Leitsatz (amtlich)
1. Zu den Erfordernissen der Abänderung einer Entscheidung nach § 1671 BGB.
2. Mit zunehmendem Alter des betroffenen Kindes kommt dem nachhaltig geäußerten Kindeswillen zunehmende Bedeutung zu und zwar grundsätzlich auch dann, wenn nicht ausgeschlossen werden kann, dass dieser Wille - auch - auf einer Beeinflussung durch einen Elternteil beruht.
Normenkette
BGB §§ 1671, 1696
Verfahrensgang
AG Neumarkt i.d. OPf. (Beschluss vom 26.08.2016; Aktenzeichen 001 F 264/16) |
Tenor
1. Die Beschwerde des Antragstellers gegen den Beschluss des AG Neumarkt vom 26.9.2016 wird zurückgewiesen.
2. Der Antragsteller trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens.
3. Der Verfahrenswert für das Beschwerdeverfahren wird auf 3.000,-- EUR festgesetzt.
Gründe
I. Der Antragsteller begehrt im Rahmen eines Abänderungsverfahrens, die elterliche Sorge für das Kind S. K., geboren am ..., von der Mutter auf ihn zu übertragen.
Die am ... geborene Beteiligte I. B., die die weißrussische Staatsangehörigkeit besitzt, und der am ... im Iran geborene Antragsteller, der dänischer Staatsangehöriger ist, sind die Eltern des Kindes S. K., geboren am ... Aus der Ehe der Beteiligten ist auch das Kind L. K., geboren am ..., hervorgegangen.
Der Antragsteller und die Antragsgegnerin hatten erstmals am 31.10.1998 in D. geheiratet. Diese Ehe wurde durch ein Urteil des Gerichts in B., G., vom 7.6.2004, rechtskräftig seit 29.7.2004, geschieden. Seit 2006 leben der Antragsteller und die Antragsgegnerin in Deutschland und heirateten am 9.2.2007 in ... ein zweites Mal. Diese Ehe wurde mit Endurteil des AG - Familiengericht - Nürnberg vom 11.11.2009, Az. 104 F 1542/09, geschieden. Zugleich wurde die elterliche Sorge für die Kinder L. und S. dem Vater übertragen. In einem Bericht des Jugendamtes der Stadt N. vom 5.8.2009 führte die Dipl.-Sozialpädagogin B. u.a. aus, dass sie mit der Mutter kein Gespräch habe führen können und der Vater geradezu panisch reagiert habe, wenn ein Kontakt zwischen seiner Frau und ihr zu gelingen schien, die Kinder von der beabsichtigten Scheidung noch keine Kenntnis hätten und die gesamte Situation undurchschaubar sei. Es wurde angeregt, ein Gutachten einzuholen und für eine rechtliche Vertretung der Mutter zu sorgen. Im Scheidungsverfahren wurden von dem AG weder die Kinder noch die Antragsgegnerin angehört. Ein Gutachten zur elterlichen Sorge wurde nicht erholt.
Der Antragsteller und die Antragsgegnerin sind zwischenzeitlich mit neuen Partnern verheiratet. Aus der Ehe des Antragstellers ist das Kind M. K., geboren am ..., aus der Ehe der Antragsgegnerin ist das Kind D. S., geboren am ..., hervorgegangen.
Der in dem von der Mutter eingeleiteten Umgangsverfahren des AG Nürnberg, Az. 104 F 430/10, bestellte Verfahrensbeistand, Rechtsanwalt B., hielt in einem Aktenvermerk vom 29.4.2010 u.a. fest: "Frau B. (vom ASD) berichtet, dass beide Eltern das gesamte Hilfesystem der Kinder durch ständige gegenseitige Vorwürfe belasten und auch die Schule signalisiert hat, dass L. hochbelastet ist. L. selbst hatte erwartet, dass ich der Richter bin, mir einen Brief für den Richter übergeben aber ausbedungen hat, dass kein anderer als der Richter ihn liest. Sie fing das Weinen an, erzählte mir, dass sie wieder in die Kindernotstelle wollte, auch zur Mutter eigentlich. Ich hatte den Eindruck, dass sie psychisch stark belastet ist. Die Situation für L. muss schnell geregelt werden. Sie wird wohl auch vom Vater, genauso wie von der Mutter, weiterhin in den Konflikt einbezogen und ist hilflos ..."
Mit Schriftsatz ihres Bevollmächtigten vom 06.5.2010 beantragte die Mutter bei dem AG - Familiengericht - Nürnberg unter dem Aktenzeichen 104 F 1569/10, ihr in Abänderung der Entscheidung des AG Nürnberg vom 11.11.2009 die elterliche Sorge für die Kinder L. und S. zu übertragen.
Mit einem am 2.7.2010 bei dem AG - Familiengericht - Nürnberg eingegangenen Schriftsatz vom 1.7.2010 beantragte der Bevollmächtigte der Mutter den Erlass einer einstweiligen Anordnung mit der das Sorgerecht, hilfsweise das Aufenthaltsbestimmungsrecht für die beiden Kinder L. und S. sofort auf sie übertragen werden sollte. Zur Begründung trug sie vor, es seien konkrete Hinweise darauf vorhanden, dass der Vater beabsichtige, zusammen mit den Kindern ins Ausland umzuziehen. Zur Widerlegung der Behauptung des Vaters, die Mutter sei psychisch krank, war dem Antrag ein Attest des Neurologen und Psychiaters Dr. M. aus N. vom 18.5.2010 beigefügt, in dem es u.a. heißt: "Die Patientin stellt sich heute vor, mit der Frage, inwiefern eine psychiatrische Erkrankung vorliegt. Bei der psychiatrischen Anamnese ergeben sich keine Hinweis auf eine affektive Erkrankung oder Erkrankung aus dem schizophrenen Formenkreis. Die biographische Anamnese sowie der aktuelle psychiatrische Befund sind völlig unauffällig ...". Mit Beschluss vom 2.7.2010 übertrug das AG - Familiengericht - Nürnberg der Mutter im Wege der einstweiligen Anordnung in Abänderung des Endurteils vom 11.11.2009 die alleinige Sorge für bei...