Leitsatz (amtlich)
1. Für die Frage, ob bei einer Betriebseinstellung ein dauerhafter Wegfall der landwirtschaftlichen Betriebseinheit und ein Wegfall der Hofeigenschaft i.S.d. HöfeO bei fortbestehendem Hofvermerk anzunehmen ist, sind sämtliche Umstände (Indizien) zu berücksichtigen. Dabei kommt dem Willen des Erblassers eine erhebliche Bedeutung zu.
Allein aus Willensäußerungen des Erblassers, die darauf deuten, dass er die Grundbesitzung weiterhin als Hof erhalten wollte, kann jedoch nicht gefolgert werden, dass die Aufhebung der Betriebseinheit nur eine vorübergehende und ihre Wiederherstellung zu erwarten ist, wenn ansonsten alle Indizien und damit ein objektive Betrachtung für einen dauerhaften Wegfall der Betriebseinheit sprechen.
2. Bei der Beurteilung der Frage und der dabei vorzunehmenden Gesamtbewertung, ob ein Wiederanspannen des landwirtschaftlichen Betriebes aus den aus der Landwirtschaft selbst erzielten Erträgen finanziert und in wirtschaftlich sinnvoller Weise vorgenommen werden kann, ist auch das Verhältnis des aus der Landwirtschaft voraussichtlich erzielbaren Ertrags zu den ohne wirtschaftliches Risiko erzielten Pachtzinseinnahmen aus der Vermietung der einzelnen Hofflächen und Gebäude zu berücksichtigen.
Normenkette
HöfeO § 1
Verfahrensgang
AG Bersenbrück (Beschluss vom 30.12.2008; Aktenzeichen 8 Lw 15/08) |
Tenor
Die sofortige Beschwerde der Beteiligten zu 2 gegen den Beschluss des AG - Landwirtschaftsgerichts - Bersenbrück vom 30.12.2008 wird zurückgewiesen.
Die Gerichtskosten des Beschwerdeverfahrens und die notwendigen außergerichtlichen Kosten der übrigen Beteiligten werden der Beteiligten zu 2 auferlegt.
Der Geschäftswert für das Beschwerdeverfahren wird auf 130.000 EUR festgesetzt.
Gründe
I. Die Beteiligten streiten über den Fortbestand der Hofeigenschaft des im Grundbuch von R. Blatt ... mit Hofvermerk eingetragenen Grundbesitzes.
Eigentümer des Grundbesitzes war der am 9.8.2007 verstorbene Herr O. B. Der Erblasser verstarb unverheiratet und kinderlos. Die Beteiligten zu 1 bis 3 sind seine Schwestern. Der Erblasser hatte ursprünglich auf dem oben genannten Grundbesitz einen landwirtschaftlichen Gemischtbetrieb mit Rindvieh und Schweinehaltung geführt. Er hatte im Jahre 1969 - damals im Alter von 28 Jahren - aus wirtschaftlichen Gründen die Landwirtschaft aufgegeben, dann zunächst einige Jahre in einem fremden Betrieb gearbeitet und war sodann ab 1972 bis zu seinem Ausscheiden aus dem Berufsleben als Kraftfahrer tätig. Bei Aufgabe der Eigenbewirtschaftung hatte er die vorhandenen Tiere, die landwirtschaftlichen Maschinen, jedenfalls ganz überwiegend, und das landwirtschaftliche Inventar veräußert. Die Landflächen wurden verpachtet. Bis auf die Hofstelle mit anliegenden Flächen von circa 0,7 ha sind die landwirtschaftlichen Nutzflächen zur Größe von circa 26 ha bis zum 30.9. 2017 an einen anderen Landwirt verpachtet. Im Haupthaus des Hofgebäudes befindet sich neben der vormals vom Erblasser genutzten Wohnung eine weitere Wohnung, die vermietet ist. Es ist außerdem ein Kotten vorhanden, der zur Vermietung hergerichtet wurde. die dort vorhandenen zwei Wohnungen sind zur Zeit an zwei Parteien vermietet.
Die Beteiligte zu 1 ist der Auffassung, dass im Zeitpunkt des Erbfalls die genannte Grundbesitzung wegen endgültigen Wegfalls der landwirtschaftlichen Betriebseinheit kein Hof mehr im Sinne der HöfeO gewesen sei. Die Bewirtschaftung sei auf Dauer und endgültig im Jahre 1969 eingestellt worden. Die verbliebenen Gebäude seien für einen landwirtschaftlichen Betrieb unter den heutigen Voraussetzungen nicht mehr geeignet. insbesondere genügten sie nicht mehr den heutigen Anforderungen der Tierhaltung. Ein Wiederanspannen des landwirtschaftlichen Betriebes sei mit aus dem Hof erwirtschafteten Mitteln nicht mehr möglich bzw. betriebswirtschaftlich unvertretbar.
Die Beteiligte zu 1 hat beantragt, festzustellen, dass der im Grundbuch von Liste Blatt 1929 eingetragene Grundbesitz am 9.8.2007 kein Hof im Sinne der HöfeO mehr war.
Die Beteiligte zu 2 hat beantragt, festzustellen, dass die im Grundbuch von Liste Blatt 1929 eingetragene landwirtschaftliche Besitzung zum Zeitpunkt des Erbfalls am 9.8.2007 noch Hof im Sinne der HöfeO war.
Die Beteiligte zu 2 hat geltend gemacht, es sei stets der Wille des Erblassers gewesen, den Hof zu erhalten. Deshalb habe er auch keine Flächen verkauft. Auf dem Grundbesitz könne auch bereits vor dem Auslaufen des langfristigen Pachtvertrages ein landwirtschaftlicher Betrieb sinnvoll und gewinnorientiert wieder eingerichtet werden. Sie, die Beteiligte zu 2, die - wie unstreitig ist - 1967 eine Ausbildung als Gehilfin in der ländlichen Hauswirtschaft erfolgreich abgeschlossen hat, nunmehr jedoch den Beruf der medizinischtechnischen Assistentin ausübt und in einem Krankenhaus arbeitet, sei in der Lage und bereit, auf dem Hof wieder einen landwirtschaftlichen Betrieb aufzunehmen, nämlich - wie sie geplant habe - einen Bioschweinemastbetrieb aufzubauen. ...
Das Landwirtschaftsgericht...