Entscheidungsstichwort (Thema)

Abgabe an das gemäß § 13 Abs. 1 IntFamRVG zuständige Gericht in der Beschwerdeinstanz

 

Leitsatz (amtlich)

Zur Auslegung von § 13 Abs. 3 IntFamRVG im Beschwerdeverfahren.

Hat das Amtgericht die Abgabepflicht nach § 13 Abs. 3 IntFamRVG missachtet, und liegt das nach § 13 Abs. 1 IntFamRVG zuständige Gericht nicht im Bezirk des mit der Beschwerde angerufene OLG, so ist § 13 Abs. 3 IntFamRVG dahin auszulegen, dass die Abgabepflicht auch im Beschwerdeverfahren zu beachten ist.

 

Normenkette

IntFamRVG § 13 Abs. 1, 3

 

Verfahrensgang

AG Meppen (Beschluss vom 13.08.2007; Aktenzeichen 20 F 77/07 SO)

 

Tenor

I. Auf die sofortige Beschwerde des Antragsgegners hin wird der Beschluss des AG - FamG - Meppen vom 13.8.2007 aufgehoben und die Sache an das AG Schleswig abgegeben, welches auch über die Kosten des Beschwerdeverfahrens zu entscheiden hat.

II. Die Rechtsbeschwerde wird nicht zugelassen.

III. Der Beschwerdewert wird auf 3.000 EUR festgesetzt.

 

Gründe

I. Die Beteiligten zu 1) und 2) streiten über das Sorgerecht für ihre beiden Kinder.

Die Eltern hatten in Italien zusammen gelebt, ohne miteinander verheiratet zu sein. Ihre gemeinsamen Kinder wurden im Oktober 1997 und im September 2001 geboren. Im September 2004 trennten sich die Eltern. Sie trafen dazu eine privatschriftliche Vereinbarung vom 20.12.2004, in der es heißt: "Die Mutter erhält das Sorgerecht für die minderjährigen Kinder ..." und in der der Umgang des Vaters mit den Kindern sowie das beabsichtigte Zusammenwirken der Eltern bei der Versorgung ausführlich geregelt ist. Im Jahr 2005 heiratete die Mutter ihren jetzigen Ehemann. Im März 2006 leitete die Mutter ein Verfahren vor dem Jugendgericht M. ein. Am 25./26.1.2007 verließ die Mutter mit den Kindern Italien und zog nach Deutschland, wo sie seither mit den Kindern lebt (zunächst in W.).

Mit vorläufiger Verfügung hat das Jugendgericht M. am 30.1.2007 dem Kindesvater die Ausübung der elterlichen Sorge übertragen und der Kindesmutter aufgegeben, die Kinder sofort nach Italien zurückzubringen. Der Vater hat mit Schriftsatz vom 1.2.2007 beim AG Celle die Rückführung der Kinder nach Art. 12 des Haager Übereinkommens über die zivilrechtlichen Aspekte internationaler Kindesentführung vom 25.10.1980 (HKÜ) sowie in sofortiger Vollstreckung der vom Jugendgericht M. getroffenen Rückführungsanordnung nach der Verordnung (EG) Nr. 2201/2003 vom 27.11.2003 (Brüssel IIa Verordnung) beantragt. In der Beschwerdeinstanz hat das OLG Celle mit Beschluss vom 24.5.2007 den Beschluss des AG Celle vom 2.3.2007 aufgehoben und den Antrag zurückgewiesen (17 UF 72/07 OLG Celle = 42 F 42015/07 AG Celle).

Bereits Ende Februar 2007 hat die Mutter beim AG Meppen beantragt, ihr die elterliche Sorge für die beiden Kinder zu übertragen. Das AG Meppen hat mit Beschluss vom 13.8.2007 festgestellt, dass die elterliche Sorge für beide Kinder bei der Mutter liege. Gegen diese Entscheidung wendet sich der Antragsgegner mit der fristgemäß eingelegten Beschwerde.

Zwischenzeitlich hat er eine Sorgerechtsentscheidung in Italien herbeigeführt, zu deren Vollstreckung er ein neues Verfahren nach der Brüssel IIa Verordnung beim AG Celle eingeleitet hat (AG Celle MZS 42 F 42105/07 HK). Der Antrag in diesem Verfahren ist der Mutter, die inzwischen mit den Kindern nach Schleswig-Holstein gezogen ist, an ihrem neuen Wohnsitz zugestellt worden. Das AG Celle hat sich daraufhin mit Beschluss vom 12.10.2007 für örtlich unzuständig erklärt und die Sache an das AG Flensburg verwiesen. Das AG Flensburg hat die Sache gem. §§ 10, 12 IntFamRVG an das AG Schleswig abgegeben (wo sie unter dem Aktenzeichen 91 F 398/07 anhängig ist).

II. Die sofortige Beschwerde ist gem. §§ 621e Abs. 1, 621 Nr. 1 ZPO zulässig. Sie führt zur Aufhebung des angefochtenen Beschlusses und zur Abgabe an das AG Schleswig als das nach § 13 Abs. 1 IntFamRVG zuständige Gericht.

Das AG Meppen hat als örtlich unzuständiges Gericht entschieden. Es hätte das Sorgerechtsverfahren nach § 13 Abs. 3, Abs. 1 IntFamRVG an das AG Celle von Amts wegen abgeben müssen.

Die Anfechtung einer durch das unzuständige Gericht getroffenen Entscheidung führt hier zu einer Aufhebung der angefochtenen Entscheidung von Amts wegen. Die Zuständigkeitsregelung des § 13 IntFamRVG ist jedenfalls in der vorliegenden Konstellation als vorrangige, auch im Beschwerdeverfahren zu beachtende Sonderregelung auszulegen, hinter welcher die allgemeine Regelung des § 621 Abs. 4 ZPO zurücktreten muss.

In §§ 12, 13 IntFamRVG hat der Gesetzgeber eine komplexe Sonderregelung der örtlichen Zuständigkeit getroffen. § 13 stellt dabei die logische Folgeregelung des § 12 IntFamRVG dar: In § 12 werden die Verfahren nach §§ 11,10 IntFamRVG bei einem AG pro OLG-Bezirk konzentriert ("Konzentrationsgericht"). Der daraus resultierenden Gefahr widersprüchlicher Entscheidungen des nach den allgemeinen Vorschriften für die sonstigen Sachen des § 621 Abs. 1 Nr. 1 - 3 ZPO zuständigen "Wohnsitzamtsgerichts" (§§ 621 Abs. II Satz 2, 621a ZPO, §§ 64 Abs....

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