privatrente Nr. 60050182, belief sich zum 31.12.2019 auf einen Wert in Höhe von 4.102,02 EUR.

Der Kläger ist der Auffassung, die Umwandlung der streitgegenständlichen Versicherungsverträge in pfändungsgeschützte Rentenversicherungen sei gemäß § 132 Abs. 1 Nr. 2 InsO anfechtbar, so dass die Rückkaufswerte der Versicherungen zur Insolvenzmasse zu zahlen seien. Bei der Umwandlung nach § 167 VVG handele es sich um ein Rechtsgeschäft im Sinne des § 132 InsO, welches nach Eingang des Eröffnungsantrages am 21.06.2017 vorgenommen worden sei und eine unmittelbare Gläubigerbenachteiligung darstelle, weil die zunächst massezugehörigen Rückkaufswerte der Versicherungen der Insolvenzmasse durch die Umwandlung entzogen worden seien.

Der Kläger hat beantragt,

die Beklagte zu verurteilen, an ihn einen Betrag in Höhe von 6.609,13 EUR nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit zu zahlen.

Die Beklagte hat beantragt,

die Klage abzuweisen.

Sie ist der Rechtsauffassung, die Umwandlung einer Lebens- oder Rentenversicherung in eine pfändungsgeschützte Versicherung sei nicht nach § 132 InsO anfechtbar. Die Anfechtungstatbestände der §§ 132 Abs. 1, 133 Abs. 1 InsO setzten voraus, dass eine andere Person durch die Rechtshandlung eine Vermögenszuwendung erhalten habe. Aus § 143 Abs. 1 InsO ergebe sich das Erfordernis, dass ein Vermögensgegenstand aus dem Vermögen des Schuldners veräußert, weggegeben oder aufgegeben worden ist. An beidem fehle es. Gegen eine Anfechtbarkeit der Umwandlung spreche auch die Begründung zum Regierungsentwurf des Gesetzes zum Pfändungsschutz der Altersvorsorge, nach der das private Altersvorsorgevermögen zur Verhinderung der Sozialhilfebedürftigkeit der betroffenen Personen vor dem Zugriff der Gläubiger zu schützen sei.

Wegen der tatsächlichen Feststellungen und des weiteren wechselseitigen Parteivorbringens 1. Instanz wird im Übrigen auf das Urteil des Landgerichts Bezug genommen (§ 540 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 ZPO).

Das Landgericht hat die Klage mit der Begründung abgewiesen, mit der Umwandlung in pfändungsgeschützte Verträge nach § 167 VVG fielen die Lebensversicherungen nicht mehr in die Insolvenzmasse und seien damit der Verfügungsgewalt des Klägers nach § 80 Abs. 1, 35 Abs. 1 InsO entzogen. Eine Anfechtung der Umwandlung sei nicht möglich. Ein Anfechtungsgrund nach § 134 InsO scheide aus, weil der Schuldner mit der Umwandlung kei...

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