Leitsatz (amtlich)
In der unerbetenen Zusendung bereits einer Werbe-E-Mail ist grundsätzlich ein rechtswidriger Eingriff in den eingerichteten und ausgeübten Gewerbebetrieb zu erblicken. Die einzelne E-Mail ist als Teil des zu bekämpfenden Spammings aufzufassen.
Verfahrensgang
LG Magdeburg (Urteil vom 06.07.2006; Aktenzeichen 36 O 317/05) |
Tenor
Die Berufung der Beklagten gegen das am 6.7.2006 verkündete Urteil der 4. Kammer für Handelssachen des LG Magdeburg wird zurückgewiesen.
Die Kosten des Berufungsverfahrens hat die Beklagte zu tragen.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Die Beschwer der Beklagten übersteigt 20.000 EUR nicht.
Gründe
A. Die Klägerin nimmt die Beklagte auf Unterlassung der unaufgeforderten Zusendung von E-Mails zu Werbezwecken sowie auf Erstattung von Abmahnkosten in Anspruch.
Die Klägerin ist eine Dienstleistungsgesellschaft für freie Berater und Vermittler der Finanzdienstleistungsbranche. Sie betreut in ihrem Geschäftsbetrieb nahezu 2000 Netzwerkpartner und kommuniziert mit ihren Kunden überwiegend per E-Mail. Die Beklagte organisiert in ihrem Geschäftsbetrieb Messen und Kongresse. Sie übersandte der Klägerin am 16.8.2005 per elektronischer Post unter deren E-Mail-Adresse eine allgemeine Information mit Ausstellereinladung. Am 7.9.2006 übermittelte sie an die geschäftliche E-Mail-Adresse der Mitarbeiterin der Klägerin Frau T. eine Werbe-E-Mail mit einem Newsletter zu der Fachmesse "I. 2006" im Anhang. Wegen der Einzelheiten der E-Mail-Werbung wird auf den Ausdruck des Schreibens vom 7.9.2006 - Anlage K 1 - Blatt 11 d.A. - Bezug genommen.
Mit Anwaltsschreiben vom 18.10.2005 ließ die Klägerin die Beklagte wegen des unaufgeforderten Versendens von E-Mail-Werbung abmahnen und forderte sie zur Abgabe einer strafbewehrten Unterlassungsverpflichtungserklärung bis zum 2.11.2005 auf. Zugleich machte die Klägerin die unter Zugrundelegung eines Geschäftswertes von 10.000 EUR berechneten Anwaltskosten für die Abmahnung ggü. der Beklagten geltend. Die Beklagte gab die geforderte Unterlassungsverpflichtungserklärung nicht ab und erwiderte in dem Anwaltsschreiben vom 2.11.2005, dass die Versendung der Informationsmaterialien per elektronischer Post nicht wettbewerbswidrig sei, da sie sich auf eine zuvor telefonisch eingeholte Einwilligung der Klägerin berufen könne. Die Klägerin stellte mit weiteren Schreiben vom 7.11.2005 ein Einverständnis zur E-Mail-Werbung in Abrede und setzte der Beklagten zur Abgabe der Unterlassungsverpflichtungserklärung sowie zur Erstattung der Abmahnkosten eine Nachfrist bis zum 15.11.2005. Unter dem 8.11.2005 teilte die Beklagte mit, dass die Klägerin aus dem Verteiler ihres elektronischen Newsletter zwischenzeitlich gestrichen worden sei, die Abgabe einer strafbewehrten Unterlassungsverpflichtungserklärung verweigerte die Beklagte endgültig.
Unter dem 20.1.2006 erbat die Klägerin per E-Mail von der Beklagten einen Lageplan für die Messe "I. Professional". Am 31.1.2006 zeigte der Vorstandsvorsitzende der Klägerin Interesse an zusätzlichen Informationen über die Ausstellung "I. Professional".
Die Klägerin hat die Ansicht vertreten, dass die Übersendung der Informations- und Werbematerialien per elektronischer Post mit E-Mails vom 16.8. und 7.9.2005 wettbewerbswidrig sei, die Beklagte verstoße gegen das Verbot des § 7 Abs. 1, Abs. 2 Nr. 3 UWG, denn sie habe in eine Zusendung von Werbung unter Verwendung der elektronischen Post nicht eingewilligt. Die Beklagte könne sich hier auch nicht auf den Ausnahmetatbestand des § 7 Abs. 3 UWG berufen. Sie hat ist der Meinung gewesen, dass selbst für den Fall, dass der Vortrag der Beklagten richtig sei, nämlich dass das Callcenter der Beklagten tatsächlich bei der Klägerin vorab angerufen habe und ein Mitarbeiter der Klägerin den Namen des Vorstandsvorsitzenden S. als Ansprechpartner benannt habe, hierin aber noch keineswegs eine Zustimmung mit der Zusendung von E-Mail-Werbung zu sehen sei. Die Klägerin habe ein schützenswertes Interesse daran, von unverlangter E-Mail-Werbung verschont zu bleiben, weil die Klägerin hierdurch in ihrem reibungslosen Betriebsablauf aufgrund der Art der von ihr angebotenen Dienstleistung empfindlich gestört werde.
Die Klägerin hat beantragt,
I. die Beklagte zu verurteilen, es bei Meidung eines für jeden Fall der Zuwiderhandlung fälligen Ordnungsgeldes i.H.v. 1.000 EUR, ersatzweise Ordnungshaft bis zu 6 Monaten oder Ordnungshaft bis zu 6 Monaten, wobei die Ordnungshaft an deren Geschäftsführer zu vollstrecken ist, unter Ausschluss der Einrede des Fortsetzungszusammenhanges zu unterlassen, ohne Einwilligung Werbung unter Verwendung elektronischer Post an die Klägerin zu versenden;
II. die Beklagte ferner zu verurteilen, an sie 756,09 EUR nebst 4 % Zinsen über den Basiszinssatz seit dem 27.1.2006 zu zahlen.
Die Beklagte hat beantragt, die Klage abzuweisen.
Sie hat behauptet, ihr Callcenter habe am 11.7.2005 bei der Klägerin angerufen und darauf hingewiesen, dass die Klägerin im Vertei...