Verfahrensgang
LG Oldenburg (Aktenzeichen 9 O 3069/14) |
Nachgehend
Tenor
Auf die Berufung der Beklagten wird das am 10.09.2018 verkündete Urteil der 9. Zivilkammer des Landgerichts Oldenburg geändert und wie folgt neu gefasst:
Die Klage wird abgewiesen.
Der Kläger hat die Kosten des Rechtsstreits (einschließlich der Kosten des Berufungsverfahrens) zu tragen.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
Die Revision wird zugelassen.
Gründe
I. Der Kläger begehrt von der Beklagten (als Energieversorger) mit der am 15.12.2014 erhobenen und der Beklagten am 07.01.2015 zugestellten Klage die Rückzahlung angeblich überzahlter Vergütungen für erfolgte Gaslieferungen.
Das Vertragsverhältnis der Parteien wurde ab November 2006 durch die Regelungen der GasGVV bestimmt.
Die Beklagte ist ein kommunales Energieversorgungsunternehmen (in der Rechtsform einer GmbH), dessen Anteile vollständig der Stadt (...) gehören. Sie belieferte den Kläger (= Haushalts-/Tarifkunde) seit dem Jahre 2003 im Rahmen der Grundversorgung mit Erdgas. Seit dem Jahre 2004 hat die Beklagte, die ihren Kunden regelmäßig nur die Grundversorgung (mit entsprechend teuren Grundversorgungstarifen) anbietet, Gaspreisänderungen nach den einschlägigen Regelungen der AVBGasV sowie (ab November 2006) der GasGVV durchgeführt. Die von der Beklagten einseitig neu festgesetzten Preise wurden im Zeitraum vom 28.09.2004 bis 27.09.2014 abgerechnet. Infolge der Preissteigerungen hat sich eine Widerstandsgruppe (Gaspreisforum), der der Kläger angehört, gebildet. Ab diesem Zeitpunkt ist zwischen den Parteien streitig, ob und in welcher Form der Beklagten ein Preisbestimmungsrecht und eine Preisbestimmungsrecht zustand. Seit dem Jahre 2005 hat der Kläger allen Preisgestaltungen/-erhöhungen/-änderungen der Beklagten, die die Preisänderungen durch Veröffentlichungen in der Presse (Vgl. Bd. I Blatt 126) bekannt gemacht hatte, stets - insoweit streitig - widersprochen.
Der Kläger, der die RL 2003/55/EG auf das Verhältnis der Parteien für anwendbar hält, hat die Auffassung vertreten, sämtliche durch die Beklagte erfolgten Gaspreiserhöhungen seit dem Jahre 2004 seien unwirksam. Deshalb stehe ihm - basierend auf der Berechnung in der Klageschrift (Seite 3) - ein Anspruch auf Rückzahlung zu. Die Abrechnung der Beklagten habe auf der Basis des Arbeitspreises zum 01.07.2004 von 3,18 ct/KWh zu erfolgen. Er hat behauptet, durch die Beklagte sei im Vorfeld keine einzige Preisänderung mitgeteilt worden; ob eine Veröffentlichung erfolgt sei, wisse er nicht. Anlass und Grund für eine Preisänderung in einer bestimmten Höhe - etwa aus erforderlichen betriebswirtschaftlichen Gründen - seien nicht genannt worden. Preissenkungen seien den Kunden nicht weitergegeben worden. Den Preisänderungen habe er - insoweit unstreitig - seit dem Jahre 2005 mit diversen Schreiben widersprochen, wobei es - so hat er gemeint - eines Widerspruchs überhaupt nicht bedurft hätte. Wenn die Beklagte die im Jahre 2004 geltenden Preise auch in den Folgejahren abgerechnet hätte, hätte er den nunmehr geltend gemachten Betrag erspart. Er hat weiter die Auffassung vertreten, die Preissteigerungen würden gegen das Transparenzgebot verstoßen; die Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs zur Frage einer ergänzenden Vertragsauslegung sei vorab auf den Prüfstand des EuGH zu stellen. Nach dem EuGH berechtige eine die Transparenzanforderungen der EG - Gasrichtlinie nicht beachtende nationale Regelung nicht zu Preiserhöhungen.
Der Kläger hat beantragt,
die Beklagte zu verurteilen, an ihn 5.582,21 EUR nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 07.01.2015 zu zahlen.
Die Beklagte hat beantragt,
die Klage abzuweisen.
Die Beklagte, die die Entscheidung des EuGH vom 23.10.2014 kritisiert, hat behauptet, die Berechnungen des Klägers hinsichtlich einer tatsächlich bestehenden Verbindlichkeit seien rechnerisch nicht zutreffend; sie würden bestritten. Sie sei zur Preisanpassung berechtigt gewesen; das sei höchstrichterlich bestätigt. Das Preis-
änderungsrecht der Grundversorger beruhe auf Gewohnheitsrecht. Über alle Änderungen der Gaspreise habe sie ihre Kunden durch Postwurfsendungen informiert. Soweit sie ihren ca. 20.000 Tarifkunden gezahlte Entgelte erstatten müsse, würde sich ein Gesamtbetrag von 112 Mio. EUR (bei einem jährlichen Konzernumsatz von ca. 56 Mio. EUR für alle Sparten) ergeben, was zu einer bilanziellen Überschuldung führe. Wenn ein kommunaler Grundversorger keine Preiserhöhungen durchführen dürfe, wodurch dieser benachteiligt werde (Art. 3 GG), würde dem Verbraucherschutz ein weitaus größerer Schaden zugefügt, als durch einen Verstoß gegen das Transparenzgebot. Hilfsweise hat sie geltend gemacht, mit den Preiserhöhungen habe sie eigene Preissteigerungen bei dem Gasbezug, den Tariflöhnen, den Messeinrichtungen etc. kompensiert und sei deshalb entreichert. Ferner hat sie hinsichtlich des Anspruchs bis September 2010 die Einrede der Verjährung erhoben. We...