Leitsatz (amtlich)

Eine hälftige Anrechnung des Kindergeldes setzt voraus, dass die Unterhaltsleistung mindestens 135 % des Regelbetrages beträgt. Ist der Unterhaltsbetrag geringer, entfällt jede Anrechnung des Kindergeldes. Keiner Entscheidung bedarf es im konkreten Fall, ob der zu zahlende Unterhalt ins Verhältnis zu setzten ist zu § 1 oder § 2 der RegelbetragsVO.

 

Verfahrensgang

AG Haldensleben (Aktenzeichen 16 F 3/02)

 

Nachgehend

BGH (Urteil vom 09.11.2005; Aktenzeichen XII ZR 31/03)

 

Tenor

Das Urteil des AG Haldensleben vom 6.6.2002 wird abgeändert und zur Klarstellung wie folgt neu gefasst:

1. Der Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin rückständigen Kindesunterhalt für die Zeit von Juni 2001 bis einschl. Dezember 2001 i.H.v. insgesamt 408,01 Euro nebst Zinsen i.H.v. 5 % über dem Basiszinssatz nach § 1 DÜG seit dem 10.4.2002 zu zahlen.

2. Der Beklagte wird verurteilt, an die am 21.8.1997 geborene Klägerin ab 1.1.2002 einen monatlichen Kindesunterhalt i.H.v. 116 % des jeweiligen Regelbetrages gem. § 2 Regelbetrag-VO zu zahlen. Eine Kindergeldanrechnung erfolgt nicht.

3. Der Beklagte und Berufungskläger trägt die Kosten des Rechtsstreits.

4. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

5. Die Revision wird zugelassen.

Streitwert: 1.685 Euro.

 

Gründe

I. Die Eltern der Klägerin sind geschieden, das gemeinsame Sorgerecht wurde von den Eltern beibehalten, lediglich das Aufenthaltsbestimmungsrecht ist auf die Mutter übertragen worden. Die Parteien streiten um die Unterhaltsverpflichtung des Beklagten und Berufungsklägers für seine am 21.8.1997 geborene Tochter S., die von der Kindesmutter betreut und vertreten wird. Die Klägerin hat mit der im Januar 2002 beim AG eingegangenen Klage erstmalig die Titulierung ihrer Unterhaltsansprüche gegen den Beklagten begehrt. Sie verlangte für den Zeitraum von Juni 2001 bis Dezember 2001 insgesamt 408 Euro an Rückstand, wobei sich dieser Betrag auf einen monatlichen Anteil von je 58,29 Euro (114 DM) splittete. Dem liegt zu Grunde, dass der Beklagte monatlich 207 DM (105,84 Euro) auf seine Unterhaltsverpflichtung zahlt und die Klägerin von einer Unterhaltsverpflichtung von insgesamt 321 DM (164,12 Euro) ausgegangen ist. Für den Zeitraum ab Januar 2002 begehrte die Klägerin erstinstanzlich 123,5 % des Regelbetrages gem. § 2 Regelbetrag-VO abzgl. eines anteiligen Kindergeldanteils i.H.v. 57 Euro monatlich.

Das AG hat dem Antrag entspr. erkannt, allerdings eine Kindergeldanrechnung nicht vorgenommen. Hiergegen richtet sich die Berufung des Beklagten. Mit seiner Berufung rügt der Beklagte zum einen, dass das AG entgegen dem Antrag der Klägerin eine Kindergeldanrechnung nicht vorgenommen hat, es sei dadurch mehr zugesprochen als beantragt und des Weiteren läge in der Nichtanrechnung ein Verstoß gegen die Bestimmung des § 1612b Abs. 5 BGB. Darüber hinaus ist der Berufungskläger der Auffassung, dass er nicht i.H.d. tenorierten Betrages leistungsfähig sei. Denn er habe auf Grund seiner Tätigkeit als Leiharbeiter erhebliche Aufwendungen bzw. Fahrtkosten, die in unmittelbarem Zusammenhang mit seiner Arbeit stünden. Es ist seiner Auffassung nach deshalb nicht zutreffend, dass das AG bei der Ermittlung seines unterhaltsrechtlich relevanten Einkommens von seinem Arbeitgeber gezahlte Aufwandsentschädigungen und Spesen mit 1/3 dem Einkommen hinzugerechnet habe. Darüber hinaus seien ihm Fahrtkosten von monatlich ca. 800 DM entstanden, die von seinem Einkommen noch abzuziehen seien. Deshalb sei er lediglich i.H.v. 60 % des jeweiligen Regelbetrages gem. § 2 Regelbetrag-VO leistungsfähig. Eine Verurteilung zu Unterhaltszahlungen nur in der letztgenannten Höhe ist sein Berufungsziel.

II. Die zulässige Berufung ist nur zu einem geringen Teil begründet. Der Berufungskläger ist entgegen der Auffassung des AG lediglich leistungsfähig i.H.v. 116 % des jeweiligen Regelbetrages gem. § 2 Regelbetrag-VO. Hierbei ist davon auszugehen, dass der Berufungskläger ausweislich der von ihm vorgelegten Unterlagen ohne Berücksichtigung von Spesen und Aufwendungsersatzzahlungen ein Nettoeinkommen von ca. 2.146 DM monatlich im Durchschnitt verdient. Neben diesem Betrag erhält er Ersatz für auswärtige Unterbringung und Fahrgeld i.H.v. durchschnittlich rund 1.000 DM monatlich. Von diesem Betrag, der lediglich auswärtige Übernachtungen und erhöhten Verpflegungsaufwand abdecken soll, ist gem. den Leitlinien des OLG Naumburg 1/3 dem Einkommen hinzuzurechnen. Zwar sind diese Spesen vom Arbeitgeber zweckgebunden gezahlt, gleichwohl bringen sie Ersparnisse in der allgemeinen Lebensführung mit sich, so dass mangels näherer Anhaltspunkte von dem Grundsatz der 1/3-Anrechnung auch hier ausgegangen werden kann (vgl. hierzu OLG Naumburg, Beschl. v. 26.2.1998 – 3 UF 78/97; OLG Hamm, Beschl. v. 5.10.1977 – 3 UF 3/77). Es ist dem Beklagtenvortrag nicht zu entnehmen, ob, und wenn ja in welcher Höhe hier die pauschaliert gezahlten Spesen auch konkreten Aufwendungen gegenübergestanden haben. Es sind weder die konkreten Unterbringungsorte genannt n...

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