Entscheidungsstichwort (Thema)
Verpflichtung der Eltern zur Teilnahme an Beratungsgesprächen
Leitsatz (redaktionell)
Es besteht keine Befugnis des Familiengerichts, zur Anbahnung einer Umgangsregelung die Teilnahme der Eltern an psychologisch-pädagogischen Beratungsgesprächen anzuordnen.
Normenkette
BGB § 1684 Abs. 2-3
Verfahrensgang
AG Hersbruck (Beschluss vom 24.11.2005; Aktenzeichen 4 F 670/04) |
Tenor
1. Auf die Beschwerde der Antragsgegnerin wird der Beschluss des AG - FamG - Hersbruck vom 24.11.2005 aufgehoben.
2. Außergerichtliche Kosten der Verfahrensbeteiligten werden nicht erstattet.
3. Der Geschäftswert des Beschwerdeverfahrens wird auf 3.000 EUR festgesetzt.
Gründe
I. Die Parteien, die früher in nichtehelicher Gemeinschaft zusammen gelebt haben, sind die Eltern des Kindes B. geb. 1994.
Die Antragsgegnerin übt die alleinige elterliche Sorge für aus.
Im April 2004 verzog die Antragsgegnerin mit B. von W. Schleswig-Holstein nach A. Seitdem fand kein Umgangskontakt zwischen dem Antragsteller und dem Kind statt.
Der Antragsteller begehrt die Regelung des Umgangs mit B. die jeglichen Kontakt zum Vater ablehnt.
Das AG - FamG - Hersbruck hat ein psychologisches Gutachten der Dipl.-Psych. Z. erholt. Die Sachverständige ist zu dem Ergebnis gelangt, dass ein Umgang des Kindes mit seinem Vater grundsätzlich wünschenswert wäre, aktuell aber ohne Zwischenschaltung von Hilfen (Beratung der Eltern, therapeutische Maßnahmen für B. aus psychologischer Sicht aufgrund der derzeitigen heftigen Bekundung eines entgegenstehenden Willens des Kindes nicht verantwortet werden könne. Wegen der näheren Einzelheiten wird auf das schriftliche Gutachten vom 18.4.2005 Bezug genommen.
Im Termin am 23.5.2005 haben sich die Parteien - vorbehaltlich der Finanzierung - auf eine therapeutische Begleitung durch die Dipl.-Psych. Z. bei der die Antragsgegnerin seit August 2004 zur Aufarbeitung von Beziehungsproblemen in Therapie ist, verständigt, um zu einer konfliktfreien Kommunikation auf Elternebene zurückzufinden; andernfalls wollte man sich diesbezüglich an die Erziehungsberatungsstelle wenden.
Nach langen, fruchtlosen Auseinandersetzungen um die Frage der Finanzierung der ins Auge gefassten Maßnahmen bei Frau C. durch die Krankenkasse des Antragstellers hat das AG - FamG - Hersbruck durch Beschl. v. 24.11.2005 den Parteien aufgegeben, zur Anbahnung einer Umgangsregelung sich zu gemeinsamen Gesprächen bei der Erziehungs- und Jugendbear-tungsstelle in Lauf einzufinden und die ihnen angebotenen Termine wahrzunehmen. Für den Fall der Weigerung ist den Parteien ein Zwangsgeld i.H.v. 1.000 EUR angedroht worden.
Gegen diese Entscheidung hat die Antragsgegnerin mit Schriftsatz ihrer Prozessbevollmächtigten vom 1.12.2005 Beschwerde eingelegt.
Auf die Beschwerdebegründung wird Bezug genommen.
Der Antragsteller beantragt die Zurückweisung der Beschwerde.
II.1. Die Beschwerde ist zulässig (§§ 621 Abs. 1 Nr. 2, 621a Abs. 1 S. 1 ZPO, §§ 64 Abs. 3, 19 Abs. 1, 20 Abs. 1 FGG).
Das Rechtsmittel richtet sich gegen eine im Verfahren der freiwilligen Gerichtsbarkeit ergangene Zwischenentscheidung, die in die Rechte der Antragsgegnerin eingreift. Von dieser wird die Teilnahme an psychologisch-pädagogischen Beratungsgesprächen verlangt, deren Erzwingung angedroht wird. Der Antragsgegnerin steht daher ein Anfechtungsrecht zu.
Zur Entscheidung über die Beschwerde ist nach der maßgeblichen Bestimmung des § 30 FGG der Senat in der in § 122 GVG vorgeschriebenen Besetzung berufen; §§ 568, 526 ZPO kommen nicht (entsprechend) zur Anwendung (Keidel/Kuntze/Winkler, FGG, 15. Aufl., § 30 Rz. 10).
2. Die Beschwerde ist auch begründet.
Die Antragsgegnerin wendet sich mit Recht gegen die - zwangsweise durchsetzbare - Anordnung der Teilnahme an fachpsychologischen Gesprächen bei der Erziehungsberatungsstelle als Vorbereitungsmaßnahme für eine künftige Umgangsregelung.
Ob insoweit eine familiengerichtliche Regelungskompetenz besteht, ist in der obergerichtlichen Rechtsprechung umstritten.
Zum Teil wird die Anordnung der Teilnahme der Eltern an psychologisch-pädagogischen Hilfemaßnahmen bzw. einer Familientherapie als zulässige und sinnvolle Maßnahme angesehen, um die Beteiligten zur Erfüllung der in § 1684 Abs. 2 BGB normierten Loyalitätspflicht anzuhalten (so z.B. OLG Stuttgart v. 26.7.2000 - 17 UF 99/00, OLGReport Stuttgart 2001, 150 = FamRZ 2001, 932; OLG Düsseldorf v. 2.8.2000 - 2 UF 82/00, FamRZ 2001, 512; Staudinger/Rauscher, BGB, 2000, § 1684 Rz. 104 ff.).
Nach der Gegenmeinung ist das Gericht nicht befugt, auf diese Weise auf die Beteiligten einzuwirken, um sie zu einem bestimmten Verhalten in Bezug auf den Umgang mit dem Kind zu bewegen (OLG Karlsruhe v. 17.2.2003 - 20 WF 152/02, OLGReport Karlsruhe 2003, 424 = FamRZ 2004, 56; OLG Brandenburg v. 21.11.2001 - 9 UF 219/01, FamRZ 2002, 975; zum früheren Recht s.a. BGH FamRZ 1994, 158).
Dieser Auffassung ist auch der Senat.
Zwar besteht nach § 1684 Abs. 2 BGB eine Wohlverhaltenspflicht der Eltern, zu deren Erfüllung nach Abs. 3 S. 2 dieser ...