Leitsatz (amtlich)
1. Vergütungsansprüche des mit den Grundleistungen der Leistungsphasen 1 bis 8 des § 73 I HOAI a.F. beauftragten Ingenieurs können sich auch aus einer Bauzeitverlängerung ergeben. Sieht der Vertrag solche Ansprüche vor, muss zwischen dem Auftraggeber und dem Ingenieur keine ausdrückliche und bestimmte Bauzeit vereinbart worden sein. Es genügt, dass sich der für die planmäßige Durchführung des Bauvorhabens notwendige Zeitraum aus den Umständen, insbesondere einem Bauablaufplan ergibt und tatsächlich überschritten wurde.
2. Zu erstattende Mehraufwendungen sind solche Ausgaben, die der Auftragnehmer für die geschuldete Leistung hatte und die er ohne die Bauzeitverzögerung nicht hätte aufbringen müssen. Ihre schlüssige Darlegung erfordert den Vergleich zweier Ausgabenlagen auch dann, wenn der Anspruch auf vertraglicher Grundlage und nicht in Form des Schadensersatzes geltend gemacht wird.
3. Davon zu unterscheiden ist die zugesagte Vergütung für Mehraufwendungen, die nicht notwendig dem Mehraufwand entspricht.
4. Geht der Kläger vom Anspruch auf Erstattung seiner Mehraufwendungen zum Anspruch auf deren Vergütung über, handelt es sich um eine Klageänderung, zu der das Berufungsgericht nicht durch einen Hinweis Gelegenheit geben muss.
5. Auf den Auftraggeber zurückgehende wiederholte Arbeiten des Ingenieurs sind in der Regel gesondert zu vergüten. Ein Zeithonorar wird aber nur dann geschuldet, wenn sich hierfür im Einzelfall eine Grundlage in der HOAI findet.
Verfahrensgang
LG Magdeburg (Urteil vom 29.07.2014; Aktenzeichen 9 O 274/13) |
Tenor
Die Berufung der Klägerin gegen das am 29.7.2014 verkündete Urteil des LG Magdeburg wird zurückgewiesen.
Die Klägerin trägt die Kosten des Rechtsmittels.
Dieses wie auch das angefochtene Urteil des LG sind ohne Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar. Die Klägerin darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung i.H.v. 120 % des auf Grund der Urteile vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht das beklagte Land vor der Vollstreckung Sicherheit i.H.v. 120 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.
Gründe
I. Die Klägerin ist ein Planungs- und Sachverständigenbüro für technische Gebäudeausrüstung. Sie verlangt vom beklagten Land für Nachträge sowie auf Grund der Verlängerung der Bauzeit Restzahlungen im Zusammenhang mit der Sanierung der Hauptgebäude der Hochschule M..
Im März 2005 schlossen das Land Sachsen-Anhalt und die Klägerin einen Vertrag "Technische Ausrüstung", wie er als Anlage K 1 (I/6-33) zu den Akten gelangt ist.
In § 6 unter Ziff. 6.2 haben die Parteien in Satz 5 das Folgende vereinbart:
"Verzögert sich die Bauzeit durch Umstände, die der Auftragnehmer nicht zu vertreten hat, wesentlich, so ist für die Mehraufwendungen eine zusätzliche Vergütung zu vereinbaren. Eine Überschreitung bis zu 20 v.H. der festgelegten Ausführungszeit, maximal jedoch 6 Monate, ist durch das Honorar abgegolten".
Bis April 2008 gab es fünf Nachträge. Im Sommer 2010 beendete die Klägerin ihre Leistungen. Das Projekt wurde mangelfrei abgenommen.
Am 27.6.2011 legte die Klägerin die als Anlage K 10 überreichte Schlussrechnung (I/47-69), mit der die Nachträge 6 bis 13 mit 15.105,53 EUR und Mehraufwendungen im Umfang von 58.195,86 EUR abgerechnet wurden. Diese zwischen den Parteien streitigen Positionen lehnte das Land nach der ersten Schlussrechnungsprüfung ab. In der Folgezeit entwickelte sich zwischen den Parteien ein umfangreicher Schriftverkehr, mit dem die Klägerin weiter versuchte, ihre Nachtrags- und Mehraufwendungsforderungen zu untersetzen und zu begründen. Im Ergebnis ließ die Klägerin ihre Forderung von 768,56 EUR aus dem Nachtrag 7 fallen. Das beklagte Land wiederum leistete auf einzelne, der mit Zeithonoraren abgerechneten Nachträge Teilzahlungen wie folgt:
753,27 EUR - Nachtrag 6,
342,72 EUR - Nachtrag 8 und
122,57 EUR - Nachtrag 11.
Im Hinblick auf die Bauzeitverlängerung erstattete das Land der Klägerin 7.182,13 EUR (vgl. insoweit auch die Anlage B 12).
Die Klägerin hat behauptet, ihr stünden angesichts der Nachträge und ihrer Mehraufwendungen aus der Schlussrechnung restliche 64.278,47 EUR zu.
Gemäß Ziff. 6.3 des Vertrages seien die Nachträge/Zusatzleistungen nach Stundenlohn zu vergüten. Im Einzelnen habe das Land die Klägerin mit folgenden weiteren Leistungen beauftragt:
Nachtrag 6
Das Labor "Kraft- und Arbeitsmaschinen" sei bis zur Ausführungsplanung fertig geplant gewesen. Es habe dann nutzerseitige Änderungswünsche gegeben, die Anfang 2008 zum Verlangen nach Umplanung geführt hätten, so dass man im Ergebnis mehrfach habe planen müssen.
Nachtrag 8
Nach Abschluss der Ausführungsplanung des Gebäudes 121 habe die Hochschule zum Betrieb des zu Lehrzwecken angeschafften Blockheizkraftwerkes an Stelle der Gasdruckerhöhungsanlage einen neuen Hochdruckgasanschluss gefordert, der zur neuerlichen Planung geführt habe.
Nachtrag 9
Nach Abschluss der auf Vorgaben des Landes beruhenden Planung habe das Land versucht, Mittel einzusparen. Ohne dass dem ein Fehler der Klägerin voraus...