Leitsatz (amtlich)

Die Vermutungswirkung des § 430 BGB wird für ein von Ehegatten gemeinschaftlich eingerichtetes Oder-Konto nicht allein dadurch entkräftet, dass sich die Eheleute trennen oder sogar rechtskräftig geschieden werden und sich ein Ehegatte nicht mehr aktiv an den Bankgeschäften betreffend das Konto beteiligt.

 

Verfahrensgang

LG Dessau (Urteil vom 24.02.2006; Aktenzeichen 6 O 2039/04)

 

Tenor

Auf die Berufung der Klägerin wird das am 24.2.2006 verkündete Urteil der Einzelrichterin der 6. Zivilkammer des LG Dessau aufgehoben, soweit das LG den Klageantrag zu 2.2.) der Stufenklage zu 2) abgewiesen hat. Im Umfang der Aufhebung wird der Rechtsstreit an die 6. Zivilkammer des LG Dessau zur anderweiten Verhandlung und Entscheidung zurückverwiesen.

Die weitergehende Berufung der Klägerin wird zurückgewiesen.

Eine Entscheidung über die Kosten des Rechtsstreits, einschließlich der Kosten des Berufungsverfahrens, bleibt dem Schlussurteil vorbehalten.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Die Beschwer der Klägerin und die Beschwer der Beklagten übersteigen 20.000 EUR nicht.

und beschlossen:

Der Streitwert für das Berufungsverfahren wird auf 13.704,18 EUR festgesetzt.

 

Gründe

A. Die Klägerin nimmt den Beklagten als Erben ihres vorverstorbenen, geschiedenen Ehemannes W. B. auf Ausgleichszahlung aus einem gemeinschaftlich von den vormaligen Ehegatten geführten Oder-Kontos sowie im Wege der Stufenklage auf Auskunftserteilung und Zahlung eines überschießenden Restbetrages hinsichtlich der weiteren gemeinschaftlichen Konten in Anspruch. Ferner begehrt sie von dem Beklagten im Wege der Stufenklage auf der ersten Stufe die Erteilung von Auskünften über Valutierung oder Ablösung von Kreditverbindlichkeiten, die auf dem Hausgrundstück der Eheleute lasten, und auf der zweite Stufe Zahlung einer Nutzungsentschädigung für das alleinige Bewohnen des vormaligen Familienwohnheimes.

Die Klägerin war mit dem am 24.3.2003 verstorbenen Erblasser Herrn W. B. verheiratet, der ausweislich des Erbscheins des AG - Nachlassgerichts - Bitterfeld vom 7.1.2004 von seinen beiden Kindern, nämlich dem Beklagten und seiner Tochter K. Br. je zur Hälfte beerbt wurde.

Die vormaligen Ehegatten unterhielten - über die Trennung und rechtskräftige Scheidung hinaus - auf den Namen beider Ehepartner lautende gemeinschaftliche Konten, u.a. bei der D. Bank Kontonummer ...,... und ..., über die beide Ehepartner bis zum Tode des Erblassers verfügungsberechtigt waren.

Die Klägerin und ihr geschiedener Ehemann waren zudem zu gleichen Teilen Miteigentümer des im Grundbuch von M. Blatt 494 verzeichneten Hausgrundstückes, belegen in der K.-Straße 7 in M., das die Eheleute während der Ehezeit bis zu ihrer Trennung gemeinsam als Familienwohnstätte bewohnten. Die Klägerin trennte sich am 31.5.1997 von dem Erblasser und zog aus dem bislang gemeinsam genutzten Familienwohnheim aus, das der Erblasser fortan bis zu seinem Tode allein bewohnte. Der Erblasser tilgte die für das Hausgrundstück gemeinsamen aufgenommenen Kreditverbindlichkeiten aus eigenen Mitteln und trug sämtliche weiteren Hauskosten.

Die Ehe der Klägerin mit dem Erblasser wurde aufgrund des Ehescheidungsantrages vom 29.2.2000 durch Scheidungsurteil des AG - FamG - Bitterfeld vom 11.10.2000 rechtskräftig geschieden, nachdem zuvor das gleichfalls anhängige Zugewinnausgleichsverfahren abgetrennt und zum Ruhen gebracht wurde. Vor dem FamG ist nach wie vor das Zugewinnausgleichsverfahren anhängig, das bei dem AG Bitterfeld nunmehr unter dem Geschäftszeichen 8 F 197/06 GÜ (vormals 8 F 525/99) geführt wird.

Nach Eintritt des Erbfalls löste der Beklagte als Erbe des verstorbenen Herrn B. die gemeinschaftlichen Konten der Klägerin und seines verstorbenen Vaters auf und vereinnahmte die Guthabenbeträge. In einem mit der Klägerin am 5.2.2004 persönlich geführten Gespräch bestätigte er, dass er insgesamt 15.000 EUR vereinnahmt habe, wovon 4.000 EUR für die Tilgung des gemeinsamen Kredites verwandt worden seien.

Mit Anwaltschreiben vom 17.3.2004 forderte die Klägerin den Beklagten auf, ein Vermögensverzeichnis über das Vermögen ihres verstorbenen früheren Ehegatten zu erstellen und ihr vorzulegen. Zugleich verlangte sie von dem Beklagten für den Zeitraum ab 1.1.1997 bis zum Ableben ihres geschiedenen Ehemannes rückwirkend die Zahlung einer Nutzungsentschädigung für das Bewohnen des im Miteigentum beider vormaligen Ehegatten stehenden Hauses. Die Höhe des Nutzungsentgeltes berechnete sie anhand der ortsüblichen Vergleichsmiete und setzte für den Zeitraum von 1.1.1997 bis zum 31.12.2001 die Hälfte einer monatlichen Gesamtnettokaltmiete von 800 DM und aufgrund einer allgemeinen Mietsteigerung ab dem 1.1.2002 einen halben Nettomietzins aus 500 EUR an.

Der Beklagte teilte der Klägerin mit Schreiben vom 28.3.2004 mit, dass er den nach Auflösung der Konten vereinnahmten Guthabensbetrag für die Tilgung von gemeinsamen Krediten der früheren Eheleute eingesetzt habe.

Die Klägerin ist der Meinung gewesen, dass der Zulässigkeit ihrer Klag...

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