Entscheidungsstichwort (Thema)

Kein Versorgungsausgleich bei Anwartschaften aus betrieblicher Altersversorgung

 

Leitsatz (redaktionell)

Ein „Versorgungsguthaben”, das dem Mitarbeiter eines Betriebes im Rahmen der betrieblichen Altersversorgung nach Maßgabe einer Konzernbetriebsvereinbarung am Ende der Ehezeit zusteht, unterliegt nicht dem Versorgungsausgleich, sondern ist im Zugewinnausgleichsverfahren zu berücksichtigen.

 

Normenkette

BGB § 1587 Abs. 1 S. 1, § 1587a Abs. 1, § 1587b Abs. 1

 

Verfahrensgang

AG Nordenham (Urteil vom 22.02.2006; Aktenzeichen 4 F 137/05 S)

 

Tenor

1. Dem Antragsteller wird für das Beschwerdeverfahren Prozesskostenhilfe bewilligt.

2. Auf die Beschwerde des Antragstellers wird das Scheidungsverbundurteil des AG - FamG - Nordenham vom 22.2.2006 zu Nr. 2. des Tenors dahin geändert, dass die Übertragung von Rentenanwartschaften i.H.v. 16,03 EUR im erweiterten Splitting entfällt.

Die Kosten des Beschwerdeverfahrens werden zwischen den Parteien gegeneinander aufgehoben.

Wert des Beschwerdeverfahrens: 1.000 EUR.

 

Gründe

Durch das angefochtene Scheidungsverbundurteil hat das FamG auf einen am 8.6.2005 zugestellten Antrag die am 12.7.1996 geschlossene Ehe der Parteien geschieden und den Versorgungsausgleich dahin geregelt, dass vom Versicherungskonto des Antragstellers Rentenanwartschaften i.H.v. monatlich 65,19 EUR im Wege des Splittings und weitere Anwartschaften i.H.v. 16,03 EUR im Wege des erweiterten Splittings auf das Versicherungskonto der Antragsgegnerin übertragen worden sind.

Gegen diese Entscheidung wendet sich der Antragsteller wegen der Berücksichtigung seiner betrieblichen Anwartschaften im Versorgungsausgleich.

Das Rechtsmittel ist zulässig (§§ 629a Abs. 2, 621e Abs. 1, Abs. 3, 621 Abs. 1 Nr. 6 ZPO) und begründet.

Ausweislich der Auskünfte hat der Antragsteller in der vom 1.7.1996 bis 31.5.2005 währenden Ehezeit Rentenanwartschaften in der gesetzlichen Rentenversicherung i.H.v. 302,78 EUR erworben, die Antragsgegnerin solche von 172,39 EUR monatlich. Zutreffend hat das FamG diese durch Übertragung von Anwartschaften i.H.v. 65,19 EUR vom Versicherungskonto des Antragstellers auf das der Antragsgegnerin ausgeglichen (§§ 1587a Abs. 1, 1587b Abs. 1 BGB).

Daneben hat der Antragsteller zum Ehezeitende ein Versorgungsguthaben in der betrieblichen Altersversorgung zu einem Zeitwert von 7.075,28 EUR erworben. Dieses Guthaben ist nicht als Deckungskapital einer Rentenversicherung i.S.d. § 3b Abs. 1 Nr. 1 VAHRG anzusehen, weil das Anrecht des Antragstellers - im Gegensatz zur Ansicht des FamG - auf eine Kapitalleistung gerichtet ist, die jedoch nicht dem Versorgungsausgleich unterliegt (BGH v. 9.11.1983 - IVb ZB 887/80, MDR 1984, 211 = NJW 1984, 299; NJW 2005, 1379), und nicht auf eine Rentenleistung. Die Abgrenzung richtet sich dabei nach der Erscheinungsform des Anrechts im Zeitpunkt der Rechtshängigkeit des Scheidungsantrags, wobei die Abgrenzung deshalb erforderlich ist, weil der Versorgungsausgleich auf den Ausgleich von Rentenanrechten zugeschnitten ist und für den Ausgleich von Kapitalforderungen keine geeigneten Ausgleichsmechanismen zur Verfügung stehen (BGH v. 5.2.2003 - XII ZB 53/98, MDR 2003, 748 = BGHReport 2003, 489 m. Anm. Borth = NJW 2003, 1320 [1321]). Dieser Umrechnungsmechanismus soll, wie schon die Bezugnahme des § 1587a Abs. 3 S. 1 BGB auf die in § 1587a Abs. 2 Nr. 4 BGB genannten "Renten oder ähnliche wiederkehrenden Leistungen" ergibt, aber nur Anrechte unterschiedlicher Dynamik wertmäßig vergleichbar machen; er soll es nicht ermöglichen, darüber hinaus auf Kapitalleistung gerichtete Anrechte mit Rentenanrechten der gesetzlichen Rentenversicherung gleichzusetzen (BGH NJW 2003, 1153 [1154]).

Die durch die Konzernbetriebsvereinbarung hier seit 2004 gewählte Konstruktion der betrieblichen Altersversorgung zeigt aber eindeutig die Ablösung der vorher gewährten Betriebsrenten durch den Anspruch auf ein Versorgungsguthaben, das im Regelfall in zehn gleichen Jahresraten ausgezahlt wird, wobei das Unternehmen die Fälligkeit ausstehender Raten vorverlegen kann (Nr. 6.6.1 der Vereinbarung). Schon aus dieser Regelung folgt, dass der vom FamG herangezogene Vergleich mit einer Rentenzahlung im Sinn der Barwertverordnung nicht passend ist. Aber auch aus der Konzernbetriebsvereinbarung zur Überleitung ergibt sich, dass sich die vom Antragsteller bis zum Ablösungszeitpunkt 31.12.2003 erworbene Rentenanwartschaft zu einem "Startbaustein" gewandelt hat, der als Kapitalbetrag dem Basiskonto des Mitarbeiters gutgeschrieben wird (Nr. 3.1, 3.2 zur Überleitung). Dass das bei Eintritt des Versorgungsfalls vorhandene Versorgungsguthaben auf Antrag auch verrentet werden kann (Nr. 6.6.2.1), ändert an der Qualifizierung als Kapitalleistung nichts, weil gem. den nachfolgenden Berechnungsvorschriften lediglich versicherungsmathematisch das Guthaben entsprechend ausgezahlt wird.

Demgemäß ist - weil auch das Wahlrecht bislang nicht ausgeübt worden ist - davon auszugehen, dass die Altersversorgung des Antragstell...

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