Leitsatz (amtlich)
1. Die Glaubhaftmachungslast im einstweiligen Verfügungsverfahren folgt der Beweislastverteilung im Hauptsacheverfahren. Wird dazu ein Protokoll einer Gesellschafterversammlung vorgelegt, so hat der Vorlegende im Bestreitensfall die Echtheit als Privaturkunde glaubhaft zu machen und zwar mit präsenten Beweismitteln.
2. Wird in einer GmbH die Abberufung des Geschäftsführers betrieben, ist bis zur Entscheidung über das strittige Beschlussergebnis der Gesellschafterversammlung eine einstweilige Regelung der Organbefugnisse durch das Gericht nach § 940 ZPO zulässig.
3. Der Grundsatz der Gleichbehandlung der Gesellschafter, bzw. das Verbot willkürlicher Benachteiligung einzelner durch die Mehrheit schließt die Einziehung eines Geschäftsanteils aus, wenn der Einziehungstatbestand bei mehreren Gesellschaftern erfüllt ist, aber nur gegen einen Gesellschafter vorgegangen wird, ohne dass sich diese Differenzierung sachlich rechtfertigen lässt.
Verfahrensgang
LG Magdeburg (Urteil vom 23.07.2013; Aktenzeichen 31 O 67/13) |
Tenor
Auf die Berufung des Verfügungsklägers wird das am 23.7.2013 verkündete Urteil des LG Magdeburg, Geschäftszeichen: 31 O 66/13, abgeändert:
Dem Verfügungsbeklagten zu 2. wird die Befugnis, die Geschäfte der Verfügungsbeklagten zu 1., also der F. GmbH, zu führen und die Gesellschaft zu vertreten, bis zur Entscheidung des LG Magdeburg über die Abberufung des Verfügungsbeklagten zu 2. in der Gesellschafterversammlung vom 12.6.2013 (31 O 107/13 LG Magdeburg) einstweilen entzogen.
Die Kosten des Rechtsstreits erster Instanz im Verfahren 31 O 66/13 LG Magdeburg trägt der Verfügungsbeklagte zu 2. Von den Kosten des Berufungsrechtszuges trägt der Verfügungskläger die außergerichtlichen Kosten der Verfügungsbeklagten zu 1.; von den Gerichtskosten und den außergerichtlichen Kosten des Verfügungsklägers wird dem Verfügungskläger und dem Verfügungsbeklagten zu 2. je die Hälfte auferlegt; eine weiter gehende Kostenerstattung findet nicht statt.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
und beschlossen:
Der Streitwert für den Berufungsrechtszug wird - auch für die Zeit vor der Verbindung durch Senatsbeschluss vom 2.10.2013 - auf - jeweils - 10.000 EUR festgesetzt.
Gründe
Von der Bezugnahme auf die tatsächlichen Feststellungen im angefochtenen Urteil mit Darstellung etwaiger Änderungen oder Ergänzungen wird gem. §§ 540 Abs. 2, 313a Abs. 1 Satz 1, 542 Abs. 2 Satz 1 ZPO abgesehen.
I. Die zulässige Berufung des Verfügungsklägers hat in der Sache Erfolg. Die Aufhebung der am 10.5.2013 gegen den Verfügungsbeklagten zu 2. ergangenen einstweiligen Verfügung beruht auf einer Rechtsverletzung i.S.v. § 513 Abs. 1 ZPO. Entgegen der Auffassung des LG ist es dem Gesellschaftergeschäftsführer einstweilen zu untersagen, die Geschäfte der Verfügungsbeklagten zu 1. zu führen, bis im Hauptsacheverfahren vor dem LG Magdeburg der Widerruf seiner Bestellung in der Gesellschafterversammlung vom 12.6.2013 geklärt ist (§§ 940, 938 Abs. 1 ZPO).
1. Das LG hat im Urteil vom 23.7.2013 ausgeführt. Der Verfügungskläger könne an Stelle der Gesellschaft einstweiligen Rechtsschutz begehren. Dem stehe die beschlossene Einziehung seines Geschäftsanteils nicht entgegen, da über deren Bestand noch in der Hauptsache gestritten werde. Es sei auch möglich, der Gesellschaft aufzugeben, ihrem Geschäftsführer die Tätigkeit zu untersagen. Wichtige Gründe für den Widerruf der Bestellung des Geschäftsführers seien allerdings nicht glaubhaft gemacht. Die Gründung eines Konkurrenzunternehmens und die Überleitung von Verträgen auf dieses stellten zwar schwere Pflichtverstöße dar. Von der Seite der Verfügungsbeklagten werde allerdings Einigkeit der Gesellschafter über dieses Vorgehen behauptet und mit dem Protokoll vom 9.11.2012 glaubhaft gemacht. Der eidesstattlichen Versicherung des Verfügungsklägers, an keiner Gesellschafterversammlung teilgenommen und kein Protokoll unterzeichnet zu haben, stehe die eidesstattliche Versicherung des Verfügungsbeklagten zu 2. entgegen. Die vom Verfügungskläger darüber hinaus vorgelegten weiteren eidesstattlichen Versicherungen führten die Kammer zu nichts anderem. Denn der Verfügungsbeklagte zu 2. bringe eine eidesstattliche Versicherung der Mitarbeiterin H. bei, welche den Kläger am 9.11.2012 aus den Geschäftsräumen der Gesellschaft habe kommen sehen und vom Verfügungsbeklagten zu 2. am gleichen Tag das Protokoll über die Gesellschafterversammlung erhalten habe. Frau H. erkenne auch die Unterschrift des Verfügungsklägers wieder. Aus der Eintragung im Unternehmensregister, wonach die Gesellschafterversammlung zur Feststellung des Jahresabschlusses am 7.12.2012 stattgefunden habe, lasse sich nicht zwingend auf eine Fälschung des Protokolls vom 9.11.2012 schließen. Es könne auch ein Übertragungsfehler unterlaufen sein, dessen Berichtigung der Geschäftsführer der Verfügungsbeklagten zu 1. folgerichtig veranlasst habe. Der Inhalt des vermeintlich getroffenen Beschlusses sei auch nicht derart realitätsfern, dass ein solches...