Verfahrensgang
AG Nürnberg (Beschluss vom 24.07.2000; Aktenzeichen 102 F 1570/00) |
Tenor
I. Die Beschwerde des Antragstellers gegen den Beschluß des Amtsgerichts – Familiengericht – Nürnberg vom 24.7.2000 wird zurückgewiesen.
II. Der Antragsteller hat der Antragsgegnerin die im Beschwerdeverfahren angefallenen außergerichtlichen Kosten zu erstatten.
III. Der Geschäftswert für das Beschwerdeverfahren beträgt
Tatbestand
I.
Der am 15.12.1953 geborene Antragsteller, der die deutsche Staatsangehörigkeit besitzt, und die am 6.6.1971 geborene Antragsgegnerin, die armenische Staatsangehörige ist, sind seit 12.5.2000 getrennt lebende Eheleute. Aus der Ehe ist der am 10.3.1998 geborene Sohn S. (im folgenden S.) hervorgegangen, der die deutsche Staatsangehörigkeit besitzt.
Der Antragsteller ist Kurde und wurde in der Türkei geboren. Er war 1972 nach Deutschland übergesiedelt und hatte dort eine 13 Jahre ältere Schwägerin geheiratet. Aus dieser Verbindung gingen der 1975 geborene Sohn G. und die 1977 geborene Tochter T. hervor. 1979 trennte sich der Antragsteller von seiner ersten Ehefrau, 1993 wurde diese Ehe geschieden. Die erste Ehefrau des Antragstellers und die Kinder aus dieser Ehe leben im Raum N.. Der Antragsteller, der an der Universität E. Islamwissenschaften studiert hat, ist freiberuflich als Dolmetscher und Übersetzer (für die kurdische und türkische Sprache) berufstätig. 1996 wurde er von der am 11.8.1932 geborenen G. W., einer alleinstehenden Witwe, adoptiert. Zu dieser Zeit befand er sich aufgrund von erfolglosen Versuchen, im Immobilien- und Versicherungsbereich Fuß zu fassen, in erheblichen wirtschaftlichen Schwierigkeiten, die auch zu einem Eintrag in der Schufa führten, der 1998 wieder gelöscht wurde.
Die Antragsgegnerin, die aufgrund der entsprechenden Religionszugehörigkeit ihrer Eltern der jezidischen Glaubensgemeinschaft angehörte, war 1995 zusammen mit ihrer Mutter und ihrem Bruder aus Armenien nach Deutschland gekommen und hatte dort einen Asylantrag gestellt. Da dieser abgelehnt wurde, siedelte die Mutter der Antragsgegnerin nach Holland über, der Bruder heiratete in Nürnberg und lebt seitdem hier.
Der Antragsteller und die Antragsgegnerin lernten sich 1996 in Nürnberg kennen, Anfang Januar 1997 heirateten sie dort.
Die Antragsgegnerin ging jedenfalls nach der Geburt des Kindes S. keiner Erwerbstätigkeit nach, sondern widmete sich dem Haushalt und der Betreuung des Kindes.
Die selbständige Tätigkeit des Antragstellers erlebte durch seine Hinzuziehung als Dolmetscher zu den PKK-Prozessen einen erheblichen Aufschwung, der auch zu einer Verbesserung seiner finanziellen Verhältnisse führte.
Am 11.5.2000 erhielt die Antragsgegnerin, die bis dahin lediglich eine auf 3 Jahre befristete Aufenthaltserlaubnis hatte, eine unbefristete Aufenthaltserlaubnis für Deutschland.
Am 12.5.2000 verließ sie zusammen mit S. die – vom Antragsteller nach wie vor bewohnte und in dessen Eigentum stehende – Ehewohnung in Nürnberg und begab sich, ohne den Antragsteller darüber zu informieren, mit ihrem Kind zunächst in ein Frauenhaus in L., später auch für einige Tage zu ihrer Mutter nach Holland.
Auf Antrag des Antragstellers vom 24.5.2000 erließ das Amtsgericht Nürnberg nach Anhörung des Antragstellers – die Antragsgegnerin konnte nicht angehört werden, da ihr Aufenthalt dem Gericht nicht bekannt war – am 13.6.2000 einen Beschluß, in dem im Wege der vorläufigen Anordnung
- die elterliche Sorge für S. auf den Vater übertragen und
- angeordnet wurde, daß die Mutter S. an den Vater herauszugeben habe.
Aufgrund des Beschlusses nahmen Beamte des Bundesgrenzschutzes, die der Antragsteller über ein von ihm mit der Antragsgegnerin vereinbartes Treffen in Köln am 17.6.2000 informiert hatte, S. an diesem Tag der Mutter in Köln weg und übergaben das Kind dem Antragsteller.
Mit Schriftsatz vom 24.5.2000 hatte der Antragsteller auch in der Hauptsache beantragt, ihm die elterliche Sorge für das Kind S. allein zu übertragen.
Zur Begründung hat er u.a. vorgetragen, daß
- seine Frau ihn offensichtlich nur geheiratet habe, um die Aufenthaltserlaubnis für Deutschland zu erhalten, und ihn daher, als sie ihr Ziel am 11.5.2000 erreicht habe, bereits am Tag danach verlassen habe,
- er befürchte, daß die Antragsgegnerin nicht mehr in Deutschland leben wolle und ihm sein Kind auf Dauer entziehen werde,
- die Versorgung S. bei ihm sichergestellt sei, da er seine Arbeitszeit als Dolmetscher insbesondere bei Gericht „mehr oder weniger frei einteilen” könne (vgl. Schriftsatz vom 24.5.2000, Seite 3), in den Ausnahmefällen berufsbedingter Abwesenheit seine Adoptivmutter G. Wi. zur Betreuung des Kindes zur Verfügung stehe, und er auch bisher schon in die Versorgung Siyabends eingebunden gewesen sei (vgl. Schriftsatz vom 17.7.2000, Seite 4),
- er, der auch mit der deutschen Sprache und Kultur wesentlich vertrauter sei als die Antragsgegnerin, S.d besser erziehen und fördern könne.
Die Antragsgegnerin, die zwischenzeitlich nach Nürnberg zurückgekehrt war und zunächs...