Entscheidungsstichwort (Thema)

Sorgfaltspflichten eines Fahrradfahrers auf gemeinsamem Fuß- und Radweg

 

Leitsatz (amtlich)

Zu den Sorgfaltspflichten eines Fahrradfahrers (Fahren auf Sicht) auf einem gemeinsamen Fuß- und Radweg.

 

Verfahrensgang

LG Weiden i.d.OPf. (Urteil vom 15.01.2004; Aktenzeichen 1 O 708/03)

 

Tenor

I. Die Berufung des Beklagten gegen das Endurteil des LG Weiden vom 15.1.2004 wird zurückgewiesen.

II. Der Beklagte trägt die Kosten des Berufungsverfahrens.

III. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

IV. Die Revision wird nicht zugelassen.

Beschluss:

Der Streitwert im Berufungsverfahren beträgt 7.005,05 Euro.

 

Gründe

I. Der Beklagte befuhr am 5.3.2001 gegen 19.45 Uhr einen kombinierten Fuß- und Fahrradweg außerhalb geschlossener Ortschaft entlang der B. zwischen B. und P.-Wald. Auf Höhe des Kilometers 5,200 kollidierte er mit der ihm entgegenkommenden Fußgängerin J.S., die bei der Beklagten gesetzlich krankenversichert ist und die bei dem Unfall erheblich verletzt wurde.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts wird auf das Endurteil des LG Weiden vom 15.1.2004 verwiesen.

Die Parteien streiten um ein angebliches Mitverschulden der Fußgängerin an dem Verkehrsunfall. Die hinter dem Beklagten stehende Haftpflichtversicherung bezahlte jedenfalls nur 2/3 der der Klägerin entstandenen, im Übrigen unbestrittenen Kosten der Behandlung der verunfallten Frau S.

Nach Einnahme eines Augenscheins, Vernehmung der Zeugin S. und informatorischer Anhörung des Beklagten hat das LG Weiden den Beklagten antragsgemäß zur Zahlung der noch offenen Behandlungskosten i.H.v. 7.005,05 Euro nebst Zinsen verurteilt.

II. Die hiergegen gerichtete zulässige Berufung des Beklagten, mit der dieser die Abänderung des Ersturteils und die Abweisung der Klage begehrt, hat in der Sache keinen Erfolg.

1. Das LG hat ein Mitverschulden der Fußgängerin S. an dem streitgegenständlichen Verkehrsunfall für nicht erwiesen erachtet. Die vom LG insoweit vorgenommene Beweiswürdigung ist nicht zu beanstanden, sie lässt keine Rechtsverletzung erkennen. Es bestehen auch keine Anhaltspunkte, die Zweifel an der Richtigkeit und Vollständigkeit der Tatsachenfeststellung begründeten (§ 513 ZPO).

Das LG hat die Zeugin S. vernommen und zur weiteren möglichen Aufklärung des Sachverhalts den Beklagten informatorisch befragt (§ 141 ZPO). Es ist dabei unter ausführlicher Beweiswürdigung zu dem Ergebnis gekommen, dass der Beklagte zur Überzeugung der Kammer nicht nachgewiesen habe, dass die Fußgängerin bei gehöriger Aufmerksamkeit den Unfall hätte vermeiden können. Es sei weder geklärt, ob die Fahrradbeleuchtung eingeschaltet gewesen sei, noch auf welcher Seite des Weges sich der Unfall zugetragen habe.

Die hiergegen erhobenen Einwände des Beklagten greifen nicht durch:

a) Hinsichtlich der angeblich eingeschalteten Fahrradbeleuchtung hat die Klägerin kein Geständnis abgegeben (§ 288 ZPO). Sie hat vielmehr ihren ursprünglichen Sachvortrag vor der mündlichen Verhandlung korrigiert und behauptet, der Beklagte sei der Fußgängerin ohne eingeschaltetes Licht entgegengekommen.

b) Die Klägerin muss sich auch nicht an ihrem ursprünglichen Sachvortrag, der von einer eingeschalteten Fahrradlampe ausging, festhalten lassen. Sie war nicht selbst Unfallbeteiligte und hat dazuhin dargelegt, dass sie die Unfallschilderung der polizeilichen Unfallaufnahme entnommen habe, die eine eingeschaltete Beleuchtung unterstellt hat.

c) Einer förmlichen Parteieinvernahme des Beklagten gem. § 448 ZPO bedurfte es nicht, da die Ausräumung der Zweifel der Kammer an dem vom Beklagten behaupteten Sachverhalt - Einschaltung des Lichts an seinem Fahrrad und Entgegenkommen der Fußgängerin auf der "falschen" Seite - nicht zu erwarten war (BGH NJW 1994, 320). Die Kammer hatte den Beklagten angehört, sich ein eigenes Bild von der Örtlichkeit gemacht und bei der Beweiswürdigung durchaus unterstellt, dass der Beklagte subjektiv zutreffende Angaben gemacht hat. Gleichwohl sind ihre Zweifel verblieben und es sind keine Anhaltspunkte für eine Überwindung dieser Zweifel bei einer förmlichen Vernehmung des Beklagten vorhanden; denn auch wenn der Beklagte bei einer förmlichen Vernehmung seine Angaben entsprechend seiner Anhörung wiederholt hätte, so hätte sich insoweit seine Aussage mit der Aussage der Zeugin S. unvereinbar gegenübergestanden. Die Kammer hat aber zum Ausdruck gebracht, dass sie sich jedenfalls nicht von der Unglaubwürdigkeit der Zeugin S. überzeugen konnte.

d) Im Übrigen greift der Beklagte auch nur die Beweiswürdigung der Kammer hinsichtlich der Einschaltung der Fahrradbeleuchtung an, nicht jedoch hinsichtlich des Orts des Zusammenstoßes.

Ein nennenswertes Mitverschulden der Fußgängerin käme aber überhaupt nur dann in Betracht, wenn diese auf der in Fahrtrichtung des Beklagten rechten Seite des Wegs dem Beklagten entgegengekommen wäre. Denn dann wäre die Fußgängerin auf der für sie "falschen" Seite des Weges unterwegs gewesen und hätte auf ihr entgegenkommende Fahrräder besonders achten müssen. Umge...

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