Leitsatz (amtlich)

Im vereinfachten Kostenfestsetzungsverfahren ist die Kostenvereinbarung eines gerichtlichen Vergleichs der Parteien anhand des Wortlauts umzusetzen. Demgemäß ist die Heranziehung und Würdigung von im Wortlaut des Kostentitels nicht angedeuteten Umständen unzulässig.

 

Normenkette

ZPO § 104

 

Verfahrensgang

LG Nürnberg-Fürth (Beschluss vom 05.10.2020; Aktenzeichen 12 O 3043/19)

 

Tenor

1. Auf die sofortige Beschwerde des Beklagten zu 1 wird der Kostenfestsetzungsbeschluss zugunsten der Klägerin des Landgerichts Nürnberg-Fürth vom 05.10.2020, Az. 12 O 3043/19, aufgehoben.

2. Die Klägerin trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens.

 

Gründe

I. Mit Beschluss vom 02.03.2020 (Bl. 149 ff. d. A.) stellte das Landgericht fest, dass zwischen den Parteien ein Vergleich zustande gekommen ist. Dieser enthält unter dem Punkt 8. folgende Kostenregelung:

a) Die Parteien des Verfahrens, mithin die Klägerin, der Beklagte zu 1 und die Beklagte zu 2, sind sich einig, dass jede Partei ihre eigenen außergerichtlichen Kosten selbst trägt.

b) Die gerichtlichen Kosten des Verfahrens trägt die Beklagte zu 1.

Mit Beschluss vom 05.10.2020 (Bl. 253 ff. d. A.) setzte das Landgericht gemäß einem entsprechenden Antrag vom 20.04.2020 (Bl. 172 f. d. A.) "[d]ie von dem Beklagten zu 1 an die Klägerin gem. § 104 ZPO nach dem Beschluss des Landgerichts Nürnberg-Fürth vom 02.03.2020 gem. § 278 Abs. 6 ZPO zu erstattenden Kosten (...) auf 7.321,70 EUR (...) nebst Zinsen in Höhe von 5 %-Punkten über dem Basiszinssatz gem. § 247 BGB hieraus seit 22.04.02020" fest. Aus dem Schriftverkehr der Parteien vor Abschluss des Vergleichs ergebe sich - so das Landgericht im Ergebnis -, dass sich die Regelung zu den außergerichtlichen Kosten lediglich auf die vorgerichtlichen Kosten beziehe und im Übrigen auf die Regelung zu den gerichtlichen Kosten abzustellen sei.

Gegen den Kostenfestsetzungsbeschluss, welcher am 12.10.2020 zugestellt worden war, wandte sich der Beklagte zu 1 mit Schriftsatz vom 26.10.2020 (Bl. 260 d. A.), der am selben Tag einging. Aus dem Vergleich ergebe sich - so der Beklagte zu 1 -, dass jede Partei ihre außergerichtlichen Kosten selbst zu tragen habe. Entsprechendes sei im Rahmen der gerichtlichen Vergleichsverhandlungen angestrebt worden. Angesichts des klaren Wortlauts bestehe für eine Auslegung kein Raum. Soweit das Landgericht auf die außergerichtliche Korrespondenz abstelle, sei zu berücksichtigen, dass bis zum Vergleichsabschluss nahezu sechs Monate vergangen seien. Der Vergleichstext basiere nicht mehr auf den ursprünglichen Verhandlungen. Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten des Beschwerdevorbringens wird auf die Beschwerdebegründung vom 30.11.2020 (Bl. 266 ff. d. A.) sowie auf den Schriftsatz vom 08.02.2021 (Bl. 285 d. A.) Bezug genommen.

Die Klägerin verteidigt den angegriffenen Kostenfestsetzungsbeschluss. Aus den vorgelegten Schreiben ergebe sich, dass die Übernahme der ihr durch den Prozess entstandenen Rechtsanwaltskosten durch die Beklagte zu 1 Grundlage für den Abschluss des Vergleichs gewesen sei. Dies habe der Vertreter des Beklagten zu 1 sogar ausdrücklich bestätigt. Die Parteien hätten sich lediglich darauf geeinigt, dass jeder seine vorgerichtlichen Rechtsanwaltskosten selbst trage. Die Formulierung "außergerichtliche Kosten" beruhe auf einem Versehen. Das Vorbringen, der finale Vergleichstext basiere nicht mehr auf den ursprünglichen Vergleichsverhandlungen, sei haltlos. Die Verzögerung sei allein der Verhandlung des Beklagten zu 1 mit der Streithelferin geschuldet gewesen. Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten wird auf den Schriftsatz vom 15.01.2021 (Bl. 281 f. d. A.) Bezug genommen.

Am 15.02.2021 entschied das Landgericht, der Beschwerde nicht abzuhelfen (Bl. 286 ff. d. A.).

II. Die gemäß § 104 Abs. 3 Satz 1, § 567 Abs. 1 Nr. 1 ZPO statthafte und auch im Übrigen zulässige, insbesondere form- und fristgerecht (§ 569 Abs. 1, Abs. 2 ZPO) eingelegte sofortige Beschwerde gegen den Kostenfestsetzungsbeschluss vom 05.10.2020 hat auch in der Sache Erfolg. Eine Regelung, nach welcher der Beklagte zu 1 der Klägerin gegenüber zur Erstattung außergerichtlicher Kosten der Rechtsverfolgung verpflichtet wäre, ist dem Vergleich nicht zu entnehmen. Für eine dahingehende Auslegung besteht kein Raum.

1. Im vereinfachten Kostenfestsetzungsverfahren ist die Kostenvereinbarung eines gerichtlichen Vergleichs der Parteien anhand des Wortlauts umzusetzen. Die Heranziehung und Würdigung anderer Umstände als des Textes des Kostentitels ist nicht statthaft (OLG Koblenz, Beschluss vom 21.09.2015 - 14 W 585/15 -, juris Rn. 3; Herget in: Zöller, ZPO, 33. Aufl., § 104 Rn. 21.16). Die gemäß § 133 BGB (gegebenenfalls) vorzunehmende Auslegung hat sich stets am Wortlaut der Kostengrundentscheidung zu orientieren (Schulz in: Münchener Kommentar, BGB, 6. Aufl., § 104 Rn. 62; Gierl in: Saenger, ZPO, 8. Aufl., § 104 Rn. 6; Flockenhaus in: Musielak/Voit, ZPO, 17. Aufl., § 104 Rn. 3); sie hat sich an das zu halten, was in der Kostenentscheidung erkennbar...

Dieser Inhalt ist unter anderem im VerwalterPraxis Gold enthalten. Sie wollen mehr?


Meistgelesene beiträge