Leitsatz (amtlich)
Zu den Voraussetzungen eines Anspruches auf Nutzungsentschädigung für ein beschädigtes Fahrzeug über die gewöhnliche Reparatur- und Wiederbeschaffungszeit hinaus gehört es, dass sich der Geschädigte die erforderlichen Mittel weder als Kredit, noch aus seiner Vollkaskoversicherung hätte beschaffen können.
Verfahrensgang
LG Stendal (Urteil vom 15.08.2003; Aktenzeichen 24 O 132/03) |
Tenor
Auf die Anschlussberufung der Beklagten wird das am 15.8.2003 verkündete Urteil der 4. Zivilkammer - Einzelrichter - des LG Stendal abgeändert:
Die Klage wird abgewiesen.
Die Berufung des Klägers wird zurückgewiesen.
Die Kosten des Rechtsstreits trägt der Kläger.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
Der Wert der Beschwer des Klägers und der Streitwert für den Berufungsrechtszug werden auf 11.742 Euro festgesetzt.
Gründe
Auf die tatsächlichen Feststellungen im angefochtenen Urteil wird Bezug genommen.
Der Kläger macht gegen die Beklagte einen Anspruch auf Nutzungsausfallentschädigung nach der Beschädigung seines Pkw infolge eines Unfalls, der allein durch den Fahrer eines bei der Beklagten haftpflichtversicherten Pkw verursacht worden war, geltend. Der Unfall ereignete sich am 12.7.2002 gegen 0.15 Uhr. Dabei wurde der Pkw des Klägers erheblich beschädigt. Ausweislich des Gutachtens des Ingenieurbüros H. vom 16.7.2002 beliefen sich die Reparaturkosten auf 21.785,32 Euro brutto, der Restwert auf 800 Euro und der Wiederbeschaffungswert auf 8.650 Euro brutto. Die Wiederbeschaffungszeit wurde mit 10 bis 12 Wochentagen angegeben.
Mit Schreiben vom 23.7.2002 zeigte der Kläger den Unfall bei der Beklagten an und wies darauf hin, dass eine Vollkaskoversicherung mit einer Selbstbeteiligung von 650 Euro bestehe. Mit anwaltlichem Schreiben vom 23.9.2002 unterrichtete der Kläger die Beklagte darüber, dass er nicht über die nötigen finanziellen Mittel verfüge, um sich ein Ersatzfahrzeug anzuschaffen und legte eine Bestätigung seiner Hausbank vor.
Unter dem 8.11.2002 erhob der Kläger wegen der Unfallschäden Klage vor dem LG Stendal. Der Rechtsstreit wurde dort unter dem Geschäftszeichen 24 O 270/02 geführt. In diesem machte der Kläger gegen die Beklagte eine Nutzungsausfallentschädigung für zunächst 12 Tage zu je 50 Euro (12. bis 24.7.2002 - 600 Euro) und sodann für weitere 46 Tage (1.10. bis 15.12.2002 - 2.300 Euro) geltend. Die 4. Zivilkammer des LG Stendal hat die Beklagte mit Urteil vom 14.3.2003 verurteilt, an den Kläger 10.930 Euro zu zahlen (Bl. 114 f. d.A.).
Noch am 3.12.2002 teilte die Beklagte dem Kläger mit, dass sie bereit sei, berechtigte Ansprüche zu 50 % zu übernehmen.
Am 4.4.2003 zahlte die Beklagte nach der Beendigung des oben genannten Rechtsstreits 11.282 Euro an den Kläger. Am 9.4.2003 erwarb der Kläger ein Ersatzfahrzeug.
Der Kläger hat behauptet, zu der Anschaffung eines Ersatzfahrzeugs nicht in der Lage gewesen zu sein.
Er hat die Auffassung vertreten, für die Zeit vom 15.8.2002 bis zum 9.4.2003, also für 238 Tage, von der Beklagten jeweils 59 Euro Nutzungsausfall beanspruchen zu können. Von dem Gesamtbetrag von 14.042 Euro seien 2.300 Euro in Abzug zu bringen. Das LG habe in dem Ursprungsverfahren zwar Nutzungsentschädigung von 2.900 Euro zuerkannt, 12 Tage vom 12. bis zum 24.7.2002 seien jedoch in den berechneten 238 Tagen nicht enthalten.
Der Kläger hat beantragt, die Beklagte zu verurteilen, an ihn 11.742 Euro nebst 5 % Zinsen über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 27.6.2003 zu zahlen.
Die Beklagte hat beantragt, die Klage abzuweisen.
Die Beklagte hat die Auffassung vertreten, der Kläger sei verpflichtet gewesen, seine Vollkaskoversicherung in Anspruch zu nehmen. Auch hätte er sich ein Interimsfahrzeug anschaffen können, um die besonders lange Nutzungsausfalldauer zu verkürzen.
Die 4. Zivilkammer des LG Stendal hat die Beklagte mit dem am 15.8.2003 verkündeten Urteil verurteilt, an den Kläger 1.920 Euro nebst 5 % Zinsen seit dem 27.6.2003 zu zahlen und die weiter gehende Klage abgewiesen. Zur Begründung hat sie ausgeführt, der Klage stehe nicht entgegen, dass es sich bei dem Vorgängerrechtsstreit um eine verdeckte Teilklage gehandelt habe. Die Rechtskraft des einer verdeckten Teilklage in vollem Umfang stattgebenden Urteils schließe Mehr- und Nachforderungen grundsätzlich nicht aus. Etwas anderes gelte nur, wenn im Hinblick auf Mehr- und Nachforderungen ein wirksamer Verzicht oder eine Verwirkung angenommen werden könne. Dies sei aber vorliegend nicht der Fall.
Der Kläger habe Anspruch auf Nutzungsausfallentschädigung für 192 Tage zu je 10 Euro. Soweit die Beklagte Nutzungswille und -möglichkeit pauschal bestritten habe, sei der Vortrag unsubstantiiert. Der Kläger habe vorgetragen, nutzungswillig und -fähig gewesen zu sein. Er habe vor dem Unfall und auch nach der Schadensregulierung einen Pkw unterhalten, so dass es Sache der Beklagten gewesen sei, einzelne Umstände vorzutragen, die gegen eine Nutzung eines Pkw durch den Kläger sprechen würden.
Der Kläger habe auch nicht gegen seine Schadensgeringhaltungspfl...