Entscheidungsstichwort (Thema)
Arzthonorar trotz Behandlungsfehlers
Leitsatz (amtlich)
1. Ein Behandlungsfehler lässt den Honoraranspruch des Arztes grundsätzlich nicht entfallen. Ein Verlust des Honoraranspruchs kommt allerdings bei besonders groben Arztfehlern oder vorsätzlicher ärztlicher Pflichtverletzung in Betracht.
2. Verletzt der Arzt seine Aufklärungspflichten ggü. dem Patienten und hätte dieser bei ordnungsgemäßer Aufklärung in die Behandlung nicht eingewilligt, so entfällt der Honoraranspruch, wenn die ärztliche Leistung für den Patienten völlig unbrauchbar ist.
Normenkette
BGB § 611 Abs. 1
Verfahrensgang
LG Nürnberg-Fürth (Urteil vom 28.06.2005; Aktenzeichen 13 O 5383/04) |
Tenor
I. Auf die Berufung der Beklagten wird das Endurteil des LG Nürnberg-Fürth vom 28.6.2005 dahin geändert, dass die Beklagten lediglich zur Zahlung von 7.707,03 EUR nebst Zinsen i.H.v. 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz aus einem Betrag von 5.858,14 EUR ab dem 8.5.2003 sowie aus einem weiteren Betrag i.H.v. 1.848,89 EUR ab dem 20.2.2005 verpflichtet sind.
Die weitergehende Berufung wird zurückgewiesen.
II. Von den Kosten des Rechtsstreits tragen die Beklagten gesamtverbindlich 89 %, die Klägerin 11 %.
III. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
IV. Die Revision wird nicht zugelassen.
Beschluss:
Der Streitwert des Berufungsverfahrens wird auf 8.638,44 EUR festgesetzt.
Gründe
I. Die Parteien streiten um die Bezahlung der ambulanten und stationären Versorgung des Beklagten zu 1) im Klinikum der Klägerin. Dabei geht es insbesondere um eine transurethrale Prostataresektion (TURP) am 22.4.2002. Diese Operation war dem Beklagten zu 1) empfohlen worden, weil Miktionsstörungen wie sie die bei ihm gemessene Restharnmenge von 50 ml anzeige, immer wieder zu Entzündungen führen könnten. Insbesondere in Verbindung mit einer großen Prostata sei daher eine operative Behandlung indiziert.
Die Beklagten haben gegen die Klageforderung eingewandt, ein Teil der zugrunde liegenden Behandlung sei medizinisch nicht indiziert gewesen, ein anderer Teil sei nur wegen der den Ärzten der Klägerin unterlaufenen groben Behandlungsfehler notwendig geworden. Daher stehe dem Beklagten zu 1) ein Schmerzensgeld zu, nicht aber der Klägerin ein Honorar.
Auf den Hinweis des Erstgerichts, die Beklagten müssten klarstellen, ob sie wegen der von ihnen behaupteten Arztfehler Widerklage oder Feststellungsklage erheben oder die Aufrechnung erklären wollten, haben die Beklagten mit Schriftsatz vom 26.8.2004 angekündigt, im bevorstehenden Gütetermin entweder eine Eventualaufrechnung auszusprechen und/oder eine Widerklage zu erheben. Bei dieser Ankündigung ist es bis zum Abschluss des Berufungsverfahrens geblieben.
Im Termin vom 7.6.2005 sind die Beklagten nicht erschienen. Das LG hat darauf mit Beschluss vom selben Tage Entscheidung nach Aktenlage angeordnet und Termin zur Verkündung einer Entscheidung auf den 28.6.2005 bestimmt. Mit Endurteil nach Lage der Akten, auf das wegen der näheren Sachdarstellung Bezug genommen wird, hat es die Beklagten sodann ungeachtet einer mit Schreiben vom 11.6.2005 vorgetragenen Entschuldigung des Fernbleibens gesamtverbindlich zur Zahlung nahezu des gesamten geltend gemachten Honorars verurteilt. Zur Begründung hat es im Wesentlichen ausgeführt, dass die von den Beklagten behaupteten Arztfehler nicht berücksichtigt werden könnten, weil diese daraus keine bezifferten Gegenansprüche hergeleitet hätten.
Gegen dieses ihnen am 22.7.2005 zugestellte Urteil haben die Beklagten am 22.8.2005 Berufung eingelegt und dieses Rechtsmittel mittels eines am 21.10.2005 nach entsprechender Fristverlängerung beim OLG Nürnberg eingegangenen Schriftsatzes begründet.
Die Beklagten halten die Abtretung der Honorarforderungen durch die behandelnden Chefärzte an die Klägerin für unwirksam, weil sie gegen das Recht auf informationelle Selbstbestimmung verstießen. Vor allem aber machen sie geltend, etwaige Arztfehler leßen den Honoraranspruch ohne weiteres entfallen. Wegen der völlig falschen Aufklärung sei die Zustimmung des Beklagten zu 1) zur Operation auch unwirksam.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Berufungsvorbringens der Beklagten wird auf die Berufungsbegründung vom 17.10.2005 sowie die weiteren Schriftsätze vom 20.11.2005 und vom 18.3.2007 verwiesen. Ein weiterer Schriftsatz vom 6.2.2008 konnte nicht mehr berücksichtigt werden, da er erst nach Schluss der mündlichen Verhandlung eingegangen ist (§§ 296a, 525 ZPO).
Die Beklagten stellen folgenden Antrag:
1. Das Urteil des LG Nürnberg-Fürth vom 7.6.2005 - 13 O 5383/04 - wird aufgehoben.
2. Die Klage des Klinikums Coburg gGmbH wird abgewiesen.
Die Klägerin beantragt, die Berufung zurückzuweisen.
Die Klägerin verteidigt das Ersturteil und trägt vor, der Beklagte zu 1) sei umfassend aufgeklärt mit der jeweiligen fachgerecht durchgeführten Behandlung einverstanden gewesen. Im Übrigen ließen etwaige Behandlungsfehler den geltend gemachten Honoraranspruch unberührt.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Berufungsvorbringens der...