Entscheidungsstichwort (Thema)
Vergleichsgebühr im elterlichen Sorgerechtsverfahren. Vergleichsgebühr im Sorgerechtsverfahren
Leitsatz (amtlich)
Wirkt der in der Folgesache "elterliche Sorge" beigeordnete Rechtsanwalt an einer Einigung der Parteien zum Sorgerecht für die gemeinsamen minderjährigen Kinder mit, kann dies die Zuerkennung einer Vergleichsgebühr rechtfertigen, auch wenn das Sorgeverfahren erst durch gerichtliche Entscheidung nach § 1671 BGB beendet wird.
Normenkette
BRAGO §§ 23, 121, 128; VV-RVG Nr. 1000; BGB § 1671
Verfahrensgang
AG Tirschenreuth (Beschluss vom 22.10.2004; Aktenzeichen 1 F 215/04) |
Tenor
Auf die Beschwerde von Rechtsanwalt C.P., M., wird der Beschluss des AG - FamG - Tirschenreuth vom 22.10.2004 (Az.: 1 F 215/04) abgeändert.
Die an Rechtsanwalt P. aus der Staatskasse zu zahlende Vergütung wird auf 809,68 Euro festgesetzt.
Gründe
I. Im Scheidungsverfahren der Parteien wurde dem Antragsteller mit Beschluss vom 9.6.2004 Prozesskostenhilfe bewilligt und Rechtsanwalt C.P. beigeordnet. Die Prozesskostenhilfe wurde mit Beschluss vom 4.8.2004 auf die Folgesache elterliche Sorge erweitert. Die Antragsgegnerin hatte mit Rechtsanwaltsschriftsatz vom 16.6.2004 die Folgesache elterliche Sorge anhängig gemacht und die Übertragung der elterlichen Sorge für die gemeinsamen minderjährigen Kinder der Parteien N. und K. auf sich beantragt. Der Antragsteller hat sich dem wiedersetzt und beantragt, die elterliche Sorge für die gemeinsamen Kinder beiden Parteien zu belassen.
In der mündlichen Verhandlung vom 17.8.2004 haben die Parteien übereinstimmend erklärt, dass sie die elterliche Sorge weiterhin gemeinsam ausüben wollen, und beantragt, der Antragsgegnerin das Aufenthaltsbestimmungsrecht für die Kinder zu übertragen.
Das FamG hat daraufhin die Ehe mit Endurteil vom 17.8.2004 geschieden, den Versorgungsausgleich geregelt und das Aufenthaltsbestimmungsrecht für die Kinder N. und K. der Antragsgegnerin übertragen.
Nach Verfahrensabschluss beantragte Rechtsanwalt P. Festsetzung seiner Gebühren nach der BRAGO. Er machte u.a. eine Vergleichsgebühr geltend im Hinblick auf die Einigung der Parteien in der Folgesache elterliche Sorge.
Der Urkundsbeamte der Geschäftsstelle hat mit Beschluss vom 22.10.2004 die an Rechtsanwalt P. zu zahlende Vergütung auf 734,28 Euro festgesetzt. Die beantragte Vergleichsgebühr i.H.v. 65 Euro zzgl. Mehrwertsteuer wurde nicht bewilligt.
Hiergegen hat Rechtsanwalt P. mit Schriftsatz vom 27.10.2004 Beschwerde eingelegt. Mit Beschluss vom 13.1.2005 hat die Familienrichterin der Beschwerde nicht abgeholfen und die Beschwerde gegen den Vergütungsfestsetzungsbeschluss vom 22.10.2004 gem. § 33 Abs. 3 S. 2 RVG zugelassen.
II. Die Beschwerde gegen den Vergütungsfestsetzungsbeschluss ist zulässig, da der Beschwerdewert 50 Euro übersteigt (§ 128 Abs. 4 BRAGO).
Auf das Verfahren ist noch die BRAGO anzuwenden, denn die Prozesskostenhilfebewilligung erfolgte vor dem 1.7.2004 (§ 61 Abs. 1 S. 1 RVG). Die nach dem 1.7.2004 erfolgte Erweiterung der Prozesskostenhilfebewilligung auf die Folgesache elterliche Sorge gemäß Beschluss vom 4.8.2004 änderte hieran nichts, denn Scheidungssache und Folgesache sind dieselbe Angelegenheit (§§ 61 Abs. 1 S. 1, 16 Nr. 4 RVG).
Die Beschwerde ist auch begründet, denn dem Beschwerdeführer steht eine Vergleichsgebühr gem. § 23 Abs. 1 BRAGO aus der Folgesache elterliche Sorge zu. Er hat bei Einigung der Parteien im Wege gegenseitigen Nachgebens mitgewirkt.
Die Parteien haben zunächst gegensätzliche Anträge in der Folgesache elterliche Sorge gestellt. Während die Antragsgegnerin die alleinige Sorge erstrebte, wollte der Antragsteller die Beibehaltung der gemeinsamen elterlichen Sorge. Im Termin vom 17.8.2004 haben sich die Parteien unter Mitwirkung ihrer Rechtsanwälte dahin gehend geeinigt, dass die elterliche Sorge beiden Parteien belassen wird und die Antragsgegnerin das Aufenthaltsbestimmungsrecht für die gemeinsamen minderjährigen Kinder erhält.
Diese Einigung hat zwar nicht zur Verfahrensbeendigung geführt, sondern es war noch eine Entscheidung des FamG nach § 1671 BGB erforderlich. Dies steht dem Anfall einer Vergleichsgebühr jedoch nicht entgegen. Die Rechtsprechung der OLG hierzu ist zwar kontrovers (z.B. für Zuerkennung einer Vergleichsgebühr: OLG Koblenz v. 4.4.2001 - 13 WF 711/00, MDR 2001, 1017 = FamRZ 2002, 36; dagegen: OLG Zweibrücken v. 5.2.2001 - 2 WF 99/00, OLGReport Zweibrücken 2001, 153 = FamRZ 2001, 1393). Das OLG Nürnberg hat jedoch bereits mit Beschluss vom 28.8.1985 (OLG Nürnberg, Beschl. v. 28.8.1995, JurBüro 1986, 58) entschieden, dass in derartigen Fällen eine Vergleichsgebühr anfallen kann. Es hat diese Auffassung mit Beschluss vom 2.12.2004 (OLG Nürnberg, Beschl. v. 2.12.2004 - 7 WF 3907/04, n.v.) auch für die Einigungsgebühr nach 1000 VV-RVG bestätigt. Es besteht kein Anlass, von dieser Rechtsprechung abzuweichen.
Es ist somit eine weitere Vergütung in Höhe einer 10/10-Gebühr aus einem Gegenstandswert von 900 Euro i.H.v. 65 Euro zzgl. Mehrwertsteuer ...