Leitsatz (amtlich)

1. Die Beteiligung des Kindes an den gerichtlichen Kosten im Vaterschaftsfeststellungsverfahren entspricht regelmäßig nicht der Billigkeit.

2. Zur Verteilung der gerichtlichen Kosten zwischen Kindesmutter und dem Mann, der der Kindesmutter beigewohnt hat, sich aber nicht als Erzeuger des Kindes herausstellt.

 

Verfahrensgang

AG Nordhorn (Beschluss vom 19.10.2012)

 

Tenor

Auf die Beschwerde des Beteiligten zu 2 wird der Beschluss des AG - Familiengericht - Nordhorn vom 19.10.2012 geändert und wie folgt neu gefasst:

Die gerichtlichen Kosten erster Instanz tragen der Beteiligte zu 2 und die Beteiligte zu 3 je zur Hälfte. Im Übrigen tragen die Beteiligten ihre außergerichtlichen Kosten selbst.

Von der Erhebung von Gerichtskosten für das Beschwerdeverfahren wird abgesehen. Ihre außergerichtlichen Kosten tragen die Beteiligten selbst.

Der Wert des Beschwerdeverfahrens beträgt bis 900 EUR.

 

Gründe

I. Gegenstand des Beschwerdeverfahrens ist die Kostenentscheidung des AG im Vaterschaftsfeststellungsverfahren.

Der Antragsteller ist das Kind der Beteiligten zu 3. Die Beteiligte zu 3 hat in der gesetzlichen Empfängniszeit vom 9.9.2011 bis 6.1.2012 außer mit dem Antragsgegner mit einem weiteren Mann geschlechtlich verkehrt. Diesen Umstand hat die Beteiligte zu 3 im Zusammenhang mit der Frage, wer der Vater des Kindes ist, offen gelegt. In ihrer persönlichen Anhörung vor dem AG hat sie ergänzend angegeben, dass die Vaterschaft des Antragsgegners nach den Berechnungen ihres Frauenarztes wahrscheinlicher sei als die Vaterschaft des anderen Mannes. Das daraufhin vom AG eingeholte DNA-Gutachten kam zu dem Schluss, dass die Vaterschaft des Antragsgegners als ausgeschlossen angesehen werden könne; es seien dreizehn Ausschlusskonstellationen festgestellt worden. Der Antragsteller hat daraufhin seinen Antrag auf Feststellung der Vaterschaft des Antragsgegners zurückgenommen.

Das AG hat über die Kosten nach Antragsrücknahme entschieden und dabei die Kosten gegeneinander aufgehoben. Die Kostenaufhebung entspreche der Billigkeit, da der Ausgang des Verfahrens auch unter Berücksichtigung des erledigenden Ereignisses ungewiss gewesen sei. Dementsprechend hätten der Antragsteller und der Antragsgegner die Gerichtskosten je zur Hälfte zu tragen; ihre eigenen notwendigen Aufwendungen trügen sie selbst.

Hiergegen hat der Antragsgegner Beschwerde eingelegt, mit der er sich gegen die Auferlegung von Kosten zur Wehr setzt. Nach dem Ergebnis des Sachverständigengutachtens sei der voraussichtliche Ausgang des Verfahrens nicht mehr ungewiss gewesen. Es entspreche der Billigkeit, die Kindesmutter an den Kosten zu beteiligen, da sie die Unklarheit hinsichtlich der Abstammung durch den Mehrverkehr ausgelöst habe.

Den weiteren Beteiligten ist Gelegenheit gegeben worden, zu der Beschwerde Stellung zu nehmen. Da die Durchführung einer mündlichen Verhandlung keine weiteren Erkenntnisse versprach, entscheidet der Senat entsprechend seiner vorherigen Mitteilung an die Beteiligten im schriftlichen Verfahren.

II. Die Beschwerde ist gem. §§ 58 ff. FamFG zulässig. Sie ist zum Teil begründet.

Die Kostenentscheidung richtet sich im Abstammungsverfahren nach § 81 FamFG, und zwar auch dann, wenn der verfahrenseinleitende Antrag zurückgenommen wurde (§ 83 Abs. 2 FamFG).

a) Eine Beteiligung des Antragstellers an den gerichtlichen Kosten des Feststellungsverfahrens entspricht nicht der Billigkeit.

Die in der Rechtsprechung bisher streitige Frage, ob einer Kostenbeteiligung minderjähriger Kinder die Regelung des § 81 Abs. 3 FamFG entgegensteht, wonach einem Kind in Verfahren, die seine Person betreffen, keine Kosten auferlegt werden können, ist durch den Gesetzgeber mittlerweile entschieden worden. Streitig war, ob das Abstammungsverfahren ein "die Person des Kindes betreffendes Verfahren" in diesem Sinne ist (dafür OLG Celle, Beschl. v. 26.4.2010 - 15 UF 40/10; MünchKomm/ZPO/Coester-Waltjen/Hilbig, § 183 FamFG Rz. 3; OLG Stuttgart FamRZ 2011, 1751 f.; OLG Schleswig, Beschl. v. 27.1.2012 - 10 WF 237/11; OLG Oldenburg, Beschluss vom 18.11.2011, FamRZ 2012, 733 f.). Durch Gesetz vom 5.12.2012 (BGBl. I 2012, 2418 ff.) hat der Gesetzgeber das FamFG geändert und den Begriff des "Verfahrens" in § 81 Abs. 3 FamFG präzisiert. Danach betrifft die Regelung des § 81 Abs. 3 FamFG nur noch Kindschaftssachen. Zu den in § 151 FamFG im Einzelnen aufgeführten Kindschaftssachen zählt das Vaterschaftsfeststellungsverfahren nicht. Infolgedessen richtet sich die Kostenverteilung nach den allgemeinen Kostenvorschriften. Nach § 81 Abs. 1 FamFG kann das Gericht die Kosten des Verfahrens nach Billigkeit den Beteiligten ganz oder zum Teil auferlegen. Im vorliegenden Fall wäre es nicht billig, das Kind an den Verfahrenskosten zu beteiligen. Das Kind hat einen Anspruch auf Klärung seiner Abstammung. Bestehen - wie hier - aufgrund des Verhaltens anderer Beteiligter Unklarheiten darüber, wer der Vater des Kindes ist, und ergreift kein anderer Beteiligter die Initiative, die Vaterschaft außergerich...

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