Leitsatz (amtlich)

Zur wirksamen Zustellung einer gerichtlich gebilligten Umgangsvereinbarung im Ordnungsmittelverfahren.

Die nach § 87 Abs. 2 FamFG erforderliche Zustellung einer gerichtlich gebilligten Umgangsvereinbarung ist nur dann wirksam, wenn sie im Amtsbetrieb durch das Familiengericht erfolgt. Eine Zustellung lediglich im Beteiligtenbetrieb (Parteibetrieb) ist nicht ausreichend.

Zum Zustellungserfordernis einer nach § 86 Abs. 3 FamFG erforderlichen Vollstreckungsklausel.

 

Normenkette

FamFG § 86 Abs. 3, § 87 Abs. 2, § 156 Abs. 2

 

Verfahrensgang

AG Osnabrück (Beschluss vom 16.04.2018; Aktenzeichen 3 FH 7/18 RI)

 

Tenor

I. Der Beschluss des Amtsgerichts - Familiengericht - Osnabrück vom 16.04.2018 (3 FH 7/18 RI) wird aufgehoben.

II. Das Verfahren wird zur erneuten Entscheidung über den Ordnungsmittelantrag des Antragstellers und zur Entscheidung über die im Beschwerdeverfahren entstandenen außergerichtlichen Kosten an das Amtsgericht - Familiengericht - Osnabrück zurückverwiesen.

III. Gerichtskosten für das Beschwerdeverfahren werden nicht erhoben.

IV. Der Beschwerdewert wird auf bis zu 500 EUR festgesetzt.

V. Der Kindesmutter wird Verfahrenskostenhilfe für das Beschwerdeverfahren unter Beiordnung von Frau Rechtsanwältin ... bewilligt. Monatliche Raten werden nicht festgesetzt.

 

Gründe

I. Der Antragsteller und die Antragsgegnerin sind die getrennt voneinander lebenden Eltern des minderjährigen Kindes C.. B..., geb. ...2014. Mit Vereinbarung vom 07.03.2017 (Bl. 26 d.A.) einigten sie sich vor dem Oberlandesgericht Köln über den Umgang des Antragstellers mit seinem Sohn. Die Vereinbarung wurde durch Beschluss vom 07.03.2017 familiengerichtlich gebilligt und es wurden Ordnungsmittel angedroht (Bl. 98ff der Beiakte Amtsgericht Bergheim 62 F 149/16). Eine Zustellung der Umgangsvereinbarung wurde durch das Oberlandesgericht Köln nicht veranlasst. Im September und Oktober 2017 kamen geplante Umgangskontakte nicht zustande, wobei die Gründe hierfür zwischen den Beteiligten streitig sind.

Der Antragstellervertreter veranlasste am 19.01.2018, Bl. 29 d.A., die Zustellung der Umgangsvereinbarung im Beteiligtenbetrieb und erhielt eine vollstreckbare Ausfertigung von dieser. Sodann beantragte der Antragsteller am 02.02.2018 die Verhängung von Ordnungsmitteln gegen die Antragstellerin.

Mit Beschluss vom 16.04.2018 erfolgte eine Ordnungsmittelfestsetzung durch das Familiengericht. Gegen diese wendet sich die Antragsgegnerin mit der Beschwerde.

II. Die zulässige sofortige Beschwerde führt zur Aufhebung des Ordnungsmittelbeschlusses und zur Zurückverweisung des Verfahrens an das Familiengericht.

Bei Erlass des Ordnungsmittelbeschlusses vom 16.04.2018 lagen die allgemeinen Voraussetzungen der Zwangsvollstreckung nicht vor. Die allgemeinen Voraussetzungen der Zwangsvollstreckung - Titel, Klausel, Zustellung - müssen auch bei der Verhängung von Ordnungsmitteln als Reaktion auf einen Verstoß gegen Umgangsregelungen vorliegen.

Die Vollstreckung aus gerichtlich gebilligten Umgangsvergleichen erfolgt nach Maßgabe der §§ 86ff FamFG. Die Vollstreckung setzt also sowohl einen Vergleich als auch eine gerichtliche Billigung dieses Vergleichs gem. § 156 Abs. 2 FamFG voraus (Hentschel in Bahrenfuss, FamFG, 3. Aufl. 2017, § 87 Rdn. 14).

Eine wirksame Zustellung des Vollstreckungstitels (der vor dem Oberlandesgericht Köln geschlossenen Umgangsvereinbarung nebst Beschluss über die Androhung von Ordnungsmitteln) liegt jedoch nicht vor. Gemäß § 87 Abs. 2 FamFG darf die Vollstreckung nur beginnen, wenn der Beschluss bereits zugestellt ist oder gleichzeitig zugestellt ist. Die Vorschrift des § 87 Abs. 2 FamFG beschränkt ihrem Wortlaut nach das Zustellungserfordernis zwar nur auf Beschlüsse, so dass vertreten wird, dass die Vorschrift des § 87 Abs. 2 FamFG über dessen Wortlaut hinaus dahingehend auszulegen ist, dass nicht nur Beschlüsse, sondern auch weitere Vollstreckungstitel wie gerichtlich gebilligte Vergleiche zum Umgang nach § 86 Abs. 1 Nr. 2 FamFG i.V.m. § 156 Abs. 2 FamFG der Zustellung vor der Vollstreckung bedürfen (vgl. KG Berlin, Beschluss vom 16.12.2016, 15 WF 22/16, juris Rdn. 6; OLG Frankfurt, Beschluss vom 02.11.2011, 5 WF 151/11; juris Rdn. 5; Giers in Keidel, FamFG, 19. Aufl, 2017, § 87 Rdn. 12; Feskorn in Zöller, ZPO, 32. Aufl., 2018, § 87 FamFG, Rdn. 4; Hammer in Prütting/ Helms, FamFG, 4. Aufl., 2018, § 87 Rdn. 9). Einer solchen, über den Wortlaut hinausgehende Auslegung bedarf es aber nur dann, wenn nicht der gerichtliche Billigungsbeschluss, der den Vergleich erst vollstreckbar macht, sondern auch der Vergleich selbst als Vollstreckungstitel betrachtet wird. Vollstreckungstitel wird die einvernehmliche Regelung über den Umgang erst dann, wenn das Gericht diese durch Beschluss billigt (vgl. § 156 Abs. 2 FamFG). Mithin ist jedenfalls der Beschluss über die gerichtliche Billigung zuzustellen. Da die Vollstreckung aber auch einen Vergleich voraussetzt, ist nicht nur der Billigungsbeschluss sowie der hierin in Bezug genommene Vergleich zuzustel...

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