Verfahrensgang

LG Magdeburg (Urteil vom 12.08.2019; Aktenzeichen 10 O 818/19)

 

Tenor

Die Berufung der Klägerin gegen das am 30. Januar 2020 verkündete Urteil des Einzelrichters der 10. Zivilkammer des Landgerichts Magdeburg wird zurückgewiesen.

Die Klägerin trägt die Kosten des Berufungsverfahrens.

Dieses sowie das angefochtene Urteil sind vorläufig vollstreckbar.

Der Klägerin wird nachgelassen, die Vollstreckung der Beklagten durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des aufgrund des Urteils vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht die Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.

 

Gründe

A. Die Klägerin macht gegenüber der Beklagten Ansprüche auf Schadensersatz aus Delikt mit der Begründung geltend, ein von ihr erworbener Pkw, der einen Motor des Typs EA 288 EU5 enthält, weise eine unzulässige Abschalteinrichtung auf und sei deshalb von dem sogenannten "Abgasskandal" betroffen.

Die Klägerin erwarb am 20. Dezember 2014 von dem Autohaus ... in Eisleben den Pkw SEAT Leon ST FR 2.0 TDI mit der Fahrgestellnummer ... der einen Motor mit der Typenbezeichnung EA 288 EU5 enthält. Zur Finanzierung des Erwerbs schloss die Klägerin einen Darlehensvertrag mit der SEAT-Bank ab. Im Februar 2020 verkaufte die Klägerin das Fahrzeug.

Zunächst hatte die Klägerin ihren Anspruch in der Klageschrift vom 13. Juni 2019 und ihrem auf einen richterlichen Hinweis ergangenen Schriftsatz vom 6. September 2019 in tatsächlicher Hinsicht ausschließlich mit umfangreichen Ausführungen zu einem anderen von der Beklagten hergestellten Motor mit der internen Bezeichnung EA 189 begründet, und einen solchen Motor EA 189 ausdrücklich als "streitgegenständlich" bezeichnet (vgl. z.B. S. 16 der Klageschrift). Auch die von ihr zunächst als Anlagen beigefügten Dokumente, insbesondere ein Bescheid über die nachträgliche Anordnung einer Nebenbestimmung zur EG-Typengenehmigung des Kraftfahrt-Bundesamts vom 15. Oktober 2015 und ein hierzu vorgelegtes Rechtsgutachten betreffen ausdrücklich nur Fahrzeuge mit Aggregaten des Typs EA 189.

Nachdem die Beklagte mit ihrer Klageerwiderung darauf hingewiesen hatte, dass in dem streitgegenständlichen Fahrzeug ein anderer Motor, nämlich ein Motor des Typs EA 288 EU 5plus verbaut sei, hat die Klägerin vorgetragen, dass auch in Fahrzeugen mit einem Motor des Typs EA 288 eine Abschalteinrichtung wie im Motortyp EA 189 eingebaut worden sei, nämlich in Form einer Akustikfunktion. Wie bei allen Fahrzeugen mit dem Skandalmotor EA 189 sei die Akustikfunktion auch auf die Fahrzeuge des Nachfolgemotors EA 288 übertragen worden. Dies ergebe sich, so hat die Klägerin vorgetragen, aus dem Schreiben der Beklagten an das Kraftfahrbundesamt vom 29. Dezember 2015, das unter anderem folgenden Inhalt hat:

"(...) In der bezeichneten Angelegenheit kommen wir zurück auf die Fragen zur sogenannten Akustikfunktion aus dem Schreiben von ... vom 21. Dezember 2015 an den ....

(...)

Mit der Akustikfunktion genannten Steuergerätefunktion wird insbesondere die Einspritzstrategie des Dieselkraftstoffs in die betreffenden Motoren verändert - die hierzu beeinflussten Parameter sind der Raildruck, die Kraftstoffzumessung sowie der Einspritzzeitpunkt. Korrespondierend dazu wird die Rate der Abgasrückführung (AGR) auf die veränderten Kraftstoffmengen angepasst. (...)

In ihrem Anschreiben vom 21. Dezember 2015 äußern Sie aufgrund von inzwischen erhaltenen Informationen den Verdacht, dass die bisher in Rede stehende Motorsoftware des Aggregats EA 189 EU5 weiterreichende Modalitäten enthielte, als Ihnen gegenüber mit der Weg-Zeit-Aktivierung bzw. -Deaktivierung (der sogenannten Umschalteinrichtung) eingeräumt ist. Insbesondere bestehe der Verdacht, dass eine aktive Erkennung eines Prüfstandbetriebes des betreffenden Fahrzeugs durch weitere Parameter, wie Kühlmitteltemperatur, Kraftstoff- und Motortemperatur sowie des Umgebungsdrucks in den Motorsteuergeräten hinterlegt sei. Ferner soll die Deaktivierung des entsprechenden Prüfstandmodus nicht nur durch die Fahrkurve sondern unter anderem auch über die Gaspedalstellung und die Lenkradbewegung erfolgen.

Hierzu führen wir wie folgt aus:

Im Nachgang zu der von der US-amerikanischen Behörde EPA am 18. September 2015 veröffentlichten notification of violation und der Meldung der Volkswagen Aktiengesellschaft vom 22. September 2015, wonach von den Vorwürfen einer Optimierung der NOx-Emissionen im Prüfstandbetrieb insgesamt 11 Mio. Fahrzeuge mit dem Aggregat EA 189 weltweit betroffen sind, haben wir Ihnen am 2. Oktober 2015 in Ihrem Haus die hierbei im Fokus stehende Umschalteinrichtung an den Aggregaten EA 189 EU5 dargelegt und erläutert. Ergänzend haben wir in diesem Gespräch aufgezeigt, dass die in den Motorsteuergeräten (MSG) hinterlegte Fahrkurve, mit welcher die Optimierung der NOx- Emissionen bei dem bezeichneten Aggregat vorgenommen wurden, zwar auch in dem Nachfolgeaggregat EA 288 enthalten ist, hier aber nicht zu einer Optimierung der NOx- Emissi...

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