Leitsatz (amtlich)
Wird ein Brandschaden durch ein vom Nachbarn mit Dacharbeiten beauftragtes Fachunternehmen verursacht, kann ein auf den Gebäudeversicherer übergegangener nachbarrechtlicher Ausgleichsanspruch ausscheiden.
Verfahrensgang
LG Magdeburg (Urteil vom 03.07.2015; Aktenzeichen 10 O 1082/13) |
Nachgehend
Tenor
Die Berufung der Klägerin gegen das am 3.7.2015 verkündete Urteil der 10. Zivilkammer des LG Magdeburg wird zurückgewiesen.
Die Klägerin trägt die Kosten des Berufungsverfahrens.
Dieses und das angefochtene Urteil sind vorläufig vollstreckbar. Die Klägerin kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 120 % des beizutreibenden Betrages abwenden, wenn die Beklagten nicht vor der Vollstreckung Sicherheit in dieser Höhe leisten.
Gründe
I. Die Klägerin begehrt von den Beklagten aus übergegangenem Recht gemäß § 86 Abs. 1 VVG die Zahlung der Zeitwertentschädigung, die sie als Gebäudeversicherer des im Eigentum ihrer Versicherungsnehmerin stehenden Wohnhauses M. Berg 31 in Q. anlässlich eines Brandschadens am 8.12.2011 an diese geleistet hat.
Die Beklagten zu 2 - 4 sind die Rechtsnachfolger der verstorbenen Beklagten zu 2 - 3, der Eheleute R.. Diese waren Miteigentümer des Wohnhauses M. Berg 30 in Q.. In der Nacht des 08.12.2011 brannte das Haus M. Berg 30 vollständig ab, wobei auch das unmittelbar daran angebaute Haus der Versicherungsnehmerin der Klägerin erheblich beschädigt wurde.
Der Beklagte zu 1 führte am 8.12.2011 im Auftrag der Eheleute R. am Flachdach ihres Gebäudes M. Berg 30 Heißklebearbeiten durch, wobei er eine neue Schicht Dachpappe auf die bereits alte Schicht aufbrachte und mit einem Brenner aufschweißte. Diese Arbeiten beendete er in der Zeit zwischen 15:15 Uhr und 16:30 Uhr. Die Eheleute R. bemerkten am 08.12.2011 gegen 22:00 Uhr unter der Decke im Bereich des Übergangs vom Ziegel- zum Pappdach, mithin in dem Bereich, in welchem der Beklagte zu 1 zuvor gearbeitet hatte, Flammen, woraufhin sie das Haus verließen und die Feuerwehr alarmierten. Ihr Haus brannte vollständig nieder. Das Haus der Versicherungsnehmerin der Klägerin wurde durch den Brand und die Feuerlöscharbeiten erheblich beschädigt.
Der Beklagte zu 1 ist kein Dachdeckermeister. Er hat jedoch am 29.1.1993 vor dem zuständigen Prüfungsausschuss die Gesellenprüfung im Dachdeckerhandwerk mit Erfolg abgelegt. Darüber hinaus hat er an einem Lehrgang für Abbruch-, Sanierung- oder Instandhaltungsarbeiten (ASI-Arbeiten) an Asbestzementprodukten teilgenommen.
Das AG Magdeburg eröffnete mit Beschluss vom 23.9.2015, Az.: 350 IK 919/15, über das Vermögen des Beklagten zu 1 das Verbraucherinsolvenzverfahren.
Die Klägerin hat behauptet, dass der Beklagte zu 1, der über keinen Schweißerlaubnisschein nach Maßgabe des § 30 Unfallverhütungsvorschrift (BGV D1) verfüge, aber dennoch Schweißarbeiten an der Dachpappe in Heißklebeverfahren mittels eines flüssiggasbetriebenen Aufschweißbrenners durchgeführt habe, schuldhaft den Brand verursacht habe, weil er das Heißklebeverfahren an der späteren Brandstelle nicht habe ausführen dürfen und er es zudem unterlassen habe, die bearbeitete Dachfläche nach Abschluss der Arbeiten zwei Stunden lang zu kontrollieren.
Die Eheleute R. hafteten neben dem Beklagten zu 1 in entsprechender Anwendung des § 906 Abs. 2 Satz 2 BGB, weil das Übergreifen von Feuer, Ruß und Löschwasser auf das Grundstück ihrer Versicherungsnehmerin das zumutbare Maß einer von einem Nachbarn entschädigungslos hinzunehmenden Beeinträchtigung überstiegen habe. Ihnen sei bekannt gewesen, dass der Beklagte zu 1 als Nichtfachmann am Dach ihres Gebäudes feuergefährliche Schweißarbeiten durchführe.
Die Klägerin hat beantragt, die Beklagten als Gesamtschuldner zu verurteilen, an sie 97.801,29 EUR nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 1.12.2012 sowie an sie vorgerichtliche Kosten der Rechtsverfolgung in Höhe von 2.118,44 EUR zu zahlen.
Die Beklagten haben beantragt, die Klage abzuweisen.
Der Beklagte zu 1 hat bestritten, dass er bei Durchführung der Schweißarbeiten auf dem Flachdach Sicherheitsvorschriften missachtet oder sonst fehlerhaft gearbeitet habe. Die vormaligen Beklagten 2 und 3 haben die Auffassung vertreten, dass die Voraussetzungen eines verschuldensunabhängigen Ausgleichsanspruchs in entsprechender Anwendung von § 906 Abs. 2 Satz 2 BGB in ihrer Person nicht vorlägen, weil sie keine Störer gewesen seien, sondern sie auf die Sachkenntnis des Beklagten zu 1 hätten vertrauen dürfen und vertraut hätten. Darüber hinaus haben sie die Höhe des Zeitwertschadens bestritten.
Das LG hat den Beklagten zu 1 nach einer Zeugenvernehmung und Einholung eines schriftlichen Gutachtens des Sachverständigen Dipl.-Ing. M. Ri. vom 6.9.2014 mit Urteil vom 3.7.2015 antragsgemäß zur Zahlung von 97.801,29 EUR nebst Zinsen sowie der vorgerichtlichen Rechtsanwaltskosten verurteilt und die Klage hinsichtlich der Beklagten zu 2 bis 4 abgewiesen.
Zur Begründung hat es im W...