Rechtsschutzversicherung: Deckung der Kosten einer Dieselklage

Die Rechtslage in Sachen „Dieselklagen“ hatte sich erst nach der Ablehnung der Versicherung zugunsten des Versicherungsnehmers geändert. Der BGH musste entscheiden, ob die Versicherung die geänderten Erfolgsaussichten berücksichtigen muss.

Der Kläger hatte im August 2020 ein gebrauchtes Wohnmobil gekauft. Es handelte sich um ein Dieselfahrzeug zum Preis von knapp 40.000 EUR.
Er wollte die Herstellerin des Fahrzeugs verklagen. Sein Vorwurf: Die Verantwortlichen hätten das Fahrzeug mit einer unzulässigen Abschalteinrichtung, insbesondere einem Thermofenster, ausgestattet und ihn dadurch vorsätzlich und sittenwidrig geschädigt.

Rechtsschutzversicherung hat Kostenzusage mit Hinweis auf die Versicherungsbedingungen abgelehnt

Die Rechtsschutzversicherung des Klägers hatte die erbetene Kostenzusage mit Schreiben vom 16.2.2021 unter Verweis auf die dem Vertrag zugrundeliegenden Allgemeinen Rechtsschutz-Vertragsbedingungen (ARB 2016) abgelehnt. Begründung: es läge weder ein Rechtsverstoß vor, noch bestünden in der Sache Erfolgsaussichten.

Auszug aus den Rechtsschutz-Vertragsbedingungen (ARB 2016):

„§ 3a Ablehnung des Rechtsschutzes wegen mangelnder Erfolgsaussichten oder wegen Mutwilligkeit – Stichentscheid.

Die Versicherung kann den Rechtsschutz ablehnen, wenn ihrer Auffassung nach

a. in einem der Fälle des § 2 a) bis g), n), q) aa) und cc) sowie r) aa) die Wahrnehmung der rechtlichen Interessen keine hinreichende Aussicht auf Erfolg hat oder ….

In diesen Fällen ist dem Versicherungsnehmer, nachdem dieser die Pflichten gemäß § 17 Abs. 1 b) erfüllt hat, die Ablehnung unverzüglich unter Angabe der Gründe schriftlich mitzuteilen."

Das Landgericht (LG) hatte die Deckungsschutzklage abgewiesen. Auf die Berufung des Klägers hatte das Oberlandesgericht (OLG) das erstinstanzliche Urteil abgeändert. Es stellte unter anderem fest, dass die Beklagte aus dem Versicherungsvertrag verpflichtet ist, die Kosten der erstinstanzlichen Geltendmachung von deliktischen Schadensersatzansprüchen des Klägers zu tragen.

Änderung der Rechtslage nach Zeitpunkt der Bewilligungsreife

Der Bundesgerichtshof (BGH) hat die Revision des Versicherers zurückgewiesen. Ein zentraler Punkt, der geklärt werden musste, war, dass nach dem Zeitpunkt der sogenannten Bewilligungsreife des Versicherers, also nach dessen Ablehnung, eine Klärung der Rechtslage durch höchstrichterliche Rechtsprechung (EuGH) zugunsten des Versicherungsnehmers erfolgte.

Der BGH entschied:

  • Ändern sich zwischen der ablehnenden Entscheidung des Deckungsschutzantrags und der gerichtlichen Entscheidung über eine Deckungsklage die Erfolgsaussichten, die sich zugunsten des Rechtsschutzsuchenden auswirken und die nach einschlägigem Fachrecht zu berücksichtigen sind, sind diese bei der Prüfung der Erfolgsaussichten zu beachten.
  • Das Berufungsgericht habe daher zu Recht bei der Prüfung der Erfolgsaussichten die nach dem Zeitpunkt der Deckungsablehnung ergangene, die für den klagenden Versicherungsnehmer günstige Entscheidung des Europäischen Gerichtshofs (EuGH) berücksichtigt.

Soweit es sich aus den neueren Entscheidungen des BGH ergeben könnte, dass dem Kläger der geltend gemachte Schadensersatzanspruch nicht oder nur im geringeren Umfang zustehe, führe dies zu keinem anderen Ergebnis, so der BGH. Denn das Berufungsgericht habe zum Zeitpunkt des Urteils die weitere Entwicklung der Rechtsprechung nicht absehen können.

(BGH, Urteil v. 5.6.2024 IV ZR 140/23)