Leitsatz (amtlich)
Die in § 26 (1) der AGB der beklagten Sparkasse enthaltene Regelung verschleiert die beschränkte Kündigungsmöglichkeit des Verwenders bei einem Girokonto auf Guthabensbasis, das unter den Voraussetzungen des § 5 Abs. 2 BaySpkO eröffnet worden ist. Sie verstößt deshalb gegen das Transparenzgebot des § 307 Abs. 1 S. 2 BGB und ist damit unwirksam.
Normenkette
BGB § 307 Abs. 1 S. 2; BaySpkO § 5 Abs. 2
Verfahrensgang
LG Nürnberg-Fürth (Urteil vom 24.09.2013; Aktenzeichen 7 O 1146/13) |
Nachgehend
Tenor
1. Die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des LG Nürnberg-Fürth vom 24.9.2013 - 7 O 1146/13, wird zurückgewiesen.
2. Die Beklagte hat die Kosten des Berufungsverfahrens zu tragen.
3. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Das in Ziff. 1 genannte Urteil des LG Nürnberg-Fürth ist ohne Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar.
Die Beklagte kann die gegen sie gerichtete Vollstreckung durch Sicherheitsleistung i.H.v. 110 % des zu vollstreckenden Betrags abwenden, wenn nicht der Kläger vorher Sicherheit in gleicher Höhe leistet.
4. Die Revision gegen dieses Urteil wird zugelassen.
Beschluss
Der Streitwert wird für das Berufungsverfahren auf 5.500 EUR festgesetzt.
Gründe
I. Der Kläger ist ein eingetragener Verein, der nach seiner Satzung Verbraucherinteressen wahrnimmt und in die Liste der qualifizierten Einrichtungen nach § 4 UKlG eingetragen ist. Er beanstandet mit seiner Klage eine Regelung der Allgemeinen Geschäftsbedingungen der Beklagten (im Folgenden: AGB-Spk), die die ordentliche Kündigung der Geschäftsbeziehung mit den Kunden regelt.
Die vom Kläger beanstandete Regelung in Nr. 26 ("Kündigungsrecht") Abschnitt 1 ("Ordentliche Kündigung") AGB-Spk lautet wie folgt:
"Soweit keine zwingenden Vorschriften entgegenstehen und weder eine Laufzeit noch eine abweichende Kündigungsregelung vereinbart ist, können sowohl der Kunde als auch die Sparkasse die gesamte Geschäftsbeziehung oder einzelne Geschäftszweige jederzeit ohne Einhaltung einer Kündigungsfrist kündigen. Kündigt die Sparkasse, so wird sie den berechtigten Belangen des Kunden Rechnung tragen, insbesondere nicht zur Unzeit kündigen.
Für die Kündigung eines Zahlungsdiensterahmenvertrages (z.B. Girovertrag oder Kartenvertrag) durch die Sparkasse beträgt die Kündigungsfrist mindestens zwei Monate."
Die Parteien streiten darum, ob die Regelung in Nr. 26 (1) AGB-Spk im Hinblick auf § 5 der Verordnung über die Organisation und den Geschäftsbetrieb der Sparkassen vom 21.4.2007 (BayGVBl. S. 332; im Folgenden: BaySpkO) eine unangemessene Benachteiligung des Bankkunden darstellt.
Der Kläger ist der Ansicht, dass die Regelung der Kündigung wegen Verstoßes gegen § 307 BGB unwirksam sei. Die Beklagte sei nach § 5 Abs. 2 BaySpkO verpflichtet, Girokonten für natürliche Personen aus ihrem Geschäftsbezirk auf Guthabenbasis zu führen. Dieser Kontrahierungszwang beinhalte notwendigerweise einen Ausschluss der ordentlichen Kündigung. Der Kläger meint, der einschränkende Halbsatz "Soweit keine zwingenden Vorschriften entgegenstehen ..." genüge nicht den Erfordernissen des Transparenzgebots.
Der Kläger hat in erster Instanz den aus dem Tatbestand des Ersturteils ersichtlichen Antrag gestellt.
Die Beklagte hat Klageabweisung beantragt.
Die Beklagte meint, § 5 BaySpkO enthalte kein Verbot der ordentlichen Kündigung. Ein solches wäre durch die Ermächtigungsgrundlage in Art. 2, 20 BaySpkG auch nicht gedeckt. Ebenso würde einem Kündigungsverbot die Richtlinie 2007/64/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 13.11.2007 über Zahlungsdienste im Binnenmarkt, zur Änderung der Richtlinien 97/7/EG, 2002/65/EG, 2005/60/EG und 2006/48/EG sowie zur Aufhebung der Richtlinie 97/5/EG (ABl. Nr. L 319 S. 1, ber. ABl. 2009 Nr. L 187 S. 5, im Folgenden: Zahlungsdienste-RL) entgegenstehen. Diese sehe eine Kündigungsmöglichkeit in Art. 45 Abs. 1 vor. Abweichende nationale Regelungen seien unzulässig, weil die Richtlinie eine Vollharmonisierung anstrebe. Zudem sei auch die Kündigung nach Nr. 26 (1) AGB-Spk auf sachliche Gründe beschränkt.
Wegen der weiteren rechtlichen und tatsächlichen Ausführungen wird auf die in erster Instanz gewechselten Schriftsätze Bezug genommen.
Das Erstgericht hat dem Klageantrag in vollem Umfang stattgegeben. Das erstinstanzliche Urteil lautet in Ziff. I. und II. wie folgt:
I. Die Beklagte wird verurteilt, es bei Vermeidung eines für jeden Fall der Zuwiderhandlung festzusetzenden Ordnungsgeldes bis zu 250.000 EUR, ersatzweise Ordnungshaft bis zu sechs Monaten, oder Ordnungshaft bis zu sechs Monaten, zu vollstrecken an den Vorstandsmitgliedern, zu unterlassen, in ihren Allgemeinen Geschäftsbedingungen Nr. 26 "Kündigungsrecht" in Abschnitt (1) "Ordentliche Kündigung" die Klausel
"Soweit keine zwingenden Vorschriften entgegenstehen und weder eine Laufzeit noch eine abweichende Kündigungsregelung vereinbart ist, können sowohl der Kunde als auch die Sparkasse die gesamte Geschäftsbeziehung oder einzelne Geschäftszwei...