Leitsatz (amtlich)
1. Aus der Rechtsprechung des BGH, wonach der Eigentümer Schadensersatz nur nach Maßgabe der bei Rückgabe noch bestehenden Verbindlichkeit fordern kann, wenn in einem Kreispachtverhältnis die Pflicht zur Werterhaltung von Gebäuden vertraglich durch Übernahme einer wertmäßigen Verbindlichkeit gegenüber dem Rat des Kreises abgelöst worden ist (vgl. BGH, Urt. v. 25.1.1996 – V ZR 198/95, MDR 1996, 353 = AgrarR 1996, 122), ist nicht der Schluss zu ziehen, dass der Schadensersatzanspruch stets auch betragsmäßig auf die damals berechnete Summe beschränkt wäre.
2. Die Ermittlung des zu erstattenden Wertes hat vielmehr im Zweifel unter Berücksichtigung der Veränderung der allgemeinen rechtlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse zu erfolgen.
Verfahrensgang
AG Naumburg (Aktenzeichen Lw 47/93) |
Nachgehend
Tenor
Auf die Berufung der Klägerin zu 1) wird das am 3.3.2000 verkündete Urteil des AG – Landwirtschaftsgerichts – Naumburg teilweise abgeändert und wie folgt neu gefasst:
Die Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin zu 1) 346.011,43 DM (= 176.912,83 Euro) nebst 4 % Zinsen aus 23.408 DM (= 11.968,32 Euro) seit dem 29.2.1997 zu zahlen.
Im Übrigen bleibt die Klage abgewiesen.
Die weiter gehende Berufung der Klägerin zu 1) und die Berufung der Beklagten werden zurückgewiesen.
Die Kosten erster Instanz werden den Parteien wie folgt auferlegt: Von den Gerichtskosten tragen alle Kläger als Gesamtschuldner 32 %. Daneben tragen von den Gerichtskosten als weitere Gesamtschuldner die Klägerin zu 2) und der Kläger zu 3) 46 %. Die Beklagte trägt 22 % der Gerichtskosten.
Von den außergerichtlichen Kosten der Beklagten tragen alle Kläger als Gesamtschuldner 32 %. Daneben tragen von den außergerichtlichen Kosten der Beklagten die Klägerin zu 2) und der Kläger zu 3) 46 % als weitere Gesamtschuldner.
Die Beklagte trägt 22 % ihrer außergerichtlichen Kosten selbst.
Von den außergerichtlichen Kosten der Klägerin zu 1) trägt die Beklagte 68 %.
Im Übrigen trägt die Klägerin zu 1) ihre außergerichtlichen Kosten selbst.
Die Klägerin zu 2) und der Kläger zu 3) tragen jeweils ihre außergerichtlichen Kosten selbst.
Von den Kosten des Berufungsverfahrens tragen die Klägerin zu 1) 1/3 und die Beklagte 2/3.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
Die Beklagte darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung i.H.v. 410.000 DM (= 219.860,00 Euro) abwenden, wenn nicht die Klägerin zu 1) vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet.
Die Klägerin zu 1) darf die Vollstreckung wegen der Kosten durch Sicherheitsleistung i.H.v. 12.500 DM (= 6.391,15 Euro) abwenden, wenn nicht die Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet. Die Klägerin zu 2) und der Kläger zu 3) dürfen die Vollstreckung wegen der Kosten durch Sicherheitsleistung i.H.v. 7.500 DM (= 3.834,69 Euro) abwenden, wenn nicht die Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet.
Die Beschwer der Klägerin zu 1) und diejenige der Beklagten übersteigt jeweils 60.000 DM.
Tatbestand
Die Kläger machen Ansprüche aus einem Kreispachtverhältnis geltend.
Die Klägerin zu 1) ist zusammen mit ihrer Mutter, der Klägerin zu 2), und ihrem Bruder, dem Kläger zu 3), Erbin nach ihrem am 3.7.1986 verstorbenen Vater, R.G. sen., der seinerseits Alleinerbe des am 4.1.1984 verstorbenen Großvaters der Klägerin zu 1), M.G., war. Mit einem schriftlichen Vertrag vom 19.10.1954 hatte M.G. den in Sch. gelegenen Teil seines landwirtschaftlichen Betriebs nebst dem in der Anlage zu dem Vertrag aufgeführten lebenden und toten Inventar an die LPG „Neuer Weg” Sch., einer Rechtsvorgängerin der Beklagten, verpachtet. Der Pachtvertrag enthielt u.a. folgende Regelungen:
„(…)
4. Die Verpachtung erfolgt für 6 Jahre, und zwar vom 1.7.1953 bis 30.9.1959.
5. Erfolgt bis spätestens 6 Monate vor der unter 4. vereinbarten Pachtdauer keine Kündigung dieses Vertrages, so gilt er auf weitere 3 Jahre verlängert. Im Übrigen gelten die gesetzlichen Vorschriften über die Beendigung bzw. Verlängerung von Pachtverhältnissen.
(…)
9. Die Pächterin übernimmt die laufende Unterhaltung und Pflege aller gepachteten Baulichkeiten sowie aller Anlagen und Einrichtungen. Sie übernimmt nicht die Gefahr für Wertminderungen an übernommenen Baulichkeiten und Anlagen, die ihre Ursache im Zustand dieser Objekte selbst haben.
Die Pächterin hat das Recht, auf dem gepachteten Gelände eigene Baulichkeiten und Anlagen zu errichten sowie die gepachteten Gebäude und Anlagen für ihre wirtschaftlichen Zwecke umzugestalten.
10. Die Pächterin verpflichtet sich, den gepachteten Betrieb bei Beendigung des Pachtverhältnisses mit dem Wert zurückzugeben, den der Betrieb bei der Übernahme der Pachtung hatte. Werterhöhungen, die den wirtschaftlichen Interessen des Betriebes entsprechen, sind bei der Rückgabe vom Verpächter angemessen zu vergüten.
(…)”
Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den Pachtvertrag vom 19.10.1954 (Bd. I Bl. 6, 6R) verwiesen.
Auf Grund von § 2 der DDR-Verordnung ...