Leitsatz (amtlich)

Eine allgemeine Versorgung i.S.d. § 1 KWKG liegt auch dann vor, wenn KWK-Strom von dem Erzeuger in das vorgelagerte Netz eingespeist wird und dieses grundsätzlich für jeden Abnehmer offen ist (allgemeine mittelbare Versorgung).

Ein Anspruch auf Belastungsausgleich gegen den vorgelagerten Netzbetreiber scheidet aus, wenn der nachgelagerte Netzbetreiber seinerseits nicht (mehr) zur Zahlung eines Belastungsausgleiches verpflichtet ist.

 

Verfahrensgang

LG Halle (Saale) (Urteil vom 31.05.2001; Aktenzeichen 10 O 134/00)

 

Nachgehend

BGH (Urteil vom 22.02.2006; Aktenzeichen VIII ZR 91/05)

 

Tenor

I. Auf die Berufung der Klägerin wird unter Zurückweisung ihres weiter gehenden Rechtsmittels das Urteil des LG Halle vom 31.5.2001 zu einem Teil abgeändert und wie folgt neu gefasst:

Die Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin 134.893,83 EUR nebst 5 % Zinsen seit dem 4.8.2000 zu zahlen. Die weiter gehende Klage wird abgewiesen.

II. Von den Kosten des Rechtsstreits in der ersten Instanz trägt die Klägerin 43 % und die Beklagte 57 %. Die außergerichtlichen Kosten der Nebenintervenientinnen trägt die Klägerin zu 43 %; im Übrigen tragen die Nebenintervenientinnen die Kosten selbst.

Von den Kosten des Rechtsstreits in der zweiten Instanz trägt die Klägerin 65 % und die Beklagte 35 %. Die außergerichtlichen Kosten der Nebenintervenientinnen trägt die Klägerin zu 65 %; im Übrigen tragen die Nebenintervenientinnen die Kosten selbst.

Von den Kosten des Revisionsverfahrens trägt die Klägerin 67 % und die Beklagte 33 %. Die außergerichtlichen Kosten der Nebenintervenientin zu 1) trägt die Klägerin zu 67 %; im Übrigen trägt die Kosten die Nebenintervenientin zu 1) selbst.

III. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Die Klägerin kann die Vollstreckung der Beklagten und die Nebenintervenientin zu 1) gegen Sicherheitsleistung i.H.v. jeweils 15.000 EUR abwenden, wenn nicht die Beklagte und die Nebenintervenientin zu 1) jeweils vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leisten. Die Klägerin kann die Vollstreckung der Nebenintervenientin zu 2) gegen Sicherheitsleistung i.H.v. 10.000 EUR abwenden, wenn nicht die Nebenintervenientin zu 2) vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet. Die Beklagte kann die Vollstreckung gegen Sicherheitsleistung i.H.v. 190.000 EUR abwenden, wenn nicht die Klägerin vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

IV. Die Revision wird zugelassen.

und beschlossen:

V. Der Streitwert wird bis zum 23.4.2002 auf 237.463,62 EUR, bis zum 10.3.2004 auf 412.908,03 EUR, bis zum 3.3.2005 auf 310.338,24 EUR und anschließend auf 300.025,05 EUR festgesetzt.

 

Tatbestand

Die Parteien streiten um die Zahlung eines Belastungsausgleichs sowie einer Einspeisevergütung nach dem Kraft-Wärme-Kopplungsgesetz (KWKG).

Die Klägerin betreibt am Chemiestandort L. neben anderen Infrastruktureinrichtungen ein Energieversorgungsnetz, durch das aufgrund einzelvertraglicher Regelungen Abnehmer mit Strom versorgt werden. Dem Stromnetz der Klägerin ist das Stromnetz der Beklagten vorgelagert.

Durch Bescheid vom 11.3.1996 erteilte das Ministerium für Umwelt, Naturschutz und Raumordnung des Landes Sachsen-Anhalt der Klägerin die Genehmigung zur Aufnahme der Versorgung anderer mit Energie und Gas gem. § 5 des Gesetzes zur Förderung der Energiewirtschaft vom 13.12.1935 im Versorgungsgebiet des Chemiestandortes L.

Die Klägerin bezieht den Strom für ihr Netz zum einen gem. Vertrag vom 15.5.1996 von der W. GmbH (W.), die den Strom wiederum gem. Vertrag vom 11.5.1992 von der S. mbH (S.) geliefert bekommt, an der die Beklagte zu 49 % beteiligt ist. Die W. wurde mit Beschl. v. 27.8.1997 mit der L. GmbH (L.) verschmolzen und mit Beschl. v. 17.12.2001 in die D. mbH (D.) umfirmiert. Zum anderen bezieht die Klägerin den Strom gem. Vertrag vom 13.3.1997 von der K. GmbH (K.), einer 100%igen Tochtergesellschaft der Beklagten. Der Vertrag, der ursprünglich mit der inzwischen auf die Beklagte verschmolzenen M. (M.) geschlossen worden war, wurde durch

Überleitungsvertrag vom 16./28.12.1998/18.1.1999 einvernehmlich auf die K. übertragen. Der unmittelbar in das Netz der Klägerin eingespeiste Strom wird von der S. und der K. in Kraft-Wärme-Kopplungsanlagen (KWK-Anlagen) erzeugt. Bei diesen KWK-Anlagen handelt es sich um Gas- und Dampf-Turbinen-Anlagen, in denen auf der Basis von Erdgas Strom und Dampf erzeugt wird.

Soweit der Strombedarf der Klägerin durch die K. und die L. (heute: D.) nicht gedeckt werden kann, bezieht die Klägerin auch Strom von der Beklagten. Zwischen der Klägerin und der Beklagten bestand ein am 26.8./29.9.1996 geschlossener "Vertrag über energiewirtschaftliche Zusammenarbeit", der u.a. auch die Ausspeisung von Strom aus dem Netz der Klägerin in das vorgelagerte Netz der Beklagten vorsah. Dieser Vertrag wurde von der Beklagten zum 31.12.1999 gekündigt.

Am 18.5.2000 trat das Gesetz zum Schutz der Stromerzeugung aus Kraft-Wärme-Kopplung (KWKG) vom 12.5.2000 in Kraft.

Mit Schreiben vom 9.6.2000 erteilte die Klägerin de...

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