Leitsatz (amtlich)
1) Der Anwendungsbereich von Art. 48 EGBGB ist auf Fälle des Namenserwerbs im Zusammenhang mit familienrechtlichen Vorgängen wie Geburt, Eheschließung oder Adoption beschränkt.
2) Die freie Wahl eines Namens, wie sie im englischen Rechtsbereich zulässig ist (deed poll), kann zumindest dann nicht nach Art. 48 EGBGB anerkannt werden, wenn der gewählte Name eine Adelsbezeichnung enthält. Die Anerkennung wäre in einem solchen Fall mit wesentlichen Grundsätzen des deutschen Rechts unvereinbar.
Normenkette
AEUV Art. 21; GG Art. 123; EGBGB Art. 10, 48; WRV Art. 109
Verfahrensgang
AG Nürnberg (Beschluss vom 13.08.2014; Aktenzeichen UR III 58/14) |
Tenor
I. Die Beschwerde der Antragstellerin gegen den Beschluss des AG Nürnberg vom 13.8.2014 wird zurückgewiesen.
II. Die Antragstellerin trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens.
III. Der Verfahrenswert des Beschwerdeverfahrens wird auf 5.000 EUR festgesetzt.
IV. Die Rechtsbeschwerde wird zugelassen.
Gründe
I. Die Antragstellerin wurde am 4.4.1983 in Erlangen geboren, ihre Geburt mit den Namen Silke N. (Vornamen) Vo. (Familien- bzw. Geburtsname) vom Standesamt E. unter der Nr. 537/1983 registriert. Sie verlegte ihren Wohnsitz am 1.9.1999 nach London/Großbritannien, wo sie an der "Royal Academy of Dance" eine dreijährige Berufsausbildung absolvierte und im Sommer 2002 mit einem Diplom als "Student Teacher" abschloss. In der Folgezeit war sie als selbständige Diplom-Ballettlehrerin u.a. in England, der Schweiz und Deutschland - u.a. für Angehörige des amerikanischen Militärs - tätig. Ihr gewöhnlicher Aufenthalt war, durch einen am 31.5.2013 ergänzten Mietvertrag vom 1.2.2005 belegt, durchgehend in England. Am 31.10.2011 erwarb die Antragstellerin durch Einbürgerung zusätzlich die britische Staatsangehörigkeit. Am 19.12.2011 - sie gab ihre Anschrift dabei mit "... Walk, London ..." an - änderte sie während eines beruflichen Aufenthalts in der Schweiz durch Erklärung gegenüber der britischen Botschaft in Bern ihren Namen in "Silia Va ... M. Gräfin von Fü ...". Unter diesem Namen heiratete sie am 21.5.2013 in T. G. M. S../Cornwall Herrn "G. W." (laut Heiratsurkunde Sohn des H. W.). Die Eheschließung wurde mit diesen Daten in das britische Heiratsregister eingetragen. Am 17.4.2013 wurde ihr auf den neuen Namen ein britischer Reisepass ausgestellt. Am 15.8. brachte sie in London die Zwillinge R. J... F ... und V ... L. A. zur Welt, die beide mit dem Familiennamen "Graf von Fü ..." (mit Umlaut!) im örtlichen Register für Geburten und Sterbefälle eingetragen wurden.
Mit Anwaltsschriftsatz vom 25.2.2014 erklärte die Antragstellerin gegenüber dem Standesamt E. in öffentlich beglaubigter Form unter Berufung auf Art. 48 EGBGB, der von ihr nach britischem Recht gewählte Name solle in das deutsche Personenstandsregister eingetragen werden. Das Standesamt bezweifelte zunächst seine Zuständigkeit, dann den Aufenthalt der Antragstellerin in Großbritannien. Schließlich wurde darauf verwiesen, dass es in England keine, von Art. 48 EGBGB geforderte Namenseinträge in Personenstandsregistern gebe - der Heiratseintrag diene nicht dazu den Namen einer Person verbindlich festzulegen. Das Bayerische Staatsministerium des Innern schließt in seinem, vom Standesamt in Bezug genommenen Schreiben vom 3.4.2014, vom Fehlen eines Namensregisters in England auf die Unanwendbarkeit von Art. 48 EGBGB in Fällen des dortigen Namenserwerbs. Im Übrigen widerspreche die Möglichkeit schrankenlos freier Namenswahl wesentlichen Grundsätzen deutschen Rechts.
Mit Schreiben vom 2.6.2014 an das AG Nürnberg beantragte die Beteiligte zu 1) daraufhin, das Standesamt E. anzuweisen, den sie betreffenden Geburtseintrag dahin fortzuschreiben, dass der Vorname "Silia Va ... M." und der Familienname "Gräfin von Fü ..." lautet. Die Voraussetzungen der Vorschrift lägen vor. Sie habe dem neuen Namen die in England geforderte "reputation", das heißt Publizität und Anerkennung auf gesellschaftlicher Ebene verschafft.
Das Standesamt Erlangen trat dem Antrag entgegen.
Das AG Nürnberg wies mit Beschluss vom 13.8.2014, auf den wegen der Einzelheiten verwiesen wird, den Antrag zurück. Zur Begründung verwies es vor allem auf die Besonderheit, dass in England der Name, jedenfalls soweit es um den durch reine Willenserklärung erworbenen gehe, als etwas rein Privates betrachtet werde. Der Geburtsname im Sinne des deutschen Personenstandsrechts werde dadurch nicht berührt. Im Übrigen widerspreche die von der Antragstellerin gewünschte Beurkundung dem deutschen ordre public.
Der Beschluss ist der Zustellungsbevollmächtigten der Antragstellerin am 20.8.2014 zugestellt worden. Am 19.9.2014 ist die hiergegen gerichtete Beschwerde beim AG Nürnberg eingegangen, der nicht abgeholfen worden ist.
Die Beschwerdeführerin macht geltend, ein Familienname könne Geburts- oder Ehename sein, die vor ihrer Verehelichung erfolgte Namensänderung könne also nur den Geburtsnamen betroffen haben. Im Übrigen sei mittlerweile die Geburt ihrer Kinder in England ...