Leitsatz (amtlich)
Ist nach den AUB die Wahrnehmung der Rechte aus einer Fremdversicherung ausdrücklich und ausschließlich dem Versicherungsnehmer zugewiesen (hier § 12 Abs.1 AUB 2011), bedarf es eines Hinweises nach § 186 VVG gegenüber dem Versicherten nicht; der Versicherer genügt seiner Pflicht, wenn er den entsprechenden Hinweis dem Versicherungsnehmer erteilt.
Verfahrensgang
LG Oldenburg (Aktenzeichen 13 O 3355/15) |
Tenor
Die Berufung der Klägerin gegen das am 22. Juli 2016 verkündete Urteil des Einzelrichters der 13. Zivilkammer des Landgerichts Oldenburg wird zurückgewiesen.
Die Kosten des Berufungsverfahrens hat die Klägerin zu tragen.
Dieser Beschluss und das angefochtene Urteil sind ohne Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar. Die Klägerin kann die Zwangsvollstreckung gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110% des aufgrund der jeweiligen Entscheidung vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht die Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110% des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.
Der Wert des Streitgegenstandes wird für die Berufungsinstanz auf 224.000,00 EUR festgesetzt.
Gründe
I. Die Klägerin macht gegenüber der Beklagten aus abgetretenem Recht Ansprüche aus einer privaten Unfallversicherung geltend. Das Landgericht hat die Klage abgewiesen. Es hat den Standpunkt eingenommen, die formellen Voraussetzungen für eine Invaliditätsleistung, wie sie in § 2 Ziff. I Abs. 1 der hier maßgebenden Allgemeinen Unfallversicherungs-Bedingungen der Beklagten (AUB 2011) aufgeführt seien, lägen nicht vor. Die angebliche Invalidität sei nicht innerhalb von 24 Monaten nach dem Unfall von einem Arzt schriftlich festgestellt und bei der Beklagten geltend gemacht worden. Wegen der Begründung im Einzelnen und der tatsächlichen Feststellungen des Landgerichts wird auf das erstinstanzliche Urteil Bezug genommen (§ 522 Abs. 2 Satz 4 ZPO).
Gegen diese Entscheidung hat die Klägerin Berufung eingelegt. Sie hält die Klausel des § 2 Ziff. I Abs. 1 AUB 2011 für unklar. Daneben vertritt sie die Ansicht, ihr Vater habe innerhalb der 24-monatigen Frist alle erforderlichen Unterlagen bei der Beklagten eingereicht, um einen Anspruch auf eine Invaliditätsleistung zu begründen. Die Beklagte habe den vorgelegten ärztlichen Stellungnahmen entnehmen können, dass sie, die Klägerin, infolge des Verkehrsunfalls vom 18. Dezember 2011 an einer Rhinoliquorrhoe leide, die innerhalb der genannten Frist nicht zu kontrollieren gewesen sei. Bis heute sei unklar, ob es gelingen werde, das Liquorleck zu schließen, und ob durch diese Erkrankung inzwischen eine psychische Dauerstörung eingetreten sei. Wenn der Beklagten die eingereichten ärztlichen Stellungnahmen nicht ausgereicht hätten, um eine unfallbedingte Invalidität zu dokumentieren, hätte sie konkret darauf hinweisen können und müssen, dass ihr noch Informationen fehlten.
Abgesehen davon habe die Beklagte sie auch nicht gemäß § 186 VVG belehrt. Der Auffassung des Landgerichts, wonach allein ihr Vater als Versicherungsnehmer zu belehren gewesen sei, könne nicht gefolgt werden. Insbesondere überzeuge es nicht, wenn der Einzelrichter seine Argumentation auf § 12 Abs. 1 AUB 2011 stütze. Zwar bestimme § 12 Abs. 1 AUB 2011, dass bei einer Fremdversicherung die Ausübung der Rechte aus dem Vertrag nicht der versicherten Person, sondern ausschließlich dem Versicherungsnehmer zustehe. Doch sei diese Regelung "rechtswidrig", zumindest insoweit, als sie volljährige versicherte Personen betreffe.
Die Klägerin hat angekündigt, in dem vorliegenden Berufungsverfahren zu beantragen,
das angefochtene Urteil abzuändern und die Beklagte zu verurteilen,
an sie aus der Invaliditätsversicherung mit der Versicherungsnummer XXXXXXXX eine Leistung auf den Invaliditätsfall in Höhe von 224.000,00 EUR zu zahlen zuzüglich 5 % Zinsen über dem Basiszinssatz seit dem 5. Januar 2015,
an sie vorgerichtliche Kosten in Höhe von 5.861,82 EUR seit dem 10. Februar 2016 nebst 5 % Zinsen über dem Diskontsatz seit dem 10. Februar 2016 zu erstatten.
Die Beklagte hat den Antrag angekündigt,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie verteidigt das angefochtene Urteil.
II. Die zulässige Berufung ist gemäß § 522 Abs. 2 Satz 1 ZPO zurückzuweisen. Das angefochtene Urteil beruht weder auf einer Rechtsverletzung im Sinne der §§ 513 Abs. 1, 546 ZPO noch rechtfertigen die gemäß § 529 ZPO zugrunde zu legenden Tatsachen eine andere Entscheidung. Zur Begründung verweist der Senat auf seinen Hinweisbeschluss vom 8. November 2016. An der dort niedergelegten rechtlichen Bewertung hält er auch unter Berücksichtigung der Stellungnahme der Klägerin vom 2. Dezember 2016 fest.
1. Nicht gefolgt werden kann der Klägerin, soweit sie ins Feld führt, der gesamte Schriftwechsel zwischen ihren Eltern und der Beklagten ergebe nur Sinn vor dem Hintergrund, dass ihre Eltern, für die Beklagte erkennbar, befürchtet hätten, die Liquorfistel ziehe eine dauerhafte Invalidität nach sich. Zum einen hat der Schriftverkehr zwischen dem Vater der Klägerin und der Beklagte...