Tenor

1. Auf die Beschwerde der Mutter wird der Beschluss des Amtsgerichts Tirschenreuth vom 24.11.2023, Az. 51 F 294/23, aufgehoben.

Der Antrag des Vaters auf Anordnung einer Ergänzungspflegschaft vom 28.07.2023 wird zurückgewiesen.

2. Die Kosten des erstinstanzlichen Verfahrens werden gegeneinander aufgehoben.

3. Von der Erhebung von Gerichtskosten für das Beschwerdeverfahren wird abgesehen. Außergerichtliche Kosten werden nicht erstattet.

4. Der Verfahrenswert für die erste und zweite Instanz wird jeweils auf 4.000,- Euro festgesetzt.

5. Die Rechtsbeschwerde wird zugelassen.

 

Gründe

I. Die Eltern des Kindes ..., geb. ..., streiten darüber, ob für die Geltendmachung von Auskünften im Rahmen von Unterhaltsansprüchen gegenüber der Mutter des Kindes die Anordnung einer Ergänzungspflegschaft erforderlich ist.

1. Die Eltern des betroffenen Kindes waren und sind nicht miteinander verheiratet. Kraft der gegenüber dem Kreisjugendamt T. am 19.05.2017 abgegebenen Sorgerechtserklärung üben die Eltern die Sorge für das Kind gemeinsam aus. Der Vater verpflichtete sich durch entsprechende Erklärung gegenüber dem Kreisjugendamt T. vom 20.07.2018 zur Zahlung von Kindesunterhalt in Höhe von 105% des gesetzlichen Mindestunterhalts der jeweiligen Altersstufe abzüglich des hälftigen Kindergeldes für die Zeit ab dem 01.02.2018 (Urkundennummer 0172/18).

2. In dem bei dem Amtsgericht Tirschenreuth geführten familiengerichtlichen Verfahren wegen Umgangsrechts (Az. 03 F 30/23) hatten sich die Eltern am 08.03.2023 auf eine detailreiche Umgangsregelung verständigt, auf die Bezug genommen wird. Auf der Grundlage dieser Vereinbarung wird der Umgang mit dem Kind praktiziert.

Der Vater ist der Auffassung, durch diese Vereinbarung sei ein paritätisches Wechselmodell vereinbart worden. Beide Elternteile seien gleichmäßig an der Betreuung des gemeinsamen Kindes beteiligt. Es ergebe sich unter Zugrundelegung des bei der Mutter geltenden Schichtrhythmus von zehn Tagen und unter Berücksichtigung der jeweiligen Wochenend- und Feiertagsregelungen über ein Jahr betrachtet ein gleichmäßiger Verteilungsrhythmus der Betreuungszeiten zwischen den beiden Elternteilen. Die Auswertung der Betreuungszeiten im Einzelnen habe ergeben, dass die Betreuungszeit bei der Mutter nur bei 1,23 Prozent über 50 Prozent liege. Eine derart minimalistische Abweichung habe zur Folge, dass die Betreuungszeiten als gleichmäßig im Sinne eines paritätischen Wechselmodells angesehen werden müssten.

Dies habe gemäß einer überschlägigen Berechnung zur Folge, dass dem Kind kein Anspruch mehr auf Zahlung von Kindesunterhalt gegenüber dem Vater zustünde, wenn die Mutter aufgrund ihrer Schichtarbeitszeiten ein gleich hohes unterhaltsrechtliches Einkommen wie der Vater haben sollte. Seiner Erinnerung nach habe die Mutter ein vergleichbar hohes Einkommen wie er. Zudem habe der Vater mittlerweile ein weiteres - ebenfalls unterhaltsberechtigtes - Kind.

Die Mutter sei zur Erteilung von Auskunft über ihr Einkommen nicht bereit. Das Kind, welches einen Auskunftsanspruch gegen die Mutter habe, könne allerdings einer Reduzierung des gegenüber dem Vater bestehenden Unterhaltsanspruchs entgegentreten, wenn es über die Einkommenssituation seiner Mutter Auskunft vorliegen hätte und erteilen könne. Das Kind könne den Auskunftsanspruch gegenüber der Mutter nicht selbst geltend machen. Die Mutter könne das Kind in dieser Angelegenheit nicht selbst vertreten. Daher sei zu diesem Zweck die Bestellung eines Ergänzungspflegers erforderlich.

Der Vater hat erstinstanzlich beantragt, dem Kind für die Geltendmachung der Auskünfte im Rahmen von Unterhaltsansprüchen gegenüber der Mutter des Kindes einen Ergänzungspfleger zu bestellen.

Die Mutter hat die Abweisung des Antrags gefordert.

Sie meint, ein Wechselmodell läge nicht vor. Das Kind werde auch vor dem Hintergrund der geschlossenen Umgangsvereinbarung vorwiegend von der Mutter betreut. Der Vater übe lediglich erweiterten Umgang aus. Ein Wechselmodell sei nur dann gegeben, wenn jeder Elternteil exakt 50 Prozent der Betreuungszeiten übernehme. Die Mutter betreue den gemeinsamen Sohn allerdings mindestens zwei Prozent mehr.

Der Vater sei daher weiterhin barunterhaltspflichtig, die Mutter leiste den Betreuungsunterhalt. Sie trage zudem im Alltag sämtliche Kosten für das Kind wie etwa zusätzliche Kindergartenbeiträge sowie die Kosten für Ausflüge mit dem Kindergarten, Kleidung und für Friseurtermine, wie es bei einem klassischen Residenzmodell der Fall sei. Auch dies weise darauf hin, dass die Betreuung des Kindes nicht einem Wechselmodell folge.

3. Das Amtsgericht hat mit Beschluss vom 24.11.2023 für das betroffene Kind Ergänzungspflegschaft mit dem Aufgaben-/Wirkungskreis "Vertretung bei der Geltendmachung von Auskunfts- und Unterhaltsansprüchen gegenüber der Mutter" angeordnet. Zur Begründung hat es u.a. ausgeführt, dass es in der Konstellation des Wechselmodells an dem für ein Obhutsverhältnis notwendigen Schwerpunkt der Betreuung fehle. Eine auf § 1629 Abs. 2 Satz 2...

Dieser Inhalt ist unter anderem im VerwalterPraxis Gold enthalten. Sie wollen mehr?


Meistgelesene beiträge