Entscheidungsstichwort (Thema)

Privatversicherungsrecht, Sonstiges Bürgerliches, Recht, Europarecht vorgehend

 

Leitsatz (amtlich)

Zum Deckungsanspruch gegen den Rechtsschutzversicherer in einem sog. Dieselfall (hier verneint).

 

Normenkette

BGB § 823 Abs. 2, § 826; VVG § 125

 

Verfahrensgang

LG Regensburg (Urteil vom 26.10.2022; Aktenzeichen 32 O 133/22)

 

Tenor

1. Der Senat beabsichtigt, die Berufung gegen das Urteil des Landgerichts Regensburg vom 26.10.2022, Az. 32 O 133/22, gemäß § 522 Abs. 2 ZPO zurückzuweisen, weil er einstimmig der Auffassung ist, dass die Berufung offensichtlich keine Aussicht auf Erfolg hat, der Rechtssache auch keine grundsätzliche Bedeutung zukommt, weder die Fortbildung des Rechts noch die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Berufungsgerichts erfordert und die Durchführung einer mündlichen Verhandlung über die Berufung nicht geboten ist.

2. Hierzu besteht Gelegenheit zur Stellungnahme binnen vier Wochen nach Zustellung dieses Beschlusses.

 

Gründe

I. Die Parteien streiten über Ansprüche aus einer Rechtsschutzversicherung, die der Kläger seit 2013 bei der Beklagten unterhält. Dem Vertrag liegen die Allgemeinen Bedingungen der Beklagten für die Rechtsschutzversicherung (im Folgenden: ARB; Anlagenkonvolut B 3) zugrunde.

Im Juli 2018 erwarb der Kläger von der Fa. B. ... einen gebrauchten PKW der Marke BMW 640d zum Preis von brutto 39.500 EUR (Anlage K 4). Im Fahrzeug ist der Motortyp N 57 verbaut. Es ist in die Schadstoffklasse "Euro 5" eingeordnet und wurde erstmals im Februar 2015 zugelassen (Anlage K 5). Einen vom Kraftfahrtbundesamt angeordneten verpflichtenden Rückruf gab es für Fahrzeuge dieses Motortyps nicht (Anlage B 9 bis B 12).

Mit Schreiben vom 05.05.2021 verlangte der Kläger von der Beklagten Rechtsschutzdeckung für die Geltendmachung von Schadensersatz gegen die BMW AG wegen behaupteter "Manipulation der Abgassteuerung" (Anlage K 1). Die Beklagte lehnte den Versicherungsschutz mit Schreiben vom 20.05.2021 ab, weil die beabsichtigte Interessenwahrnehmung keine hinreichende Aussicht auf Erfolg habe (Anlage K 2). Daraufhin erstellten die Prozessbevollmächtigten des Klägers am 05.06.2021 einen an die N. A. Versicherungs AG adressierten und dort als Rechtsschutzversicherer des Klägers bezeichneten "Stichentscheid", welcher hinreichende Erfolgsaussichten bejahte (Anlage K 3). Auch in der Folgezeit blieb die Beklagte bei einer Ablehnung ihrer Eintrittspflicht.

Der Kläger behauptet, das Fahrzeug sei von dem Hersteller, der BMW AG, mit einer unzulässigen Abschalteinrichtung versehen worden, die den Schadstoffausstoß auf dem Prüfstand unerlaubt verringere und unter Realbedingungen erheblich mehr Schadstoffe emittiere. Daneben verfüge das Fahrzeug auch über ein sog. "Thermofenster", das die Funktionsweise bzw. den Wirkungsgrad der Abgasreinigung in Abhängigkeit von der Außentemperatur bei gleichbleibender Außentemperatur dauerhaft reduziere. Der Kläger sei bei Erwerb des Fahrzeugs massiv über dessen wesentliche Eigenschaften getäuscht worden. Er plane, die aus dem Kauf resultierenden Schadensersatzansprüche geltend zu machen.

Das Landgericht hat die auf Feststellung der Deckungspflicht für die außergerichtliche und erstinstanzliche Interessenwahrnehmung sowie Freistellung von den Kosten des Stichentscheids in Höhe von 713,76 EUR gerichtete Klage vollständig abgewiesen. Es hat dabei im Wesentlichen darauf abgestellt, dass die Beklagte einen Deckungsanspruch zu Recht wegen fehlender hinreichender Erfolgsaussicht abgelehnt habe. Der Stichentscheid entfalte keine Bindungswirkung, weil er sich nicht mit allen Argumenten im Ablehnungsschreiben der Beklagten auseinandersetze. Der Stichentscheid habe im Übrigen die Sach- und Rechtslage gröblich verkannt. Auch der übrige Klagevortrag genüge nicht, um einen Anspruch aus § 826 BGB gegen den Fahrzeughersteller schlüssig zu begründen.

Hiergegen wendet sich die Berufung des Klägers, mit der er seine erstinstanzlichen Klageanträge weiterverfolgt.

II. Der Senat ist gemäß § 529 Abs. 1 Nr. 1 ZPO grundsätzlich an die in erster Instanz festgestellten Tatsachen gebunden. Durchgreifende und entscheidungserhebliche Zweifel an der Richtigkeit oder Vollständigkeit dieser Feststellungen ergeben sich nicht. Die maßgeblichen Tatsachen rechtfertigen keine von der des Landgerichts abweichende Entscheidung und dessen Entscheidung beruht auch nicht auf einer Rechtsverletzung (§ 513 Abs. 1 ZPO).

Zu Recht und mit überzeugender Begründung hat das Landgericht einen Anspruch des Klägers aus § 125 VVG, § 5 Abs. 1 ARB verneint und demzufolge die Feststellungs- und Leistungsklage abgewiesen. Mit den hiergegen erhobenen Einwendungen kann die Berufung nicht durchdringen.

1. Zugunsten des Klägers kann davon ausgegangen werden, dass ein Versicherungsfall i.S.v. § 2 lit. a) ARB eingetreten ist. Denn der Versicherungsnehmer bringt einen objektiven Tatsachenkern vor, mit dem er den Vorwurf eines Rechtsverstoßes als Ausgangspunkt einer rechtlichen Auseinandersetzung ...

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