Entscheidungsstichwort (Thema)
Veräußerungsgebot und Beschlussüberprüfung
Leitsatz (amtlich)
Das Gericht kann einen Beschluss der Eigentümergemeinschaft, mit dem gem. § 18 Abs. 3 WEG von einem Wohnungseigentümer die Veräußerung seines Wohnungseigentums verlangt wird, nur daraufhin überprüfen, ob formelle Mängel beim Zustandekommen des Beschlusses vorliegen, nicht jedoch, ob das Veräußerungsverlangen materiell gerechtfertigt ist.
Verfahrensgang
LG Stralsund (Beschluss vom 20.07.2007; Aktenzeichen 2 T 39/07) |
Tenor
1. Auf die sofortige weitere Beschwerde der Antragsteller wird der Beschluss des LG Stralsund vom 20.7.2007 unter Zurückweisung der sofortigen weiteren Beschwerde im Übrigen wie folgt abgeändert:
Auf die sofortige Beschwerde der Antragsteller wird der Beschluss des AG Bergen auf Rügen vom 29.1.2007 abgeändert und die Beschlüsse der Eigentümerversammlung vom 9.12.2005 zu TOP 3 und TOP 4 für ungültig erklärt.
Im Übrigen wird die sofortige Beschwerde zurückgewiesen.
2. Die Gerichtskosten des Verfahrens in allen Rechtszügen tragen die Antragsteller zu 20 % und die Antragsgegnerin zu 1. zu 80 %.
Eine Erstattung der außergerichtlichen Kosten findet nicht statt.
3. Der Geschäftswert des Verfahrens wird für alle Rechtszüge, insoweit hinsichtlich des Verfahrens erster und zweiter Instanz in Abänderung der Festsetzungen des AG und des LG, auf 54.566,45 EUR festgesetzt.
Gründe
I. Die Antragsteller und die Antragsgegnerin zu 1. sind die Wohnungseigentümer der Wohnungseigentumsanlage S. in B. Die Antragstellerin zu 1. hat einen Miteigentumsanteil von 155/1000, der Antragsteller zu 2. einen Miteigentumsanteil von 80/1000, die Antragstellerin zu 3. einen Miteigentumsanteil von 55/1000, der Antragsteller zu 4. einen Miteigentumsanteil von 50/1000, die Antragstellerin zu 5. einen Miteigentumsanteil von 40/1000 und die Antragsgegnerin zu 1. insgesamt Miteigentumsanteile von 620/1000.
Die Antragsgegnerin zu 2. ist seit Juli 2004 die Verwalterin der Wohnungseigentümergemeinschaft.
In der Gemeinschaftsordnung ist u.a. Folgendes bestimmt:
"§ 14 Eigentümerversammlung ...
(3) Je 1/1000 Miteigentumsanteil an dem Grundstück wird eine Stimme gewährt.
(4) § 18 Abs. 3 des WEG bleibt unberührt. ..."
Zwischen den Beteiligten sind zahlreiche Verfahren anhängig. Im vorliegenden Verfahren begehren die Antragsteller die Ungültigerklärung von mehreren Beschlüssen der Wohnungseigentümerversammlung vom 9.12.2005 sowie die Abberufung der Verwalterin aus wichtigem Grund durch das Gericht.
In der Wohnungseigentümerversammlung vom 9.12.2005 erläuterte die Verwalterin unter TOP 2, dass die Antragsteller bezüglich des Zeitraumes Juli 2004 bis Dezember 2005 mit Hausgeldern i.H.v. insgesamt 20.971,98 EUR in Rückstand seien. Daraufhin beschlossen die Wohnungseigentümer mit einer Mehrheit von 620/1000 Miteigentumsanteilen:
"Die Verwalterin wird hiermit beauftragt und bevollmächtigt, gegen die säumigen Eigentümer eine entsprechende Hausgeldklage im Namen der Eigentümergemeinschaft einzureichen. Es ist ihr gestattet, mit der Klage einen Rechtsanwalt auf Kosten der Eigentümergemeinschaft zu beauftragen oder die Klage selbst als Rechtsanwältin zu bearbeiten. Herr W. wird als Geschäftsführer der Mehrheitseigentümerin beauftragt und bevollmächtigt, eine entsprechende Vollmacht für die Verwalterin/Rechtsanwältin zu unterzeichnen."
Zu TOP 3 fassten die Wohnungseigentümer jeweils mit einer Mehrheit von 620/1000 Miteigentumsanteilen Beschlüsse, wonach die Antragsteller gem. § 18 WEG aufgefordert werden, ihre jeweiligen Miteigentumsanteile zu veräußern.
Unter TOP 4 beschlossen die Wohnungseigentümer ebenfalls mit einer Mehrheit von 620/1000 Miteigentumsanteilen:
"Die Verwalterin wird hiermit von der Eigentümergemeinschaft beauftragt und bevollmächtigt in ihrer Eigenschaft als Rechtsanwältin die Einziehungsklage im Namen der Eigentümergemeinschaft einzureichen. Die dafür erforderlichen Kosten sind der Eigentümergemeinschaft in Rechnung zu stellen. Herr W. wird wiederum von der Eigentümergemeinschaft beauftragt und bevollmächtigt, eine entsprechende Vollmacht für die Verwalterin/Rechtsanwältin zu unterzeichnen."
Die Antragsteller haben beantragt, die Beschlüsse der Eigentümerversammlung vom 9.12.2005 zu TOP 2, TOP 3 und TOP 4 für unwirksam zu erklären. Desweiteren haben sie beantragt, die Verwalterin aus wichtigem Grund durch das Gericht abzuberufen. Hinsichtlich der jeweiligen Begründung wird auf die Darstellung im Beschluss des LG Stralsund vom 20.7.2007 Bezug genommen.
Das AG hat die Anträge mit Beschluss vom 29.1.2007 zurückgewiesen. Der Beschluss zu TOP 2 sei rechtmäßig. Er sei in formeller Hinsicht ordnungsgemäß zustande gekommen und es entspreche auch in der Sache ordnungsgemäßer Verwaltung, die Wohngeldvorauszahlungen gerichtlich geltend zu machen. Die von den Antragstellern bezeichneten Zahlungen seien nicht auf die Wohngelder für den streitgegenständlichen Zeitraum geleistet worden. Im Übrigen seien die geltend gemachten Einwände in demjenigen Verfahren zu klären, dess...